Jedes Jahr, am dritten Samstag im September, wird die Welt ein bisschen besser: Am „World Cleanup Day“ machen sich in Deutschland und weltweit viele Tausend Menschen auf, fremden Müll einzusammeln und gut zu entsorgen. Auch der DAV und seine Partner beteiligten sich in diesem Jahr wieder: Die Sektion Bremen befreite den „Technologiepark Uni Bremen“ neben ihrer Kletterhalle von Müll. Die Firma Vaude half im Frühjahr bei den „Bodensee CleanUp-Days“, unterstützt die „Patron Plasticfree Peaks“ bei Müllsammelaktionen in Süddeutschland und produzierte für die DAV-Sektionen die „Plogging Bag“, einen kleinen Müllsammelbeutel, der immer mitgeführt werden kann.
Noch besser wäre die Welt natürlich, würden die Abfälle erst gar nicht in der Landschaft landen – und noch viel besser, würden sie überhaupt nicht entstehen. Das Nachhaltigkeits-Mantra „Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren“ gilt auch hier. Leider klappt es schon mit dem Vermeiden nicht immer. 417 Millionen Tonnen Müll gab es 2019 in Deutschland, über die Hälfte davon fiel im Bau an, aber auch 38 Millionen Tonnen in Haushalten – 457 Kilogramm pro Person. 103 Kilo davon waren Verpackungsmüll, das sind 20 Prozent mehr als 2010; Gründe dafür sind neben dem Wirtschaftswachstum aufwendigere Verpackungen, kleinere Einheiten, To-Go-Einwegverpackungen und der Online-Handel.
Den Müll-Fußabdruck verkleinern
Dafür gibt es im persönlichen Umfeld viele Möglichkeiten:
Konsum beschränken, Dinge lange nutzen und nichts wegwerfen, das noch brauchbar ist.
Auf wenig oder keine Verpackung achten. Also im Unverpackt-Laden einkaufen oder mehrfach verwendbare Tüten und Behältnisse nutzen, Groß- statt Kleinpackungen wählen.
Mehrweg- statt Einwegbehältnisse wählen und für den Kaffee unterwegs den eigenen Becher nutzen.
(Berg-)Kleidung im Laden passend aussuchen, statt Online-Retouren zu verursachen.
Doch nicht nur durchs Konsumieren, auch durch Wählen oder bürgerschaftliches Engagement kann man zur Müllvermeidung beitragen. So ist es schwer verständlich, dass in Deutschland das „Containern“ (Entnehmen von weggeworfenen Lebensmitteln aus Abfallcontainern) immer noch verboten ist – in Frankreich sind Supermärkte sogar verpflichtet, unverkaufte Lebensmittel zu spenden oder in die Landwirtschaft zu geben; Ähnliches gilt für andere Waren wie Hygieneprodukte, Bücher oder Küchenzubehör. Rund 30 Obst- und Gemüsesorten dürfen im Handel nicht mehr in Plastik verpackt sein.
Auch am eigenen Arbeitsplatz kann man sich manchmal erfolgreich für weniger Müll im Büro und in der Produktion einsetzen. So ist es der Design-Abteilung von Vaude gelungen, das Schnittmuster einer Jacke so zu optimieren, dass 98 Prozent der Stoffbahn ausgenutzt werden. Auch zur zweitbesten Strategie im Umgang mit Müll, dem Recyceln, können Produzenten und Politik beitragen. Wer eine Regenjacke, einen Klettergurt oder ein Auto designt, kann
recycelte Rohstoffe nutzen
möglichst wenige Materialien mischen
sie so verbinden, dass sie leicht wieder sortenrein zu trennen sind (Schrauben und Nähen statt Kleben und Schweißen).
Natürlich steht diesen Zielen manchmal der Funktionsanspruch im Weg, oft finden sich aber praktikable Lösungen wie der Joghurtbecher aus dünnem Kunststoff mit lösbarer Papp-Umhüllung statt des kunststoffbeschichteten Pappbechers.
Recycling braucht Optimierung
Auf die Politik kann man einwirken, damit sie Recycling statt Deponieren fördert. In Deutschland landet tatsächlich nur noch ein Prozent der Siedlungsabfälle auf der Deponie, dem schlechtmöglichsten „ordentlichen“ Platz für Müll. In Europa sind es im Durchschnitt 30 Prozent, in Griechenland und den USA bis 75 Prozent. In Deutschland verwendete Kunststoffverpackungen müssen zu 63 Prozent recycelt werden, so schreibt es das Verpackungsgesetz vor – nicht zuletzt, weil der EU-Beitrag vom Anteil des nicht recycelten Abfalls abhängt. Auch den Export von Recyclingplastik ins Ausland könnte (sollte) die Politik verbieten, vor allem wenn er dort illegal ins Meer gekippt wird.
Andererseits ist fürs allgegenwärtige Mikroplastik zu über 30 Prozent Reifenabrieb verantwortlich, Abhilfe wäre also: nicht, wenig oder zumindest sanft Autofahren. Und wie beim Dieselskandal gilt zudem: Krimineller System-Missbrauch einiger sollte niemanden davon abhalten, selbst das Bestmögliche zu tun.
Recycling also, wenn der Müll schon unvermeidbar ist. Auch hier arbeitet die Industrie an Verfahren, das Material optimal zu verwerten. So lassen sich etwa PET-Flaschen kleinhäckseln, einschmelzen und zu Garn ziehen, aus dem eine Fleecejacke entstehen kann. Ein Joghurtbecher kann aber nicht mehr zu einem Joghurtbecher werden, das verbieten Hygiene-Anforderungen. So ist Recycling meist ein Downcycling, mit schlichteren Materialeigenschaften, nur selten ein Up-Cycling. Würde man die Kunststoffe chemisch in ihre Bestandteile zerlegen, wären sie wieder wie neu nutzbar – dafür fehlen allerdings noch die großtechnischen Umsetzungen. Deshalb sind die Kreisläufe beim Recycling bislang begrenzt.
Das Unsrige beitragen können wir, indem wir uns ein bisschen Mühe geben:
Recyclingfreundlichere Verpackungen wählen, die möglichst wenige verschiedene Stoffe kombinieren.
Einfache Konstruktionen wählen; Sonnencremes mit Sprüh-Aufsatz etwa sind schwierig zu recyceln.
Materialien grob reinigen, zerlegen und nach Stoffen (Kunststoff, Papier, Metall, je nach lokalem Sammelsystem) getrennt ins Recycling geben; der Grüne Punkt muss übrigens nicht drauf sein.
Glas sollte nach Farben getrennt gesammelt werden, damit es wieder saubere Farben gibt, dann ist es unbegrenzt oft wiederverwendbar. Ist man sich bei braungrünen Flaschen nicht sicher, ist der richtige Container „im Zweifel Grün“.
Bioabfall gehört in die Biotonne oder auf den eigenen Kompost. Das Umweltbundesamt spricht von 3,3 Millionen Tonnen Biomüll, die jährlich in Deutschland falsch im Restmüll landen – daraus ließe sich Biogas für 165.000 Vierpersonenhaushalte erzeugen.
So gibt es vom ganz Kleinen bis zum Großen viele Möglichkeiten, Abfall zu vermeiden oder „gut“ damit umzugehen. Zwar sind die Recyclingquoten in Deutschland (Stand 2019) nicht schlecht: Aluminium 94 Prozent, Papier und Karton 90 Prozent, Glas 84 Prozent, Kunststoff 56 Prozent. Aber man kann ja immer noch besser werden – und vor allem den generellen Materialverbrauch weiter senken. Und wenn alle guten Willens wären, bräuchte es irgendwann vielleicht auch keine „Cleanup Days“ mehr, um Müll aufzulesen, den andere Leute in die Landschaft geworfen haben.