Mensch beim Skitourengehen mit Fokus auf der Skibindung.
Wer heutzutage auf Skitour geht, nutzt meist eine Pin-Bindung. Foto: DAV/Daniel Hug
Skitouren für Anfänger*innen

Die erste Pistenskitour

Für viele ist die Skipiste das perfekte Terrain für den Start ins Tourengehen: Die Orientierung ist einfach, die Schneedecke meist ausreichend und angenehm zu befahren, die Lawinengefahr ist bei geöffneten Pisten in der Regel ausgeschlossen – Skitourengehen leicht gemacht!

Das Skitourengehen auf Pisten hat sich in den letzten Jahren zu einem Trend entwickelt. Und im letzten Winter, als viele Lifte stillstanden, haben noch mehr Menschen den Aufstieg mit Fellen auf Pisten für sich entdeckt. Der Vorteil für Neulinge: Ohne große Planung oder Vorkenntnisse geht es unkompliziert auf Tour. Wer erfahren, flott und sportlich drauf ist, genießt es, auf der Piste Trainingsrunden ziehen zu können – gerne auch nach Feierabend. Einige wichtige Dinge und vor allem Regeln gibt es bei dieser Spielart des Tourengehens zu bedenken und beachten.

Jede*r spinnt anders! Ist ein harmonisches Miteinander zwischen Alpinski- und Tourenskifans auf der Piste trotzdem möglich? Illustration: Georg Sojer

Regelungen & Empfehlungen:

Das Skitourengehen auf Pisten ist bei einigen Liftunternehmen weniger gern gesehen, in manchen Ländern (z.B. Italien und Teile Österreichs) sogar generell verboten oder nur auf wenigen explizit freigegebenen Routen erlaubt. Diese Verbote gilt es zu berücksichtigen! Wo Pistentouren erlaubt sind, ist rücksichtsvolles Verhalten angesagt, denn primär sind die Pisten nun mal für die Pistenskifahrer*innen. Eigens angelegte und ausgeschilderte Aufstiegsrouten bitte auf jeden Fall nutzen. Sperrzeiten (etwa wegen Pistenpräparierung oder Lawinensprengung) auf keinen Fall missachten, hier droht Lebensgefahr (vor allem bei Pistenpräparierung an der Seilwinde)! Besondere Vorsicht ist vor Kuppen und Engpässen geboten, Hangquerungen sind zu vermeiden; wenn, dann nur einzeln. Nur bei ausreichend Schnee gehen. Rücksicht auf Wildtiere (vor allem in der Dämmerung). Ist ein Skigebiet oder eine Piste nicht in Betrieb, ist dort die Lawinengefahr in  Betracht zu ziehen. Wer gerne nach Feierabend auf Tour geht: Viele Skigebiete bieten Tourenabende mit geöffneten Pisten und Hütten an, dieses Angebot bitte nutzen und dann stets mit Stirnlampe gehen und fahren.

Gefahr durch Seilwinden der Pistenraupen

Anmerkung der Redaktion:

Seilwinden stellen eine tödliche Gefahr auf der Piste dar: Die Windenseil-Technik wird inzwischen auf den Pisten der meisten Skigebiete angewendet. Dazu wird auf der Pistenraupe eine Winde mit Schwenkarm und einem mehrere hundert Meter langen, fingerdicken Stahlseil montiert. Das Seil wird am oberen Pistenende fixiert; beim Abwärtsfahren der Raupe rollt es sich über die Piste aus, wieder aufwärts kommt die Raupe durch Aufwickeln des Seils. Präparationstechnisch hat diese Art der Pistenreparatur den Vorteil, dass der Schnee durch das Gewicht der Pistenraupe nicht den Hang hinab geschoben, sondern zum Hang hin verdichtet wird.

Bei den Präparationsarbeiten bewegt sich die Pistenraupe bis zu einem Kilometer von der Verankerung weg, oft außer Hör- und Sichtweite. Während der Fahrt schwenken Raupe und Schwenkarm mit großer Dynamik weit nach rechts und links aus, das Stahlseil ist dabei immer unter hoher Spannung. Es zischt blitzschnell durch die Luft, nach rechts, links, mal direkt auf dem Schnee, mal unter der Schneedecke, mal ist es 10 oder 20 Meter über dem Boden.

Dieses in den Skigebieten allabendliche Geschehen, zumeist in der Dunkelheit, ist für Menschen, die sich dort aufhalten (würden) unberechenbar und extrem gefährlich. Auch wer glaubt, sich vor Ort auskennen und das Risiko einschätzen zu können, ist vor einem Irrtum nicht gefeit. Schwere, auch tödliche Unfälle waren in der Vergangenheit immer wieder zu beklagen. Sie können passieren, weil man in das gespannte Seil hineinfährt. Oder weil das Seil durch seine Eigenbewegung hin- und herpeitscht. Oder weil eine Seil-Umlenkung an Kurven im Hang versagt.

Die Lösung für alle Optionen ist denkbar einfach: Zur Präparierung gesperrte Pisten müssen konsequent gemieden werden! 

Die mehrstündige Arbeit eines Pistenraupenfahrers innerhalb weniger Minuten kaputt machen – das muss nicht sein! Schon drei Skifahrende, die genüsslich ihre Spuren durch die frisch präparierte Piste fräsen, schaffen das. Besonders unangenehm sind die Folgen im Frühjahr, wenn der Schnee weich ist und die Abfahrtsspuren über Nacht zu Eiswülsten werden, so dass sie den Pistenskifahrern am nächsten Morgen den Schwung verhageln. Wer nach Abschluss der Pistenpräparierung (keinesfalls währenddessen!) noch abfährt, bleibt fairerweise am äu­ßersten Pistenrand!

Kollision mit Abfahrenden:

Immer wieder wird auf diese Unfallgefahr hingewiesen, doch sie ist in der Praxis zum Glück begrenzt: Schwere Zusammenstöße zwischen aufsteigenden Pistentourengehern und Abfahrenden sind dem DAV bis heute nicht bekannt. Auch der Bergwacht liegen bis heute keine Informationen über schwere Unfälle vor. Das heißt nicht, dass solche völlig ausgeschlossen wären. Dessen sind sich viele spätestens seit 2009 bewusst, als eine Skifahrerin infolge eines Zusammenstoßes mit dem damaligen Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus verstarb.

Wichtig ist, dass aufsteigende und abfahrende Skifahrer vor allem zwei Regeln beachten: nur am Pistenrand und hintereinander, nicht nebeneinander aufsteigen (DAV-Regel Nr. 2 und FIS-Regel Nr. 7); abfahren stets auf Sicht und mit angepasster Geschwindigkeit (FIS-Regel Nr. 2). Falls dennoch ein Unfall passiert, wird in der juristischen Aufarbeitung sicher gefragt werden, ob sich die Beteiligten an die Regeln gehalten haben oder nicht.

Zugang:

Skigebiete haben in der Regel große Parkplätze, manche sogar spezielle Parkplätze fürs Tourengehen, die als Startpunkt genutzt werden können. Parkplatzgebühren sind hier keine Unverschämtheit, sondern ein Beitrag für die Nutzung von Pisten und Toiletten! Bei großem Andrang kann der größte Parkplatz zu klein werden. Die Nutzung von ÖPNV und Skibussen ist immer
eine empfehlenswerte und ökologische Anfahrtsvariante – auch auf Skitour.

Spuranlage & Gehtechnik:

Die Grundprinzipien guter Spuranlage wie „gleichmäßige Spursteilheit“, „flache Passagen nutzen“ und „Hangbreite ausnützen“ funktionieren auf Pistentour bei laufendem Skibetrieb nicht, hier bleibt nur der Pistenrand. Hier steigt man kerzengerade und hintereinander auf, um sich selbst und entgegenkommende Abfahrende nicht zu behindern und zu gefährden. Dadurch wird die Spurneigung inhomogen und häufig sehr steil. Das erfordert auf harten Pisten eine versierte Gehtechnik, sonst droht eine Schlitterpartie. Ist die Spur steil, muss der Ski zentral und mittig belastet werden (nicht zu weit nach vorne lehnen). Kurze, eher schnelle und „zackige“ Schritte machen! Abwechselnd werden rechter Stock/linker Ski und linker Stock/rechter Ski gesetzt und belastet. Die Stöcke bringen zudem Vortrieb, dienen aber hauptsächlich der Balance. Die Steighilfe, bei eisigen Verhältnissen auch Harscheisen, unterstützen zusätzlich. Im allerschlimmsten Fall zu Fuß aufsteigen (Steigeisen? Ski am Rucksack). Das Begehen von steilen Passagen unbedingt an kurzen Aufschwüngen üben, bevor man sich an größere Steilhänge wagt!

Geh-Rhythmus:

Gleichmäßig, flüssig und konstant sollte er sein – für den Körper ist das bei Ausdauerbelastung am besten und ermöglicht eine längere Belastungsdauer. Das Tempo sollte so gewählt werden, dass man konstant, ohne Anhalten gehen kann. Also nicht kurz Vollgas und dann Verschnaufpause, sondern langsam und gleichmäßig durchgehen und nach ein bis zwei Stunden eine richtige
Pause mit Trinken und Essen einlegen.

Kleidung:

Der Aufstieg schweißtreibend, die Rast windig, die Abfahrt eiskalt … (Pisten-)Skitouren sind kleidungsmäßig eine Herausforderung. Das Zwiebelprinzip ist die bewährte Lösung.

  • Erste Schicht: schnelltrocknende Funktionsunterwäsche (Wolle oder Kunstfaser).

  • Zweite Schicht: Fleecejacke oder Softshell.

  • Dritte Schicht: Hardshell-Jacke und Hose.

Optional sorgt eine Isolationsjacke (Daune, Kunstfaser, Wolle) bei der Rast für wohlige Wärme. Optimalerweise versucht man, die Zwiebelhäute im Aufstieg so abzuschälen, dass man gar nicht schwitzt und trocken oben ankommt. Dennoch empfiehlt sich die Mitnahme eines Wechselshirts (unterste Schicht). Für die Abfahrt braucht es Handschuhe, Skibrille und Mütze oder Helm.

Einkehrschwung:

Ein weiterer Grund für die Beliebtheit von Pistenskitouren ist das gastronomische Angebot der Skigebiete. So bieten die Hütten reichlich Gelegenheit, die geleistete sportliche Großtat gebührend mit Speis und Trank zu entlohnen. Beim Genuss alkoholischer Getränke sei jedoch bedacht: Alkohol senkt bekanntermaßen die Hemmschwelle hinsichtlich der eigenen Risikobereitschaft. Alkohol fördert nicht die fürs Skifahren relevanten koordinativen Fähigkeiten. Alkohol und Kälteexposition können fatale Folgen haben! Also (frei nach einer lateinischen Phrase): Was immer du
trinkst, trinke vernünftig und bedenke das Ende! Wer mit Vernunft, Vorbereitung und Rücksicht auf Pisten tourt und dort auch einmal einkehrt und so ein paar Euro in den Hütten lässt, wird viel Freude haben, Konflikte vermeiden und auch von denjenigen gerne gesehen sein, die die Skigebiete betreiben.

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