Der Elbrus ist der höchste und bekannteste Berg des Kaukasus. Foto: AdobeStock
Der Elbrus ist der höchste und bekannteste Berg des Kaukasus. Foto: AdobeStock
Gebirge Europas

Der Kaukasus

Der Kaukasus lässt sich grob in den Großen und den Kleinen Kaukasus einteilen und zieht sich durch die Territorien Russlands, Georgiens, Armeniens, Irans und Aserbaidschans. Dabei verläuft das Hochgebirge von Westnordwest nach Ostsüdost zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer. Vielleicht auch deswegen ist es biologisch, kulturell und linguistisch eine der diversesten Regionen der Welt. Als Teil des Alpidischen Gebirgssystems ist der Kaukasus in derselben erdgeschichtlichen Phase entstanden wie auch die Alpen.

Geografie

Eine Fläche von rund 500.000 Quadratkilometer belegt der Kaukasus und so haben einige Länder Anteil an diesem Gebirge, deren Siedlungsgebiete häufig nicht klar voneinander abgegrenzt sind. Grund genug für zahlreiche Spannungen und Kriege, wie zum Beispiel den Kaukasuskrieg zwischen Georgien und Russland 2008, der die Anerkennung von Abchasien und Südossetien als unabhängige Staaten durch Russland zur Folge hatte.

Im Kaukasus tummeln sich neben dem Elbrus (mit 5642 Metern der höchste Berg Europas – so man ihn trotz seiner Lage auf der Grenze zu Asien zum Kontinent zählt) zahlreiche Fünftausender. Diese befinden sich ausschließlich im Großen Kaukasus, der Kleine wird nicht höher als 3724 Meter. Und auch von der Länge übertrifft der Große den Kleinen bei weitem: 1100 Kilometer lang ist der nördliche Teil des Gebirges, im Süden erstreckt sich der Kleine Kaukasus auf rund 600 Kilometern zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer. Der Große Kaukasus gehört zu den Ländern Russland, Georgien, Aserbaidschan, der Kleine zu Georgien, Armenien und Aserbaidschan.

Landschaftlich hat der Kaukasus einiges zu bieten, von arktischer Tundra in den Hochgebirgen über Elemente zentralasiatischer Wüsten bis hin zu eurosibirischen Steppen und sommergrünen Laubwäldern.

Nördlich der Große, südlich der Kleine Kaukasus. Karte: NASA/MODIS, Jacques Descloitres, MODIS Land Rapid Response Team, Public domain via Wikimedia Commons

Hohe & besondere Gipfel

Der höchste und bekannteste Gipfel des Kaukasus ist der bereits erwähnte Elbrus mit 5642 Metern. Leicht erkennbar ist er dank seiner zwei Gipfel, die eineinhalb Kilometer auseinander liegen. Der Westgipfel (5642 m) ist 21 Meter höher als der Ostgipfel. Im Jahr 1874 bestiegen drei Engländer unter Führung des Schweizers Peter Knubel den Elbrus als Erste.

Etwas niedriger, dafür umso anspruchsvoller ist der Schchara mit 5201 Metern – er gilt unter Bergsteigenden als einer der schwierigsten Gipfel Europas.

Unter die Kategorie besondere Gipfel fällt wohl der 5047 Meter hohe Kasbek: An diesen soll Prometheus (griechische Mythologie) gekettet worden sein, nachdem er den Göttern das Feuer stahl, um es den Menschen zu schenken. Auf dem Weg sollte Rast an der auf über 2000 Metern gelegenen Gergeti-Dreifaltigkeitskirche gemacht werden, ein Kraftort, der den Menschen dort heilig ist – definitiv einen Besuch wert.

Der Uschba mit seinem Doppelgipfel (Nordgipfel: 4698 m, Südgipfel: 4737 m) knackt zwar nicht die 5000 Meter, ist für den DAV aber wegen seiner Erstbesteigung interessant: 1903 gelang der Südgipfel, der vorher bereits an die zwölf Mal von den besten Alpinisten Europas versucht wurde, erstmals im Rahmen einer von Willi Rickmer Rickmers geleiteten "Expedition" einiger AV-Alpinisten – Adolf Schulze stand als erster Mensch auf dem Gipfel. Beim ersten Versuch der Truppe war auch die österreichische Bergsteigerin Cenzi von Ficker beteiligt, der der Gastgeber der Expedition Fürst Tatarchan Dadeschkeliani als Zeichen seiner Bewunderung den Uschba zum Geschenk machte.

Die Gergeti-Kirche am Fuße des Kasbek. Foto: AdobeStock

Wege und Routen

Bekannte Wanderwege gibt es im Kaukasus nicht allzu viele, erwähnenswert ist jedoch der Transcaucasian Trail (TCT). Seit 2015 im Ausbau soll er nach Fertigstellung über 3000 Kilometer durch das Gebirge führen. Einige Etappen sind auch schon fertig, so könnt ihr auf insgesamt acht Strecken bereits zwischen vier und 45 Tagen unterwegs sein. Seit 2022 ist auch die komplette Durchquerung Armeniens auf dem TCT möglich. Alle Infos gibt’s auf der Trail-Webseite.

Hütten

Die Infrastruktur im Kaukasus ist eher spärlich, wildcampen ist aber häufig erlaubt und Gastfreundschaft wird in den Bergdörfern großgeschrieben.

Auf den Wegen zu den wichtigsten Gipfeln stehen meist einfache Unterkünfte zur Verfügung: die unbewirtschaftete Bethlemihütte (3653 m) oder eine der jüngsten Hütten im Kaukasus, die Altihut (3014 m) erleichtern die Besteigung des Kasbek, wer auf den Elbrus möchte, findet in den Botschkis, große Tonnen auf rund 3700 Metern, jeweils mit bis zu zehn Stockbetten oder in der Dieselhütte (4090 m) einen Schlafplatz. Diese wurde 2001 eröffnet, nachdem die ehemalige Hütte Prijut 11 komplett abgebrannt ist.

Die Botschkis - noch tief im Schnee versunken - im Hintergrund der Elbrus. Foto: AdobeStock

Schutzgebiete

Die Vielfalt des Kaukasus sorgt für eine große Vielfalt an Lebensräumen. Und das wiederum zu einer einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt: Über 6300 Pflanzen-, 152 Säugetier-, und fast 400 Vogelarten konnten in der Ökoregion Kaukasus nachgewiesen werden. Viele dieser Arten sind im Kaukasus endemisch. Daher engagieren sich auch Naturschutzorganisationen in der Region – mit Naturschutzplänen, der Ausweitung von Naturschutzgebieten und der Bekämpfung von Wilderei.

Seit Juli 2021 gehören zum Beispiel die Regenwälder und Feuchtgebiete West-Georgiens zum Unesco-Weltnaturerbe.

1995 wurde der Borjomi-Kharagauli-Nationalpark im Kleinen Kaukasus gegründet. Die über 85.000 Hektar umfassen einmalige, nahezu unberührte Natur.

Das Landschaftsschutzgebiet Gnishik mit mehr als 6000 Hektar ist das erste im Kaukasus, das von den umliegenden drei Gemeinden selbstständig verwaltet wird. Es ist ein wichtiger Lebensraum für den Kaukasus-Leoparden, das Gmelin-Mufflon und die Bezoarziege sowie weitere 1500 Tier- und Pflanzenarten.

Die Waschlowani-Schutzgebiete im Osten Georgiens wurden 1935 gegründet. Das Territorium umfasst das Naturschutzgebiet Waschlowani, den Nationalpark und 3 Naturdenkmäler – die Adlerschlucht, die Schlammvulkane Tachti-Tepa und das Alasani-Tal. Besonders spektakulär sind die zahlreichen Canyons.

Flora

Die Pflanzen im Kaukasus nutzen die zahlreichen ökologischen Nischen, die sich dort bieten. Über 6500 Pflanzenarten sind dort heimisch, 1600 davon endemisch – heißt sie kommen ausschließlich dort vor. Dazu zählen die Kaukasus-Fichte und die als Weihnachtsbaum beliebte Nordmanntanne, deren Samen bis heute aus Georgien importiert werden. Weitere endemische Pflanzen sind die Dariali Primel, der Garedschi-Salbei und die Georgische Lilie.

Die Samen der beliebten Nordmanntanne stammen bis heute aus dem Kaukasus. Foto: AdobeStock

Fauna

In den Wäldern leben letzte Bergwisente, im Kleinen Kaukasus bestimmt der Ruf des Königshuhns – eine dort endemische Vogelart – den Klang der Berge. Unter besonderem Schutz steht der Persische – auch Kaukasus-Leopard. Aktuell existieren noch circa 40 bis 65 Exemplare, Schutzgebiete und Wildkorridore sollen ihr Überleben sichern. Gerade sind fünf Jungtiere in eine Kamerafalle des WWF getappt. Kropfgazellen, Braunbären, Hyänen, Kure (Kaukasische Steinböcke) und Saiga-Antilopen, deren Hörner in China als Potenzmittel verkauft werden, gehören zu den Wildtieren im Kaukasus. Etwas genauer hinschauen muss man, will man die Kaukasus Agame, eine Echsenart, oder den Kaukasus Karabus, ein endemischer Waldlaufkäfer, entdecken.

Für die Menschen im Kaukasus, genauer im Süden Russlands, ist eine Nutztierrasse inzwischen echtes Kulturgut: das Karachai-Pferd. Auf den Rücken der bergtauglichen, gehorsamen und nervenstarken Tiere haben die Vorfahren den Kaukasus erobert.

Schützenswert: der Kaukasus-Leopard. Foto: Pixabay/Pfüderi

Menschen

Ethnografisch und sprachwissenschaftlich zählt die Kaukasusregion zu den interessantesten Gebieten der Welt: rund 50 sogenannte Kaukasusvölker leben dort und lassen kaukasische, indogermanische sowie altaische Sprachen fortleben. Vorherrschende Religionen sind der Islam und das Christentum (russisch-, georgisch- oder armenisch-orthodox).

Fun Fact: Auch Jesus hätte vielleicht Georgisch verstanden. Das westliche Aramäisch war nämlich seine Muttersprache und in Georgien existiert die Sprache Judäo-Georgisch, die viele aramäische Einflüsse hat.

Immer wieder kommt es im Kaukasus zu Auseinandersetzungen, insbesondere nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991. Blutige Konflikte gab es vor allem in den Regionen Berg-Karabach, Tschetschenien, Abchasien und Südossetien. Die Beziehungen unter manchen Kaukasus-Ländern sind bis heute angespannt.

Mit dem Kaukasus verbunden

Die Vielfalt der Menschen, die im Kaukasus leben und lebten, sorgten auch für reiche Traditionen und Kultur, die sich heute in Form von faszinierenden Bauwerken, viele davon Unesco-Weltkulturerbe, bewundern lassen und untrennbar mit dem Kaukasus verbunden sind. Die bereits erwähnte Gergeti-Dreifaltigkeitskirche in Georgien ist nur eines davon. Weiter westlich in Georgien befindet sich das Dschwari-Kloster aus dem 6. Jahrhundert. Südlich im Kleinen Kaukasus liegt in einer Schlucht das armenische Kloster Norawank, rund 100 Kilometer östlich davon die geschichtsträchtigen Felsbilder von Ughtasar – mehr als tausend Motive armenischer Felskunst in einer Art Freiluftgalerie.

Die Szene auf diesem Felsbild von Ughtasar zeigt eine Ziege mit Großkatzen. Foto: Ji-Elle, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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