Gruppe übt LVS-Suche mit Sonde im Schnee
Mit der Sonde wird die genaue Lage der verschütteten Person ermittelt. Foto: Oliver Farys
Sicher durch den Winter

Lawinenkurs am Stubaier Gletscher

Zwei intensive Tage voller Praxis, Wissen und Vorbereitung am Stubaier Gletscher – der perfekte Start in die Wintersaison für alle Skitourenfans.

Von: Luisa B.

„Hast du alles dabei?“, fragt Stefan, während er den Reißverschluss seiner dicken Winterjacke schließt. Wir stehen an der Talstation der Eisgratbahn, die Sonne kämpft sich nur zögerlich durch dichte Wolken, und die Temperaturen lassen keinen Zweifel: Der Winter hat die Berge fest im Griff. Es ist Anfang Dezember und wir bereiten uns auf einen intensiven zweitägigen Lawinenkurs vor. Ein Pflichttermin für uns, bevor die Skitourensaison so richtig startet.

Die Gruppe ist bunt gemischt: Von erfahrenen Skitourengeher*innen bis zu Neulingen, die erstmals die Herausforderung des hochalpinen Winters suchen. Unser Bergführer Fritz begrüßt uns mit einem Lächeln, das gleichzeitig Sicherheit und Erfahrung ausstrahlt. Nach einer kurzen Einweisung wird die Leihausrüstung verteilt: LVS-Gerät, Sonde und Schaufel.

Grundlagen und erste Praxisübungen

Die Suche mit dem LVS-Gerät will regelmäßig geübt werden. Foto: Oliver Farys

Mit der Gondel fahren wir hinauf auf den Stubaier Gletscher. Die Landschaft wirkt fast surreal: Mächtige Eisflächen, umgeben von schroffen Felswänden, die sich im winterlichen Grau erstrecken. An der LVS-Trainingsstation starten wir mit den Basics. Fritz erklärt, wie ein Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS-Gerät) funktioniert und worauf es bei der Grob- und Feinsuche ankommt. „Geschwindigkeit ist entscheidend, und dafür ist die richtige Technik sehr wichtig!“, betont er, während wir unsere ersten Übungen durchführen.

Nachmittags geht es in den Schnee – und zwar richtig. Unter realistischen Bedingungen trainieren wir die Suche nach einem Verschütteten bis hin zur Rettung. Es ist beeindruckend, wie viel Übung nötig ist, um effizient zu arbeiten und wie anstrengend das Schaufeln ist. Vom Signalempfang bis zum punktgenauen Orten mit der Sonde: Jede Bewegung muss sitzen. Stefan, der bereits einige Touren hinter sich hat, staunt: „Man denkt, man kann das – aber jedes Mal lernt man wieder etwas Neues.“

Zurück an der Dresdner Hütte lassen wir den Tag Revue passieren. Nach einem stärkenden Abendessen erklärt uns Fritz bei einer dampfenden Tasse Tee, worauf es bei der Geländebeurteilung ankommt: Schneeschichten, Hangneigung und Wetterverhältnisse spielen eine zentrale Rolle. Ein paar Tipps und Tricks für die Tourenplanung runden den Abend ab.

Theorie trifft Praxis – und ein Highlight

Der zweite Tag startet früh. Wir machen uns bereit für eine kleine Tour im Skigebiet, bei der wir das Gelernte anwenden können. Der Aufstieg ist moderat, etwa 600 Höhenmeter, aber anspruchsvoll genug, um die eigene Technik zu verbessern. Unterwegs zeigt Fritz uns, wie man Hangneigungen direkt im Gelände misst und potenziell gefährliche Stellen erkennt.

Während des Aufstiegs erklärt Bergführer Fritz, wie man gefährliche Stellen erkennen kann. Foto: Oliver Farys

Am späteren Vormittag folgt ein weiterer spannender Programmpunkt: Die Demonstration eines ABS-Rucksacks. Fritz erklärt die Funktionsweise und löst den Airbag vor unseren Augen aus. Es ist beeindruckend, wie schnell das System funktioniert. „Ein ABS-Rucksack ersetzt natürlich keine Vorsicht und man sollte sich durch ihn nicht in falscher Sicherheit wiegen, aber er kann im Ernstfall dazu beitragen, Leben zu retten“, erklärt er.

Nach dem Mittag geht es zurück zur Hütte, wo wir uns dem Thema Erste Hilfe widmen. Lawinenrettung endet nicht mit der Bergung des Verschütteten – was danach passiert, ist oft entscheidend. Wir üben die Behandlung von Unterkühlungen, Wiederbelebung und das richtige Vorgehen bei typischen Verletzungen wie Knochenbrüchen. „Die Zeit, bis professionelle Hilfe eintrifft, kann über Leben und Tod entscheiden“, erklärt Fritz eindringlich.

Fazit: Wissen, das bleibt

Gegen 15 Uhr endet unser Kurs und wir verabschieden uns. Die Heimreise steht an, aber die Erfahrungen der letzten zwei Tage wirken nach. Es sind nicht nur die technischen Fähigkeiten, die wir mitnehmen, sondern auch ein tiefes Verständnis für die Risiken und die Verantwortung, die der alpine Winter mit sich bringt.

„Ich fühle mich viel sicherer für die kommende Saison“, sagt Stefan, als wir unsere Rucksäcke ins Auto laden. Und ich? Ich kann es kaum erwarten, meine nächste Skitour zu starten – diesmal mit einem noch klareren Bewusstsein für meine Fähigkeiten und die Risiken. Und eines ist klar: Sicherheit in den Bergen beginnt mit Wissen – und das haben wir hier definitiv gewonnen.

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