Herbstlich verfärbte Lärchen rund um einen Bergsee. Im Hintergrund steil aufragende Dolomitengipfel.
An der Baumgrenze. Herbst in den Dolomiten. Foto: Kordula Vahle/pixabay
Angepasstes Leben

Höhenstufen der Alpen

Geht man in die Berge und achtet auf die Pflanzenwelt, so nimmt man charakteristische Veränderungen wahr, je höher man gelangt: Bedingt durch die sinkenden Temperaturen und den steigenden Niederschlag mit zunehmender Höhe wechselt auch die Vegetation. In den Alpen bilden sich so auf kleinem Raum verschiedene Vegetationszonen, auch Höhenstufen genannt.

Die Höhenstufen – im Gebirge vertikal gestaffelte Naturräume – sind der Abfolge der Landschaftsgürtel ähnlich, die sich von den mittleren Breiten zu den Polen hin zeigen: So kann man während einer Wanderung vom Talboden über die Bergwaldstufe bis zu felsigen Gipfelbereichen mit Pionierpflanzen unterschiedliche Lebensräume erleben. Teilweise sind die Grenzen dieser Höhenstufen – wie die Baumgrenze – sehr deutlich zu erkennen.

Vegetation der Höhenstufen. Quelle: Alpenblumen entdecken & bestimmen, Bergbahnen Kleinwalsertal und Oberstdorf

Klima und Exposition führen zu starken Unterschieden in der Höhenausdehnung der einzelnen Zonen. So weist zum Beispiel eine nach Norden gerichtete Fläche aufgrund der mangelnden Sonneneinstrahlung niedrigere Temperaturen auf als die südwärts exponierte Fläche. Auch das Mesoklima der Alpen führt zu unterschiedlichen Ausprägungen der Zonen. Die Durchschnittstemperatur in den Randlagen der Alpen ist ca. 1°C niedriger, sodass die einzelnen Vegetationsstufen in geringere Höhen als in den zentralen Alpen vordringen können.

Was ist das Mesoklima?

Das Mesoklima beschreibt den Bereich, der zwischen Mikro- und Makroklima liegt. Das Makroklima wird durch große, das Mikroklima eher durch kleine, lokale Prozesse bestimmt. Das Mesoklima ist eine Mischung aus beiden und wird besonders durch Geländeform und Landnutzung bestimmt – und daher häufig auch als Geländeklima bezeichnet.

Die wichtigsten – und deutlich erkennbaren – Stufen: auf Laub- und Mischwälder folgen Zwergsträucher und alpine Rasen, darüber findet sich ein felsiger Gipfelbereich mit Schnee und Eis:

Laub- und Mischwälder

Colline und Sub-Montane Stufe

Die unterste Stufe der Tallagen besteht für gewöhnlich aus natürlichen Laubwäldern, je nach geografischer Lage mit Buchen und (Flaum-)Eichen. Diese Zone reicht bis zu einer Höhe von maximal 800 Metern.

Montane Stufe

Die montane Höhenzone ist der Übergangsbereich zwischen Laub-, Misch- und Nadelwäldern. Die Obergrenze dieser Zone liegt je nach geografischer Lage zwischen 1500 Meter in den Randalpen und 2000 Meter in den Zentralalpen. Früher erfolgte Obst- und Getreideanbau bis in diese Stufe.

Deutlich erkennbare Höhenstufen an der Hohen Munde. Foto: Steffen Reich

Zwergsträucher und alpine Rasen

Subalpine Stufe

Diese Stufe bildet den Übergangsbereich von Nadelwäldern (vor allem Fichten-Lärchen-Wälder und Lärchen-Zirben-Wälder) hinauf zum Krummholz. Dieser Bereich schwankt zwischen einer Untergrenze von 1500 bis 1800 Metern und einer Obergrenze von 1700 bis 2400 Metern.

Alpine Stufe

Zwischen Baumgrenze und geschlossenem Rasen dominieren zunächst Zwergstrauchheiden, die langsam in Grasheiden übergehen. Diese Stufe endet am Alpenrand zwischen 2400 und 2500 Metern und in den Zentralalpen zwischen 2700 und 3000 Metern. Wie die Baumgrenze wird auch die Rasengrenze von der durchschnittlichen Temperatur beeinflusst: sie darf im Juli 5 Grad nicht unterschreiten.

Felsiger Gipfelbereich

Nivale Stufe

In der nivalen Stufe kann ganzjährig Schnee vorgefunden werden. Die Abgrenzung zur alpinen Stufe wird über die lokale Schneefallgrenze definiert. Es treten nur noch vereinzelte Rasenflecken und spezielle, an die extremen Witterungsbedingungen angepasste Vegetation, wie z. B. der Gletscher-Hahnenfuß auf. Moose und Flechten können hingegen noch in erstaunlichen Höhen gedeihen.

Der Gletscher-Hahnenfuß kommt bis in 4200 Meter Höhe vor. Foto: Andi Dick

Je höher, desto kälter

Diese Formel macht das Leben für Pflanzen im Hochgebirge nicht gerade einfach, doch spezielle Anpassungsstrategien der Pflanzen sichern ihnen auch bei extremen Witterungen die Existenz. Mit zunehmender Höhe sinkt die Temperatur. Die Niederschläge nehmen zu, sie fallen vermehrt als Schnee.

Die Schneedecke hat jedoch auch einen positiven Effekt: sie stellt eine Isolationsschicht dar und schützt die Pflanzen vor Winterfrost. Die Windgeschwindigkeit steigt an, was vor allem an windexponierten Stellen dazu führt, dass die Pflanzen austrocknen. Außerdem verkürzt sich die Vegetationsperiode von hundert auf fünfzig Tage im Jahr. Ferner nimmt die Sonneneinstrahlung zu, da die Strahlen eine geringere Luftschicht durchdringen müssen. Deshalb kann sich die Oberfläche des Bodens tagsüber schnell erhitzen und ein Vielfaches der Lufttemperatur erreichen.

Anpassungsstrategien der Pflanzen

Farben & Duft

Blumen im Hochgebirge fallen besonders durch ihre Farbenpracht und starken Duft auf. Die verstärkte Pigmentierung ist ein Schutz gegen die ultraviolette Strahlung, vergleichbar mit der Bräunung unserer Haut. Da die Bestäubung im Gebirge unter anderem durch Insekten erfolgt und die Konkurrenz groß ist, versuchen die Pflanzen mit überdimensionalen bunten Blüten und intensiven Düften Hummeln und Schmetterlinge anzulocken.

Das Buhlen um Bienen: Farbenpracht auf einer alpinen Wiese. Foto: Adege/Pixabay

Zwergwuchs

Eine weitere Anpassung der Pflanzen ist der Zwergwuchs. Dadurch sind sie näher am Boden und können von der Bodenwärme profitieren, die im Tagesverlauf (mitunter stark) ansteigt. Gleichzeitig sind sie vor Wind geschützt. Ein solcher absoluter Spezialist ist das Stängellose Leimkraut mit seinen rosa Blüten auf dichtem Polsterwuchs.

Sogenannte Polsterpflanzen bilden auf dem Boden halbkugelförmige Polster aus, die Wärme und Feuchtigkeit speichern können, um sich mit dieser Gestalt vor Wind und Austrocknung zu schützen. Die starke Behaarung wie zum Beispiel beim Edelweiß kann zusätzlich das Austrocknen verhindern.

Hochspezialisierter Überlebenskünstler: das Stängellose Leimkraut. Foto: Hans/Pixabay

Geschützte Pflanzenarten

Aufgrund ihrer Besonderheiten und weil es sie nur (noch) an wenigen Stellen gibt, stehen etwa 200 der in den bayerischen Alpen vorkommenden Blumenarten unter Schutz. Beim Unterwegssein in der Natur sollte man deshalb keine Blumen pflücken. Das Plakat „Geschützte Pflanzenarten“ vom DAV gibt einen Überblick, es zeigt 44 Alpenpflanzen in den Regionen der Alpen.

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