Das Finale: Knapp und spannend
So richtig viel wärmer als in der Früh ist es auch am Nachmittag nicht geworden. Bei 9 Grad kamen die acht Finalistinnen und acht Finalisten an die Wand, um die stark überhängenden Routen zu besichtigen – dick eingepackt in warme Jacken. Ebenso wie das Publikum, das aber von Anfang an für eine tolle Stimmung sorgte.
Zunächst waren die Damen an der Reihe, und da die Jüngste im Feld, die erst 16-jährige Paulina Kaderabek (DAV Allgäu-Kempten). Zügig startete sie in die athletische Route, hatte an den Dual-Texture-Makros erst einmal auch gar keine Probleme, brachte auch einen satten Dynamo gut hinter sich, ließ sich vom steilsten Abschnitt nicht ausbremsen und stürzte erst im oberen Drittel bei einer Wertung von 44. Als zweite ging die Medizinstudentin Käthe Atkins (DAV Frankfurt/Main) ins Rennen. Mit ähnlich wenigen Problemen im unteren Abschnitt wie ihre Vorfolgerin. An der steilsten Stelle kletterte sie im Gegensatz zu Paulina an einem Kreuzzug mit einer spektakulären 180-Grad-Drehung zum Publikum. Und stürzte schließlich einen Griff vor ihrer Konkurrentin ins Seil. Emma Bernhard (ebenfalls DAV Frankfurt/Main) tat, was die anderen auch taten und erreichte den oberen Wandteil ohne größere Probleme. Ganz knapp kam sie weiter als die anderen und setzte sich mit 44 plus erst einmal an die Spitze des Feldes. Anna Maria Apel (DAV München-Oberland) kam mit scheinbar noch viel Restpower in die entscheidende Passage, die ihre Vorgängerin abgeworfen hatte, fiel aber dann doch überraschend genau dort raus. Würde Anna Lena Wolf (DAV Generation Rocklands) ebenso gut in den Bereich der Wertungen 43 bis 44 kommen? Ja, und zwar mit einem besonderen Kunststück, einem Three-Sixty am Kreuzzug im Dach – zur Begeisterung des Publikums. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, wie eng das Feld beieinander ist: Sie stürzte dann bei der Wertung 43 plus. Den Einstieg in die Top drei aus dem Halbfinale machte dann Sandra Hopfensitz (DAV Augsburg). Einmal mehr alles easy bis in den Wertungsbereich der Vorkletterinnen. Und einmal mehr Sturz bei 43 plus, das bedeutet zunächst Rang drei. Langsam ging es in Richtung Entscheidung, Martina Demmel (DAV Allgäu Kempten) stieg ein. Kaum überraschend, dass sie ebenfalls gut bis zur kritischen Passage kam. Dort hatte sie zwar auch ihre Probleme, aber dank unfassbarer Kraft zog sie durch und kämpfte sich auch danach spektakulär bis zum Topgriff, den sie zwar noch berührte, aber letztlich nicht halten konnte. Trotzdem: Eine Hammerleistung – würde Lucia Dörffel (DAV Chemnitz) dagegen halten können? Ja, würde sie! Die schwierigste Passage schaffte sie sehr gut und ging mit großen Schritten Richtung Top. Aber dann fiel sie überraschend unterhalb der Wertung von Martina, die im Nachhinein übrigens gar nicht den zweithöchsten Griff gewertet bekam, weil ihr die Zeit ausging. So oder so: Martina Demmel holt den Titel!
Das ist das Podium der Damen:
Martina Demmel (DAV Allgäu-Kempten)
Lucia Dörffel (DAV Chemnitz)
Emma Bernhard (DAV Frankfurt/Main)
Hier ist das gesamte Final-Ergebnis der Damen.
Bei den Herren stieg als erster Jakob Nibler (DAV Frankfurt/Main)in die Finalroute – mit Sonnenbrille, weil das Wetter dann doch merklich besser geworden ist. Im unteren Bereich lief es gut für ihn, in Routenmitte konnte er aber einen flachen Griff nicht mehr halten. Seine Wertung: 36 plus. Als Zweiter dann Kai Peralvo Stockmann (DAV AlpinClub Hannover). Eine Unachtsamkeit führte dann aber leider dazu, dass der 16-Jährige bereits am dritten Haken abrutsche und ins Seil fiel. Dann der nächste Sechszehnjährige: Janne Lucas Eisenkolb (DAV Würzburg). Leider kam er auch nicht viel weiter, ein doppelter Dynamo wurde ihm zum Verhängnis. Würde es Max Dinger (DAV Krumbach) ebenso gehen? Ja, leider. Der Dynamo warf auch ihn ab. Für alle Youngster aber gilt: Was für eine tolle Leistung, ins Finale zu klettern! Dann kam Finn Altemöller (DAV Rheinland-Köln), immerhin der Führende nach der Qualifikation. Er schaffte die untere Passage, die den Dreien davor nicht gelingen wollte. Machte auch im steilen Abschnitt in der Mitte eine gute Figur und überkletterte den höchsten Punkt von Nibler ohne Probleme. Rund fünf Meter unterm Top konnte er einen Dynamo an eine adschüssige Leiste aber nicht mehr abfangen. Wertung: 39 plus, klar die Führung. Erik Pollak (DAV Wetzlar) stieg als Drittletzter ein. Die Entscheidung rückte näher. ER würde aber nicht mitmischen können, denn der Dynamo, an dem Eisenkolb und Finger rausfielen, warf auch ihn leider ab. Dann kam Yannick Nagel (DAV Mannheim), der Titelverteidiger. Erwartbar, dass er zunächst keine Probleme hatte. Beim Dynamo nicht, im steilen Mittelpart nicht, und an den flachen Griffen danach auch nicht. Blieb also nur noch der Bereich, der zuvor nicht erreicht worden ist. Schüttelte ganz oben nochmal und katapultierte sich in den Triple-Dyno Richtung Topgriff. Den berührte er, aber halten konnte er ihn nicht. Wertung: 48 plus, ganz klar die Führung. Schließlich nahte die endgültige Entscheidung mit Yannick Flohé (DAV Aachen). Dass er überweite Strecken in der Route keine Probleme haben würde, war eigentlich klar. Kam deshalb auch gut an die Schüttelposition vor dem abschließenden Triple-Dyno. Dort das gleiche Bild, Topgriff nicht gehalten. Aber das bedeutete: Yannick Flohé holte den Titel, denn er kam ja als Führender ins Finale!
Das ist das Herren-Podium:
Yannick Flohé (DAV Aachen)
Yannick Nagel (DAV Mannheim)
Finn Altemöller (DAV Rheinland-Köln)
Hier ist das gesamte Final-Ergebnis der Herren.
Halbfinale: Ein doppeltes Duell
(Stand: 15. Oktober, 14:20 Uhr)
Mit einem Regenschauer bei gerade einmal fünf Grad kamen die Athletinnen und Athleten pünktlich um 10 Uhr zur Besichtigung an die Wand. Der Regen ließ dann rasch nach, die Temperaturen blieben aber sehr kühl. Den gezeigten Leistungen im Halbfinale tat das keinen Abbruch – im Gegenteil. Der Routenbau tat das Übrige dazu, dass dem Publikum nicht kalt wurde. Denn Christian Bindhammer und sein Team schafften es, spektakuläre Routen mit genau der richtigen Dosis an Schwierigkeiten an die Augsburger Wettkampfwände zu schrauben.
Die Zeit war eine relevante Größe in der stark überhängenden, athletischen Route bei den Damen. So kletterte Paulina Kaderabek (DAV Allgäu-Kempten) als erste sehr weit hoch, kam auf eine Wertung von 44 plus und wurde dann schließlich duch die Uhr gestoppt – eine sensationelle Leistung der erst 16-jährigen Allgäuerin, und eine Leistung, die auch fürs Finale reichen sollte. Erst viel später gelang es Anna Maria Apel (DAV München-Oberland), vier Griffe weiter zu kommen. Lokalmatadorin Sandra Hopfensitz (DAV Augsburg) legte noch ein bisschen nach und berührte den vorletzten Griff. Damit setzte sie sich an die Spitze und blieb dort auch eine Weile. Nämlich genau bis Martina Demmel (DAV Allgäu-Kempten), die den Topgriff schon in der Hand hatte, dann aber dort noch wegrutschte. Egal, in Führung ging sie. Was würde schließlich Lucia Dörffel (DAV Chemnitz) machen? Exakt das Gleiche: Berührt den Topgriff, bekommt die gleiche Wertung und setzt sich damit dank der besseren Platzierung in der Qualifiaktion ganz nach oben in der Wertung vor dem Finale.
Bei den Herren spielte die Zeit keine Rolle, denn eine harte Stelle gleich zu Beginn warf viele Athleten weit vor Ablauf der sechsminütigen Frist ab. Erst Erik Pollak (DAV Wetzlar) gelang es als 17tem Starter, gut darüber zu klettern und bis ins oberste Drittel der Route vorzudringen. Dann dauerte es noch einmal eine Zeitlang, bis Yannick Nagel (DAV Mannheim) als Erster toppte und damit eine klare Ansage an den unmittelbar danach folgenden Yannick Flohé (DAV Aachen) richtete. Der tat es ihm allerdings gleich. Die beiden Yannicks kletterten derart souverän durch die Route, wie es Titelfavoriten nun einmal tun müssen. Blieb abschließend nur noch der Führende aus der Qualifikation, Finn Altemöller (DAV Rheinland-Köln). Er stürzte zwar relativ früh, mit dem vierten Platz reichte seine Leistung aber dann doch für die finale Runde.
Lucia Dörffel und Martina Demmel, Yannick Flohé und Yannick Nagel – diese Vier haben sich im Halbfinale nun klar durchgesetzt und zwei Fast-Topps und zwei Topps hingelegt. Diese zwei Duelle dürften auch Finale spannend werden. Ebenso wie die Frage, wer von den anderen in den Titelkampf eingreifen wird.
Die kompletten Halbfinal-Ergebnisse der Damen gibt es hier.
Die kompletten Halbfinal-Ergebnisse der Herren gibt es hier.
Quali mit zwei Besonderheiten
(Stand: 14. Oktober, 16:50 Uhr)
37 Damen und 32 Herren gingen am Samstag an den Start und kämpften um die jeweils 26 Plätze im Halbfinale. Ganz vorne auf den Plätzen landeten bei den Damen mit Lucia Dörffel, Martina Demmel und Käthe Atkins bekannte Namen. Bei den Herren waren es mit Finn Altemöller und Max Dinger zwei Joungsters, die unter den besten Vier kletterten. Dazwischen landete mit Michael Ullrich ein erfahrener Athlet auf dem zweiten Platz. Und Yannick Flohé kam punktgleich mit Max Dinger auf Rang drei. Schön fürs einheimische Publikum: Die Augsburgerinnen Sandra Hopfensitz und Annika Müller erreichten die sehr guten Plätze sechs und elf und sind eine Runde weiter.
Die kompletten Quali-Ergebnisse der Damen gibt es hier.
Die kompletten Quali-Ergebnisse der Herren gibt es hier.
Zwei Umstände machten diese Qualifikationsrunden ganz besonders. Zum einen gingen mehr Damen als Herren an den Start – das gab es noch nie bei deutschen Lead-Meisterschaften. Und zum zweiten hat sich die Jury entschieden, eine der beiden Herrenrouten wetterbedingt durch eine Damenroute zu ersetzen. Zwischendurch hat es dann auch ordentlich geschüttet und die betreffende Route bekam Regen ab, so dass sich die Entscheidung als goldrichtig eriwesen hatte. Nebeneffekt war der seltene direkte Vergleich zwischen Damen und Herren in einer Route. Und der fiel für die Damen tatsächlich richtig gut aus: Top-Begehungen gab es nicht nur bei den Herren; auch Lucia Dörffel klippte die Umlenkung und stellte damit unter Beweis, dass sie auch bei den Herren ganz vorne mitklettern könnte.
Die deutschen Meisterschaften gehen am morgigen Sonntag ab 10 Uhr in die Halbfinalrunden. Der Bayerische Rundfunk wird Halbfinale und Finale komplett livestreamen (Link siehe ganz unten).
Livestream DM Lead 2023
Location
Die Deutsche Meisterschaft Lead findet im Kletterzentrum Augsburg statt:
DAV Kletterzentrum Augsburg
Landesleistungszentrum Bayern
Ilsungstraße 15b
86161 Augsburg
Kostenfreier Parkplatz sowie Tram Station "Sportanlage Süd" direkt vor der dem Kletterzentrum.
Starter*innen
Registrierungsschluss ist der 9. Oktober 2023. Ab dann sind alle Athlet*innen auf Digital Rock gelistet.
Yannick Nagel und Hannah Meul können ihren Titel diese Saison erneut verteidigen. Wir sind gespannt ob der Youngster sich erneut gegen Starter wie Yannick Flohe oder Sebastian Halenke durchsetzen kann. Auch bei den Damen sind mit Lucia Dörffel, Roxana Wienand und vielen weiteren die Karten um den Deutschen Meistertitel neu gemischt.