An der Fältjägaren-Hütte im Sylan-Gebirge (Schweden). Foto: Hauke Bendt
An der Fältjägaren-Hütte im Sylan-Gebirge (Schweden). Foto: Hauke Bendt
Gebirge Europas

Das Skandinavische Fjell

Wo während der letzten Eiszeit eine bis zu zwei Kilometer dicke Eisschicht den Norden Europas bedeckte, dehnt sich heute das längste Gebirge des Kontinents aus: das Skandinavische Fjell.

Geographie

Mehr als 1700 Kilometer zieht es sich entlang der schwedisch-norwegischen Grenze und touchiert auf einem ganz kleinen Areal auch Finnland. Typisch für das Skandinavische Fjell, das auch als Skandinavisches Gebirge, Skandinavische Alpen oder Skanden bekannt ist, sind seine runden, weichen Formen. Die Höhenlagen sind oft als Plateaus ausgeformt; zerschnitten von tiefen, steil abfallenden Tälern (Fjorde).

Teils bedecken Plateaugletscher das nordeuropäische Gebirge. Unter ihnen ist der mächtigste der Jostedalsbreen, der mit knapp 480 Quadratkilometern gleichzeitig der größte Gletscher Kontinentaleuropas ist. Mit dem Schmelzen der Gletscher hebt sich das Gebirge weiter.

Die Landschaft ist in Norwegen insgesamt deutlich rauer; nach Osten – und damit Schweden – hin flacht die Landschaft deutlich ab.

Etwas Etymologie

Einige Details zur Herkunftsgeschichte des Wortes: "Fjell" bedeutet zunächst einmal einfach "Gebirge".

In Skandinavien tragen alle Gebirge mit eiszeitlicher Prägung den Namen Fjell – in unterschiedlicher Schreibung. Im Norwegischen „fjell“, schwedisch „fjäll“, isländisch wiederum „fjall“ und finnisch „tunturi“. Gemeint ist die alpine Vegetationshöhenstufe der skandinavischen Halbinsel, also das dortige Hochgebirge.

Auch das Englische kennt den Begriff „fell“ – baumlose Höhen in Nordengland, vor allem im Lake District, in Schottland und auf der Isle of Man werden so genannt. In Neuseeland heißt die baumlose Gebirgsregion „fellmark“.

Der Galdhøpiggen. Foto: pixabay/Geir Ormseth

Hohe und besondere Gipfel

Die höchsten Berge im Skandinavischen Fjell sind mehr als 2000 Meter hoch. Das höchste Teilgebirge ist Jotunheimen, die „Heimat der Riesen“ – die teils schroffen Gipfel erreichen hier Höhen bis zu knapp 2500 Meter.

Der Galdhøpiggen ist mit 2469 Metern der höchste Punkt Norwegens und ganz Nordeuropas. Schwedens höchster Berg ist im nördlichen Lappland der Kebnekaise (2097 Meter).

Finnlands höchste Erhebung findet sich mit 1324 Metern am Haltitunturi – kurz: Halti. Da es sich innerhalb des Halti-Massivs an dieser Stelle um keinen echten Gipfel handelt, überlegte Norwegen zum 100. Jubiläum der finnischen Unabhängigkeit sogar, die Grenze um etwa 200 Meter zu verschieben und Finnland so einen "echten Gipfel" als höchsten Landespunkt zu schenken. Diese Idee scheiterte an hohen juristischen Hürden.

Schutzgebiete

Teile des Skandinavischen Fjell sind geschützt: Insgesamt sind mehr als 40 Nationalparks auf norwegischem Festland-Terrain ausgewiesen, knapp 30 in Schweden. Darunter die Nationalparks Rondane, Hardangervidda und Jostedalsbreen in Norwegen, sowie die Nationalparks Abisko, Sarek und Sonfjället in Schweden.

Herbst im Øvre Dividal-Nationalpark in Nordnorwegen. Foto: Hauke Bendt

Flora

Im Skandinavischen Fjell dominiert Alpine Tundralandschaft, die eine große Artenvielfalt aufweist. Allen voran auf den Hochflächen mit Gräsern, Flechten und Moosen, mit niedrigen Büschen, Birken und Kiefern.

Eine Besonderheit ist die Wald- und Baumgrenze: diese wird von der Fjellbirke bestimmt. In höheren Lagen kommen vor allem Zwergstrauchheiden und Bergwiesen, Moore und Matten vor.

Aufgrund seiner nördlichen Lage ist die Baumgrenze im Skandinavischen Fjell deutlich niedriger als beispielsweise den Alpen. In Südnorwegen liegt sie bei etwa 1000 Metern, nach Norden hin nimmt sie weiter ab und findet sich in Nord-Skandinavien auf nur noch zirka 500 Metern.

Fauna

In Lappland weiden riesige Rentierherden der indigenen Samen.

Im Dovrefjell trifft man mit etwas Glück auf Moschusochsen und auch die letzten wild lebenden Rentiere Europas.

Weitere Bewohner der Skandinavischen Fjells sind Bären und Moorhühner, Marder und Nerze sowie Lemminge.

Ren im Padjelanta-Nationalpark bei Stáloluokta. Foto: Hauke Bendt

Wege & Routen

Viele Regionen des Skandinavischen Fjells haben ein beachtliches Wege-(und Hütten-)Netz. Einer der ganz großen Klassiker ist der Königsweg (Kungsleden). Zentraler und bekanntester Teil ist der etwa 450 Kilometer lange Abschnitt in Lappland, doch der Weg zieht sich noch weiter – einmal von Süd nach Nord durch das gesamte schwedische Fjäll.

„Norwegen der Länge nach“ heißt es etwas weiter westlich: ohne konkrete Wegführung – diese stellt man sich individuell zusammen – führt die Wanderung vom südlichsten Punkt Norwegens am Kap Lindesnes über etwa 3000 Kilometer zum Nordkap. Wenn’s nicht gleich ganz so viel sein soll: auf Pilgerspuren lässt sich auf dem 650 Kilometer langen Olavsweg zwischen Oslo und Trondheim unterwegs sein.

Hinzu kommen in vielen Nationalparks weitere beeindruckende Streckentouren und Rundwanderungen. Hütten betreiben die jeweiligen Tourismusvereine: DNT (Den Norske Turistforeningen) sowie STF (Svenska Turistföreningen). Um die Hütten möglichst flexibel nutzen zu können und gleichzeitig den Schutz der sensiblen Natur zu unterstützen, ist eine jeweilige Jahres-Mitgliedschaft ratsam.

Besonderheiten

Im Skandinavischen Fjell gilt das Jedermannsrecht (auf Schwedisch allemansrätten, auf Norwegisch allemannsretten). Es handelt sich um eine uralte nordische Tradition.

Als Gewohnheitsrecht ist das Jedermannsrecht in Finnland nur begrenzt schriftlich geregelt; ähnlich war es lange Zeit in Schweden, wo allerdings seit 1994 das Grundgesetz regelt, dass alle Menschen freien Zugang zur Natur haben. Die norwegische Gesetzgebung regelt seit 1957, dass alle die norwegische Natur frei erkunden können. Fast überall darf man in der Landschaft also beispielsweise spazieren gehen oder wandern, solange man einige Grundregeln beachtet.

Auch in den meisten Nationalparks gilt das Jedermannsrecht. In einigen Parks kann – zeitlich begrenzt – das Betreten eingeschränkt sein; beispielsweise, wenn seltene Tierarten nisten und brüten.

Polarlicht bei Kiruna (Schweden). Foto: pixabay/MartinStr

Wandern am Polarkreis

Auf 66° 33′ 55″ nördlicher Breite liegt der nördliche Wendekreis – dort geht die Sonne am Tag der Sonnenwende nicht mehr auf beziehungsweise nicht mehr unter.

Im Sommer bedeutet dies für das Wandern kurze Nächte und lange Tage: Je weiter man vom Polarkreis nach Norden kommt, desto mehr dieser extrem kurzen Nächte gibt es. Am Nordkap, dem nördlichsten Punkt Norwegens und auch Europas, der über eine Straße erreichbar ist, geht die Sonne zwischen dem 11. Mai und dem 31. Juli nicht unter.

Die Kehrseite: entsprechend lange geht die Sonne im Winterhalbjahr auch nicht auf. In dieser Zeit sind wiederum Polarlichter besonders gut zu sehen.

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