Voller Vortragssaal mit Bühne
Podiumsdiskussion beim Wege- und Hüttensymposium in Kufstein, Foto: ÖAV/ Abteilung Hütten und Wege
23. Internat. Wege- und Hüttenfachsymposium

Von rollendem Gestein und Toilettenpapier

Beim Symposium für Wege und Hütten wurden am 14. und 15. März 2025 in Kufstein schwerpunktmäßig die Auswirkungen der Klimakrise auf die alpine Infrastruktur beleuchtet.

Schon im ersten Impulsvortrag von Glaziologe Rainer Prinz wurde klar, wenn wir so weiter machen, wie bisher schaut es nicht nur für den Erhalt unserer Wege und Hütten schlecht aus. Steigende Temperaturen, daraus verbundene Gletscherschmelze, geringere Niederschläge und zunehmende Starkwetterereignisse machen auch vor unseren geliebten Alpen nicht Halt. Schon jetzt sind hohe Investitionen notwendig, um die alpine Infrastruktur zu erhalten und zukunftsfähig zu gestalten. Investitionen, welche die verfügbaren Gelder der alpinen Verbände übersteigen. Die Initiative „Notruf aus den Alpen“ des VAVÖ richtete sich daher im letzten Jahr an die Öffentlichkeit mit dem Ziel, höhere öffentliche Förderungen für die alpine Infrastruktur, die der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung steht, zu erwirken. VAVÖ-Präsident Gerald Dunkel-Schwarzenberger berichtete über den derzeitigen Stand der Initiative, der durchaus Hoffnung verbreitet. Der Klimawandel und die damit einhergehenden notwendigen Investitionen machen aber auch vor den Landesgrenzen nicht halt.

Im Vortrag von Marion Herren (SAC) über die Investitionserhebungen für die 152 Hütten des Schweizer Alpenclubs im teils hochalpinen Raum wurden die Notwendigkeit von Maßnahmen und die Evaluierung der Finanzierungsmöglichkeiten deutlich. Um gemeinsam einen zukunftsfähigen Erhalt und Betrieb der Hütten und Wege zu gewährleisten, wird derzeit der Wegweiser Hütten 2030 erarbeitet. Ernst Schick (Vizepräsident DAV) präsentierte den aktuellen Stand dieses Papiers. Maßnahmen im Bereich des Hüttenbetriebs zeigten auch Sarah Fraueneder (Master in Nachhaltigkeitsmanagement) und Carolin Scharfenstein (ÖAV Abteilung Hütten und Wege) auf. Gerade hier kann mit vergleichsweise kleinen Veränderungen, etwa beim Wareneinsatz, der Auswahl der Lebensmittel und angebotenen Speisen und Getränke und durch einen sparsamen Umgang mit Ressourcen der Fußabdruck der Hütte reduziert werden. Unweigerlich folgte eine Diskussion über Regionalität versus pflanzliche Küche und die Zumutbarkeit von Veränderungen für die Hüttenwirtsleute.


Mehr Einigkeit bestand bei notwendigen Wassersparmaßnahmen auf Hütten. Gunnar Amor (Leiter eines technischen Büros für Wasser- und Abwasserentsorgung) zeigte anhand von Ergebnissen einer Umfrage die Bereitschaft der Gäste für wassersparende Maßnahmen, wie Trockentoiletten, auf und präsentierte diese teils eindrücklich mit Toilettenpapierrolle und Co. Komplexer als die richtige Verwendung einer Toilette erweist sich indes die Umrüstung der Energieversorgung der Sonnschien-Hütte und Müllerhütte auf Wasserstoff. Auch wenn dies zunächst nach Raketentechnik klang, konnten Firmenvertreter von Hydrosolid viele Fragen aus dem Publikum klären und einen Ausblick auf die Zukunft geben. Abgerundet wurde der erste Tag mit einer Gesprächsrunde zum Gelingen einer Großsanierung am Beispiel der Fraganter Jugendherberge gepickt mit vielen Lessons-Learned, Tipps und zufriedenen Gesichtern – dank des erfolgreichen Projektabschlusses.

Vortrag zum Thema Risikoanalyse, Foto: ÖAV/ Abteilung Hütten und Wege

Am Morgen des zweiten Tages wurde schnell deutlich, dass auf die Wegeinfrastruktur einiges „einprasselt“, und zwar nicht nur kleine Steinchen. Marco Gabl (ÖAV Abteilung Hütten und Wege) und Gerald Valentin, Landesgeologe und Sachverständiger, schilderten eindrücklich die Herausforderungen, wie Muren, Steinschlag aber auch Windwurf die Wegeinfrastruktur (be)treffen und vermehrt Schäden hervorrufen. Die Sorge von zunehmenden Haftungsfällen konnte aber Armin Kaltenegger, Leiter Recht & Normen vom Kuratorium für Verkehrssicherheit, schnell nehmen. Auch die Einführung digitaler Schadensmeldesysteme führt laut Michael Ganner (Institutsleiter für Zivilrecht, Universität Innsbruck) mittelfristig zu keiner Verschärfung der Wegehalterhaftung. 

Von der juristischen Theorie am Vormittag zur Praxis der Wegearbeit: Am Nachmittag gab ÖAV-Kartograph Werner Beer Einblicke in seine Arbeit der Erstellung und Aktualisierung von Kartengrundlagen. Auch diese ist von den sich verändernden Begebenheiten im Gelände geprägt. Das Gelände fokussierte auch Walter Würtl (LOLA Peak Solutions) im Rahmen der Wegeklassifikation hinsichtlich der Naturgefahren, technischen Schwierigkeit sowie Gefährlichkeit und gab wertvolle Tipps für die Einstufung an die Wegeverantwortlichen weiter.

Einen Blick auf frühere Zeiten und historisch wichtige Wege und Wegeinfrastruktur ermöglichte Leif Scheuermann (Lehrstuhl für digitales historisches Erbe, Universität Trier). Neben dem Festhalten aktueller Wegeverläufe appellierte er für die Inventarisierung von Altwegen und stellte entsprechende Methoden vor. Von der Vergangenheit in die Gegenwart sprang Alpenvereinaktiv-Beauftragter Stefanos Rauchegger und rückte die Chancen aber auch Herausforderungen von digitaler Tourenplanung in den Fokus. Ein klein wenig griff er mit seinem Dank an die ehrenamtliche Arbeit im Bereich Wege und Hütten dem Resümee von Ludwig Wucherpfennig (DAV Vorsitzender Präsidialausschuss Hütten und Wege) voraus, der im Abschluss die zwei Tage zusammenfasste.

Volle Reihen beim 23. Fachsymposium in Kufstein, Foto: ÖAV/ Abteilung Hütten und Wege

Auch das diesjährige, mit mehr als 200 Teilnehmenden ausgebuchte, Wege- und Hüttenfachsymposium in Kufstein im Hotel Andreas Hofer hat gezeigt, wie wertvoll der gemeinsame persönliche Austausch ist. Man kann mit großer Gewissheit sagen, dass Jede*r Inhalte für die größtenteils ehrenamtliche Arbeit mitnehmen konnte.

Für den Terminkalender:

Das nächste Wege- und Hüttensymposium findet am 6./7. März 2026 in Benediktbeuern statt.