Stellschrauben für eine bessere Klimabilanz
Um die Klimabilanz von Getränken beurteilen zu können, muss eine ganze Menge an Faktoren berücksichtigt werden. Da sich verschiedene Produkte je nach Unternehmen oft stark unterscheiden, gibt es keinen exakten Wert für jedes Getränk. Die hier angegebenen Werte sind deshalb als Richtwerte zu verstehen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie der CO2-Fußabdruck der jeweiligen Getränke einzuschätzen ist. Um trotzdem möglichst klimafreundlich zu trinken, gibt es ein paar wichtige Faktoren, die du berücksichtigen kannst:
Produktherkunft: Regionale Produkte verbrauchen fast immer weniger CO2 als importierte Produkte. Das liegt vor allem an den kürzeren Transportwegen. Müssen Produkte lange Wege – im schlechtesten Fall noch gekühlt – bis zu ihrer Weiterverarbeitung oder bis zu den Endkund*innen zurücklegen, drückt das ganz schön auf das CO2-Konto. Wer also in den Alpen unterwegs ist, wählt am besten Getränke, die aus dem Alpenraum kommen.
Anbau der Produkte: biologisch angebaute Produkte sind meist klimafreundlicher als konventionell angebaute. Aus Klimasicht ist es grundsätzlich besser, wenn möglichst wenig Ressourcen verbraucht werden müssen. Das betrifft nicht nur die verwendeten Zutaten, sondern auch die Ressourcen, die im Verarbeitungsprozess erfordert werden. Umso weniger Verarbeitungsschritte, umso weniger Energie wird benötigt.
Verpackung: Am klimaschonendsten sind Mehrwegverpackungen. Mehrwegflaschen aus Glas können bis zu 50-mal wieder befüllt werden und verursachen 55 Gramm weniger CO2-Äquivalente* als Plastik-Einwegflaschen. Auf Wanderung können Getränke natürlich auch gut in Isolierflaschen gefüllt werden, damit das Getränk auf der anstrengenden Tour schön kalt bleibt.
Aufgewacht! Klimafreundliche Heißgetränke am Morgen
Vor unserer geplanten Bergtour darf der Kaffee zum Wachwerden natürlich nicht fehlen. Dabei ist der morgendliche Kaffeegenuss aus Klimasicht eine ziemliche Wucht: allein eine Tasse Kaffee (125 ml Wasser und 7 g Kaffee) verursacht im Durchschnitt 75 Gramm CO2-Äquivalente. Durchschnittlich trinkt eine Person in Deutschland jährlich 168 Liter Kaffee. Das bedeutet, dass auf jede Person nur durch den Kaffeekonsum jährlich fast 100 Kilogramm CO2-Äquivalente anfallen. Die wichtigste Stellschraube ist hier der Anbau: möglichst klimafreundlich sind zum Beispiel die Siegel Fairtrade, das europäische Bio-Siegel oder das Siegel der Rainforest Alliance. Beim Kauf der Kaffeemaschine kann für eine bessere Klimabilanz außerdem die Energieeffizienz berücksichtigt werden.
Auch Milchschaum-Fans können ihren ökologischen Fußabdruck je nach Wahl der Milch oder des Pflanzendrinks anpassen. Ein Liter Kuhmilch aus der EU verursacht circa 1,5 Kilo CO2-Emissionen – das ist auf den Liter gerechnet mehr als doppelt so viel wie schwarzer Kaffee. Mandeldrink hat einen etwas kleineren CO2-Fußabdruck. Sojadrink aus europäischen Bohnen hat mit etwa 0,7 Kilo CO2-Äquivalent pro Liter eine deutlich bessere Klimabilanz. Am beliebtesten in Deutschland und am klimaschonendsten ist der Haferdrink, der nur 0,3 Kilo CO2-Äquivalente verursacht. Das liegt unter anderem an den kurzen Transportwegen, da Hafer gut in Deutschland angebaut werden kann.
Tee hat tatsächlich eine drei- bis viermal bessere Klimabilanz als Kaffee. Auch hier spielt Regionalität eine große Rolle: heimische Kräutertees (0,15 kg) haben allein durch Transport und Anbau eine deutlich bessere Bilanz als beispielsweise Schwarz- (0,27 kg) und Grüntees (0,19 kg). Allgemein hat Tee einen deutlich niedrigeren Flächen- und Wasserverbrauch und es bleibt auch mehr des Rohstoffs übrig: aus 4 Kilo frischem Tee wird 1 Kilo loser Tee. Beim Kaffee bleibt nur noch ein Sechstel des ursprünglichen Gewichts übrig. Den größten Anteil an der Klimabilanz von Tee hat tatsächlich die Zubereitung: 80 Prozent des gesamten Energieverbrauchs geht hier beim Kochen des Wassers drauf. Grundsätzlich lässt sich sagen: loser Tee ist klimafreundlicher als Beuteltee und Bio-Tee ist etwas besser als konventionell angebauter.
Klimafreundliche Durstlöscher
Auf dem Weg zum Gipfel ist vor allem eins wichtig: eine gefüllte Wasserflasche. Wasser ist nicht nur das meistkonsumierte Getränk der Deutschen – es ist und bleibt auch das klimafreundlichste unter allen Getränken. Leitungswasser schneidet mit einem Ausstoß von 0,00035 Kilogramm CO2-Äqivalenten pro Liter dabei nicht nur am besten ab, man spart sich gleichzeitig das lästige Kistenschleppen daheim und zusätzlich auch Geld. Eine echte Win-Win-Situation also. Trinken und zum Wandern in die Wasserflasche abfüllen kann man das deutsche Leitungswasser auf jeden Fall ohne Bedenken: kaum ein Lebensmittel wird in Deutschland hinsichtlich seiner Qualität so gut überwacht wie das Leitungswasser.
Mineralwasser schneidet im Vergleich zum Leitungswasser deutlich schlechter ab: ungekühltes, stilles Mineralwasser verursacht deutlich mehr Klimabelastungen als Leitungswasser – durchschnittlich 0,2 Kilo CO2-Äquivalente pro Liter. Das liegt zum einen an der Verpackung und zum anderen auch am Transport, der häufig deutlich länger ist. Vor allem die Herkunft spielt hier für die Klimabilanz eine große Rolle, denn importiertes Flaschenwasser kann sogar bis zu tausendmal mehr Emissionen als Leitungswasser verursachen. Die Devise für mehr Klimafreundlichkeit beim Kauf von Mineralwasser lautet also: möglichst regional und in Mehrwegflaschen, bestenfalls aus Glas.
Für die Extra-Energie beim Aufstieg hat vielleicht die eine oder der andere auch eine Saftschorle auf Tour dabei. Hier steht und fällt die Klimabilanz mit der Sorte des Fruchtsafts: der CO2-Fußabdruck von Apfelsaft ist mit etwa 0,35 Kilo CO2-Äquivalenten pro Liter nur etwa halb so groß wie der von Orangensaft. Das liegt vor allem daran, dass Äpfel im Gegensatz zu Orangen hauptsächlich in Deutschland angebaut werden. Am klimafreundlichsten sind Äpfel von regionalen Streuobstwiesen, da der Energieaufwand hier im Vergleich zu regionalen Plantagen oder importiertem Obst, das neben dem längeren Transport zusätzlich noch gekühlt werden muss, sehr gering ist. Die Klimabilanz von Orangen ist allein wegen des Transports aus beispielsweise Spanien oder Brasilien schon schlechter. Während beim Apfelsaft der Direktsaft umweltschonender ist, sind die Klimalasten bei Orangensaftkonzentrat im Vergleich zum Orangensaft etwas geringer, da aufgrund der geringeren Masse des Konzentrats weniger Emissionen pro Liter beim Transport verursacht werden. Allerdings wird hier auch deutlich mehr Wasser benötigt, da dieses erst entzogen wird und anschließend wieder beigefügt werden muss.
Die Klimabilanz bei Limonaden und Cola unterscheidet sich je nach Hersteller stark. Für eine Referenzlimonade, zusammengesetzt aus 15 Prozent Fruchtsaft und 20 Prozent Zucker, wird ein CO2-Äquivalent von in etwa 0,3 Kilogramm pro Liter geschätzt – ähnlich also wie beim Apfelsaft. Die Zahlen schwanken hier allerdings besonders stark, da sich das Angebot an Limonaden in ihrer Zusammensetzung stark unterscheidet. Fruchtlimonaden aus regionalem Obst stehen dabei aufgrund der kürzeren Transportwege wieder besser da. Prinzipiell gilt aber: Je höher der Wasseranteil im Getränk ist, desto geringer ist auch seine Klimabilanz.
Ein Prosit auf die Nachhaltigkeit!
Nach der anstrengenden Tour endlich auf der Hütte angekommen, steht für viele ein isotonisches Erfrischungsgetränk auf dem Programm. Vom Bier, dem Nationalgetränk der Deutschen, trinken wir auch ziemlich viel: fast 100 Liter Bier konsumiert eine Person in Deutschland im jährlichen Durchschnitt. Dabei verursacht ein Liter Bier etwa 0,43 Kilo CO2-Äquivalente. Beim Bier kann man ebenfalls vor allem auf die Regionalität achten: regionales Bier hat einen kurzen Transportweg und unterliegt aufgrund des deutschen Reinheitsgebots vergleichswese strikten Auflagen. Am besten eignen sich Mehrweg-Glasflaschen. Das Bier auf der Hütte hat allerdings einen etwas höheren CO2-Fußabdruck wegen – ihr ahnt es – des aufwendigeren Transports.
Wein auf Bier das rate ich dir? Aus Klima-Sicht eher nicht, denn die Klimabilanz von Wein hat es in sich: 2,4 Kilogramm CO2-Äquivalente gehen für einen Liter Wein aus Deutschland drauf und davon konsumieren die Deutschen im Schnitt 20 Liter im Jahr pro Kopf – und verursachen dabei fast 50 Kilo CO2-Äquivalente. Hinzu kommt ein hoher Flächen- und mit knapp 170 Litern für einen Liter Wein auch ein ziemlich hoher Wasserverbrauch. Auch hier steht der Wein aus der Region ein bisschen besser da als beispielsweise Importware. Ein wunder Punkt beim Wein ist aber noch immer die Verpackung. Die Standard-Einweg-Glasflasche ist tatsächlich die schlechteste Alternative. Ein Pfandsystem gibt es hier aber nicht.
Noch ein Absacker zum Schluss?
Nach der anstrengenden Tour und dem guten Hüttenessen bleibt noch Zeit für einen Absacker: einen Espresso oder einen Schnaps, vielleicht? Dass Kaffee nicht die allerbeste Bilanz hat - wobei Espresso hier im Vergleich zum Milchkaffee ja deutlich besser abschneidet -, wurde bereits geklärt. Ein Standard-Espresso enthält 25 Milliliter und hat dementsprechend eine CO2-Bilanz von 15 Gramm. Doch wie sieht es mit dem Schnaps aus?
Spirituosen verursachen 2,8 Kilogramm CO2-Äquivalente auf den Liter. Das klingt nach sehr viel – allerdings passen in ein einfaches Schnapsglas aber ja auch nur 20 Milliliter. Auf ein Schnapsglas fallen dann also 56 Gramm CO2-Äquivalente. Das ist zwar etwas mehr als der Espresso. Wählt man allerdings einen Brand aus regionalen Früchten, sind die Transportwege wieder kürzer als beim Kaffee und damit auch die Klimabilanz etwas besser als beim Brand aus Übersee.
Wie also fürs Klima trinken?
Das ein oder andere Lieblingsgetränk – sei es Milch, Kaffee oder Wein - schneidet in seiner Klimabilanz also eher nicht so gut ab. Was also tun? Darauf verzichten? Die Klimabilanz beim Konsumieren im Blick zu haben ist auf jeden Fall immer eine gute Sache und lobenswert. Im Vergleich zu anderen Bereichen sind die Einsparpotenziale bei Getränken allerdings gering. Dennoch: Auch kleine Einsparungen leisten einen Beitrag und wer bei der Getränkewahl das Klima im Blick haben möchte, achtet am besten auf diese Faktoren: Regionalität, kurze Transportwege und recyclebare oder mehrfach verwendbare Verpackungen. Beim biologischen Anbau der Produkte werden ebenfalls weniger Emissionen ausgestoßen als beim konventioneller Landnutzung. Was bei der Klimabilanz häufig nicht direkt in die Rechnung einfließt, sind andere Umweltschäden durch zum Beispiel den Flächenverbrauch und die Landnutzungsänderung (zum Beispiel vom Wald zum Acker) beim Anbau oder durch den Wasserverbrauch. Wählt man Produkte aus regionalem Anbau unterstützt man kleine heimische Unternehmen und trägt unter Umständen zusätzlich zu mehr Artenvielfalt bei: Streuobstwiesen sind beispielsweise wichtiger Lebensraum für viele heimische Insekten. Damit tut man nicht nur der Natur, sondern auch dem Klima etwas Gutes tun!
*Unter CO2-Äquivalenten werden alle klimaschädlichen Gase verstanden, die im Kyoto-Protokoll festgelegt worden sind: CO2, Methan (CH4), Dickstoffmonoxid (N2O), Fluorkohlenwasserstoffe (FKWs), Perfluorcarbone (PFCs) und Schwefelhexafluorid (SF6). Alle diese Gase werden zur einfacheren Handhabung in CO2-Äquivalente umgerechnet und so dargestellt. Daher wird hier von CO2-Äquivalenten gesprochen.