Der Schlatenkees, dahinter verschneite, vereiste Berggipfel.
Der Schlatenkees ist einer der Gletscher, die massiv an Länge verlieren. Foto: DAV/Robert Kolbitsch
Weltklimarat IPCC stellt Sachstandsbericht vor

Letzte Warnung für Mensch und Klima

Seit Anfang April sind nun alle drei Teile des sechsten IPCC-Sachstandsberichts erschienen. Sie zeigen deutlich, wie ernst die Lage ist: Der Klimawandel schreitet voran, die Auswirkungen auf Mensch und Natur sind drastisch und es bleibt uns nur noch sehr wenig Zeit, die Erderwärmung auf ein händelbares Maximum zu beschränken. Im Folgenden haben wir die wichtigsten Aussagen aller drei Berichte zusammengefasst.

Der aktuelle Zustand des Klimas

  • Der Einfluss des Menschen auf die Atmosphäre, den Ozean und die Landflächen ist unumstritten.

  • Seit der Industrialisierung ist eine unnatürliche Veränderung des Klimasystems festzustellen. Der anthropogene Klimawandel wirkt sich bereits auf Wetter- und Klimaextreme in allen Regionen der Welt aus.

  • Die klimabedingten Veränderungen sind größtenteils unumkehrbar.

  • Eine globale Erwärmung von 1,5 °C wird im Laufe des 21. Jahrhunderts überschritten werden, es sei denn, es erfolgen in den kommenden Jahrzehnten drastische Reduktionen der CO2- und anderer Treibhausgasemissionen.

  • Es wird eine Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen wie Hitzeextremen, Starkniederschlägen und Dürren geben.

  • Das arktische Meereis, Schneebedeckungen und Permafrost werden sich weiter zurückziehen.

  • Es wird prognostiziert, dass bei einer Globalen Erwärmung von 2 °C im Vergleich zu jetzt die Anzahl der direkten Hochwasserschäden um das 1,4 bis 2-fache ansteigen wird.

Auswirkungen des Klimawandels

  • Ca. 3.3 bis 3.6 Milliarden Menschen sind vom Klimawandel betroffen. Zu den besonders betroffenen Regionen gehören West-, Zentral-, und Ostafrika, Südasien, Mittel- und Südamerika, kleine Inselstaaten und die Arktis.

  • Zwischen 2010 und 2020 war die Sterblichkeitsrate in den vulnerablen Gebieten 15-mal höher als in den nicht vulnerablen Gebieten.

  • Der Grad der Verletzlichkeit ist vom Zustand der Ökosysteme abhängig. Allein aufgrund von küstenspezifischen Klimagefahren werden etwa eine Milliarde Menschen langfristig gefährdet sein.

  • Es wurde bereits ein Verlust mindestens hunderter lokaler Arten verzeichnet. Bei einem Anstieg von 1,5 °C werden vermutlich 3-14 % der Arten aus ländlichen Ökosystemen ausgelöscht werden. Bei 2 °C sind es bereits 3 bis 18 %.

  • In Meeres- und Küstenökosystemen ist das Risiko des Biodiversitätsverlustes bei 1,5 °C bereits deutlich höher. Noch mehr Ökosysteme sind ab einer Erwärmung von 2 °C dadurch bedroht.

  • Bei einer 2 °C-Erwärmung wird das Schmelzwasser der Gletscher und damit die Wasserverfügbarkeit in den Bergregionen um 20 % zurück gehen. Dies verringert bereits mittel-/langfristig die Wasserverfügbarkeit für Landwirtschaft, Wasserkraft und menschliche Siedlungen in den Einzugsgebieten. Diese Veränderungen würden sich bei einer 4 °C Erwärmung sogar verdoppeln.

Anpassungen an den Klimawandel

Die beobachteten Auswirkungen, die prognostizierten Risiken, das Ausmaß und die Trends der Anfälligkeit sowie die Grenzen der Anpassung zeigen, dass weltweite Maßnahmen für eine klimaresistente Entwicklung dringender sind als im letzten IPCC Bericht aus dem Jahr 2014 angenommen. Die Zeitspanne, in der eine klimaresiliente Entwicklung möglich ist, wird immer kürzer!

  • Es gibt einige machbare und wirksame Anpassungsmöglichkeiten, um die Risiken für Natur und Mensch zu verringern. Besonders wichtig ist es dabei, die Ökosysteme zu restaurieren, zu bewahren und zu schützen.

  • Viele Ökosysteme stehen kurz vor der harten Anpassungsgrenze. Einige wie Polar- und Bergökosysteme haben die harten Grenzen und damit ihre ökologische Anpassungsfähigkeit erreicht. Ihre Schäden durch den Klimawandel sind daher jetzt schon unumkehrbar.

Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgase – Herausforderung, aber auch Chance!

Momentan steuern wir auf eine insgesamte Erderwärmung von 3,2 °C seit Beginn der Industrialisierung zu. Die Ziele der Pariser Klimakonferenz können mit den jetzigen Maßnahmen nicht eingehalten werden. Für das 2°C Ziel dürfen 2030 nur noch 40 Milliarden Tonnen emittiert werden, für das 1,5 °C Ziel dürfen es sogar nur 30 Milliarden Tonnen sein. Dies entspricht ungefähr der Hälfte der heutigen Emissionen. Bis spätestens 2050 muss dafür global die Treibhausgasneutralität erreicht werden. Für eine Beschränkung der Erderwärmung auf 1,5 °C müssen wir jetzt handeln und die Emissionen drastisch reduzieren!

Hierfür wurden vom IPCC folgende Maßnahmen vorgeschlagen und diskutiert:

  • Umstieg auf erneuerbare Energien. Zusätzlich kann dadurch die Luftqualität erheblich verbessert werden. Des Weiteren sind erneuerbare Energien in der Summe oftmals günstiger als fossile Energieträger.

  • Städtebau und -planung. Allein durch den Einsatz von Zement werden 8 % der globalen CO2-Emissionen verursacht. Generell könnte (beim Neubau von Gebäuden und Siedlungen) vermehrt auf die Verwendung von nachhaltigeren Materialien und deren Herstellung geachtet werden.
    Städte verursachen zwei Drittel des Treibhausgasausstoßes, weswegen dort ein wesentliches Ansatzpotenzial liegt. Adressiert werden müssen dort insbesondere nachhaltige Stadtplanung (z.B. die Integration von Kohlestoffspeichern wie Holz statt Beton und Dachbegrünung im Städtebau; nachhaltige Mobilitätsstrukturen, Verkürzung der Fahrtwege) – mit dem positiven Seiteneffekt lebenswerter Städte – aber auch Einzelpersonen und deren Konsum- sowie Mobilitätsverhalten.

  • Industrie und Wirtschaft. Die Industrie klimafreundlich zu gestalten sei „herausfordernd, aber möglich“, so der IPCC. Ansätze sind beispielsweise eine effizientere Verwendung von Materialien oder die Stärkung der Kreislaufwirtschaft. Mittlerweile entwickeln sich laut dem IPCC immer mehr umweltfreundlichere Optionen für viele Industrieprozesse (z.B. Stahlherstellung auf Basis von grünem Wasserstoff).

Insgesamt werden dafür hohe Investitionen in allen Sektoren notwendig sein. Doch langfristig würden diese Aufwendungen deutlich geringer ausfallen als die Folgekosten durch die globale Erwärmung.

Verbraucher*innen: Allein wir Verbraucher*innen können durch eine bewusste nachhaltigere Lebensweise zwischen 50–80 % der momentanen Emissionen einsparen. Am meisten reduzieren können wir bei der Ernährung, bei der Mobilität sowie bei Gebäuden.

Fazit

Der menschengemachte Klimawandel ist eine Bedrohung für die gesamte Menschheit. Der sechste Sachstandsbericht des IPCC verdeutlicht den akuten Handlungsdruck. Jede weitere Verzögerung macht das Zeitfenster kleiner, in dem noch eine möglichst lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle gesichert werden kann. Die momentanen Maßnahmen reichen nicht aus, um die Globale Erwärmung auf 2 °C oder gar 1,5 °C (Pariser Klimaabkommen) zu beschränken. Jedoch ist das Erreichen der Klimaziele noch möglich: Hierfür ist ein Umdenken der Politik, der Wirtschaft, der Gesellschaft und jedes Einzelnen unausweichlich, um die Lebensgrundlagen der jetzigen und auch künftigen Generation zu erhalten.

Der DAV leistet seinen Beitrag und ist bis 2030 klimaneutral – by fair means. Was das bedeutet, welche Maßnahmen der DAV umsetzt und was jede*r Einzelne dafür tun kann, findest du hier.

Zum IPCC

Das IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change; Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen, auch Weltklimarat) ist eine Institution, die den Stand der wissenschaftlichen Forschung zum Klimawandel zusammenfasst. Dazu beruft das IPCC Wissenschaftler*innen aus aller Welt, an den Sachstandsberichten mitzuarbeiten. Es forscht hierbei nicht selbst, sondern trägt den aktuellen Forschungsstand zusammen. Der erste Teil befasst sich dabei mit den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels, der zweite Teil geht auf die Auswirkung über Mensch und Natur ein, der dritte Teil beleuchtet Möglichkeiten, den Klimawandel zu verlangsamen. Es wurde 1988 gegründet, seine Sachstandberichte gelten innerhalb der Wissenschaft als glaubwürdigste und fundierteste Darstellung des Forschungsstands über das Klima.

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