Regionalbahn fährt vor See
Öffentliche Verkehrsmittel sind ein wichtiger Faktor zum Gelingen der Mobilitätswende. Foto: BRB/Dietmar Denger
Mach’s einfach: Mobilitätswende

Weniger Verkehr(t)

Es läuft nicht beim Verkehr: Er hinkt seinen Klimaschutz-Zielen hoffnungslos hinterher. Eine gelingende Mobilitätswende braucht die Anstrengung aller: Politik, Wirtschaft, Menschen – gerade im Bergsport, der immer noch stark motorlastig ist. Packen wir’s an!

Das Ziel ist einfach und klar: So wie alle Lebensbereiche müssen wir auch die Mobilität klimaneutral machen, so schnell wie möglich. Dazu braucht es die Energiewende, also die Bereitstellung klimaneutraler Energie (Ökostrom) zum Antrieb – doch die benötigt Zeit, Geld und gesellschaftliche Akzeptanz für Windräder, Stromtrassen und Speicheranlagen. Um dieses Problem zu entschärfen, muss gleichzeitig der Energiebedarf aller Verkehrsmittel gesenkt werden, schreibt die Denkfabrik Agora Verkehrswende. Und natürlich wäre es sinnvoll, zuallererst zu überlegen, wieviel Mobilität wirklich nötig ist – oder ob man sich manche Fahrt nicht sparen kann (auch im finanziellen Sinn).

Klar ist: Ein e-mobilisiertes „Weiter so“ reicht nicht aus. Wir müssen raus aus unserer Komfortzone und uns an ein klimafreundliches Leben gewöhnen, um bisherige Gewohnheiten allmählich durch gute zu ersetzen.

Wieviel Mobilität braucht’s – und wie organisiert?

Digitalisierung und Homeoffice ersparen manche berufliche Pendelfahrt, einer Stadt mit echter Lebensqualität muss man am Wochenende nicht entfliehen. Auch im Bergsport kann man sich manchen Mobilitätsbedarf sparen: Die Kletterhalle oder der Bikepark lassen die Mittelgebirge entbehrlich werden; bei unsicherem Wetter oder zum Trainieren muss man nicht von München oder Stuttgart in die Alpen brausen; ein mehrtägiger Aufenthalt macht den Kurzurlaub wertvoller als mehrere Tages- oder Wochenendtrips mit jeweiliger Anfahrt. Einige DAV-Sektionen haben in ihren Programmen Limits festgelegt, wie etwa maximal 150 Kilometer Anreise-Entfernung pro Tourentag. Diese Vorgabe gilt – aufgepasst! – sogar bei der alpenfernen Sektion Rheinland-Köln.

Mobil mit weniger Energie und Emissionen

Die notwendige Mobilität mit weniger Energieverbrauch zu leisten, ist zum Teil eine politische Aufgabe. In seinem „Forderungspapier Mobilität“ zielt der DAV in diese Richtung, wenn er

  • die Förderung autofreier Mobilität

  • den Stopp von Subventionen (Diesel, Dienstwagen, Flugbenzin)

  • oder den ÖV-Ausbau inklusive Radtransport wünscht.

Auf der Hauptversammlung 2023 wurde auch die Selbstverpflichtung fürs Tempolimit beschlossen: 120 km/h auf Autobahnen, 80 außerorts; das Umweltbundesamt (UBA) fordert sogar zusätzlich 30 innerorts. Tempolimits senken den Energieverbrauch, die Unfallgefahr, machen das Fahren gemütlicher – und durch die Entschleunigung den flotten ÖV als Alternative attraktiver. In seinen „acht Bausteinen“, um den Verkehrssektor auf den nötigen Klimapfad zu bringen, schlägt das UBA auch eine allgemeine Pkw-Maut und eine CO2-Bepreisung (110 Euro pro Tonne schon 2025) vor. Heftig, aber notwendig, denn das „New Climate Institute“ hat festgestellt: „Würden alle Sektoren und Länder ihre Emissionsreduktionen so verschleppen wie der deutsche Verkehrssektor, wäre ein globaler Temperaturanstieg von 3 °C zu erwarten.“

An drei Stellen kann man ansetzen, um den Verkehr möglichst schnell klimaneutral zu machen: weniger fahren, sparsamer fahren, Öko-Energie bereitstellen. Grafik: Sensit Communication GmbH

Weniger Energie ist auch nötig, wenn man Fahrgemeinschaften nutzt oder anbietet. Dazu trägt der DAV Summit Club bei mit seiner Mitfahrplattform Moobly, moobly.de. Und etliche DAV-Sektionen haben oder mieten Busse für Sektionsfahrten oder schreiben die Organisation von Fahrgemeinschaften vor. Wer sich allerdings ausrechnet, dass ein Auto mit 150 Gramm CO2-Emission pro 100 Kilometer bei vier Mitfahrenden weniger pro Person emittiert als die Bahnfahrt, übersieht Wesentliches: Wenn ein Auto fährt, während vier Zugplätze unbesetzt bleiben, entstehen dessen Emissionen zusätzlich zum ohnehin fahrenden Zug – der bei höherer Auslastung noch besser abschneiden würde. Zudem kann eine mangelnde Nachfrage dazu beitragen, dass Fahrpläne ausgedünnt oder Strecken stillgelegt statt ausgebaut werden.

Bergsport mit Bahn+Bus ist zumindest am Anfang aufwendiger, vor allem wenn man auf dem Land wohnt oder große Touren plant. Dass mehr geht als man denkt, beweisen

Und Bergbus-Linien, wie sie die Sektionen München & Oberland oder Kempten initiiert haben, verbessern das Angebot noch. Falls man trotzdem keine Alternative zum Pkw sieht, gelten die Maximen: kleines und sparsames Auto, langsam und ökonomisch fahren – und einen möglichst klimaneutralen Antrieb nutzen.

Fahren ohne Fossil-Verbrennung

Klimaneutral fahren ist nicht einfach. Biogas ist nur aus Reststoffen keine Konkurrenz zur Lebensmittelerzeugung. Und Elektroautos sind neue durstige Tiere an einem zu kleinen Tümpel: Bei rund 50 Prozent Ökostromanteil in Deutschland tragen sie zum beobachtbaren Anstieg der Kohleverstromung bei. Nur ein E-Auto mit Strom von der eigenen PV-Anlage fährt quasi emissionsfrei. Für die Politik bleibt also noch genug zu tun mit dem Ökostrom- und Speicher-Ausbau, der Lade-Infrastruktur und einer Kreislaufwirtschaft für die Batterien.

Es bleibt eine Daueraufgabe, die Bergleidenschaft umweltgerecht auszuleben, und bewusster Verzicht und Bescheidenheit sind Tugenden, die sich zur Demut gegenüber dem Berg gesellen sollten. Das trifft nicht nur uns Bergbegeisterte, sondern die ganze Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Wie es das Umweltbundesamt schreibt: „Klimaverträglicher Verkehr verändert die Mobilität und erfordert Umdenken in vielen Bereichen.“

PKWst du noch oder öffist du schon?

Klimafreundlich in die Berge ist gar nicht so schwer, wir sind nur sehr ans Auto gewöhnt. Aber ausprobieren lohnt sich! Damit der Umstieg reibungslos klappt, haben wir die wichtigsten Tipps für klimafreundliches Berggehen zusammengefasst:

Mehr Berg, weniger Weg

Die meisten Emissionen verursacht die An- und Abreise zum Bergsport. Da liegt es auf der Hand, hier auch anzufangen beim Sparen. Wer weniger oft, dafür länger in den Bergen unterwegs ist, vermeidet Emissionen aus der Anfahrt bei gleicher Zeit am Berg.

Der Horizont ist das Ziel

Wer nicht zurück zum Auto muss, dem eröffnen sich neue Möglichkeiten, Bergketten entlangzuwandern oder zu überschreiten bis zur nächsten Haltestelle. Gerade außer Reichweite der Wanderparkplätze gibt es so manchen spektakulären Ausblick zu entdecken.

Erst planen, dann einsteigen

Wer die umliegenden Haltestellen kennt, kann auch je nach Wetter umplanen. Ganz einfach geht das mit der Alpenvereinaktiv-App, die alle Zug- und Buslinien mit Haltestellen verzeichnet! Den aktuellen Öffi-Netzplan und hilfreiche Links gibt’s online unter alpenverein.de/thema/anreise

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