An einem schiefen Hochbunker klettern einige Menschen, Kinder wie Erwachsene. Davor eine alte Natursteinmauer.
Nur eine von vielen außergewöhnlichen Möglichkeiten: Klettern in Schieflage am Monte Pinnow. Nach einer 1947 missglückten Sprengung des Bunkers nutzt ihn die DAV-Sektion Wilhelmshaven seit 1983 zum Üben. Foto: DAV Wilhelmshaven / Rainer Pinnow
Klettern & Bouldern mal anders

Außergewöhnliche Kletteranlagen in Deutschland

Du lässt dich beim Klettern durchaus mal von Superlativen verführen? Oder du möchtest gerne auch auf Ausflügen und Reisen an Orten klettern oder bouldern, die das „ganz besondere Etwas“ haben? – Unter den mehr als 220 künstlichen Kletterhallen und Kletteranlagen, die der DAV in Deutschland betreibt, finden sich ein paar ganz besonders ausgefallene.

Zum Auftakt einige Superlative

Aus Alt mach Anders: Klettern …

Klettern im öffentlichen Raum …

Klettern an künstlichen Felsen

Klettern & Upcyling 

Die größte Kletteranlage steht in …

Früher oder später will wahrscheinlich (fast) jede*r beim Klettern mal wissen, welche eigentlich die größte Kletterhalle hierzulande ist. Und auch, welche Outdoor-Kletteranlage die Nase vorn hat bei solch einem Vergleich. In beiden Fällen sind es DAV-Anlagen:

Das DAV Kletter- und Boulderzentrum München Süd in Thalkirchen ist mit knapp 7.000 Quadratmetern Kletter- und Boulderfläche die deutschland- und wohl auch weltweit größte künstliche Indoor-Kletteranlage, soweit wir wissen. Die Klettermöglichkeiten verteilen sich indoor auf zwei Kletterhallen und eine zweigeschossige Boulderhalle sowie zusätzliche Trainingsflächen. Außerdem gibt es an den Außenwänden eine Vielzahl von Routen und Boulderproblemen, so dass sich die Klettersession früh im Jahr an die frische Luft verlegen und auch bis spät in den Herbst oder noch länger draußen bleiben lässt. Übrigens, um es besser einordnen zu können: die nächst-kleineren DAV- oder auch privat betriebenen Kletterhallen bringen es auf knapp 5.000 Quadratmeter.    

Münchner Superlative: ab durch die Wand im Kletter- und Boulderzentrum in Thalkirchen. Foto: Frank Kretschmann

Die größte künstliche reine Outdooranlage wiederum ist das DAV Kletter- und Alpinzentrum im Landschaftspark in Duisburg mit insgesamt 7.100 Quadratmetern. Das spannende an dieser Anlage: sie ist aus einer Industriebrache entstanden. – Der Landschaftspark Duisburg-Nord befindet sich auf dem Gelände des vor Jahrzehnten stillgelegten Hüttenwerk Meiderich der Thyssen AG; mit heute mehr als einer Million Jahresbesucher*innen ist es eines der am meisten besuchten Denkmäler des Landes Nordrhein-Westfalen. Die DAV-Sektion Duisburg hat im besonderen Ambiente des ehemaligen Erzvorratsbunkers ehrenamtlich diese ganz außergewöhnliche Kletteranlage mit mehr als 800 begehbaren Routen im Landschaftspark geschaffen.

Klettern in den Erzbunkertaschen des stillgelegten Eisenhüttenwerk Duisburg Meiderich, wo seit 1990 ein Klettergarten mit mehr als 800 Routen entstanden ist. Foto: Sandra Schürmann

Umgenutzt     

Projekte ähnlich zu dem in Duisburg gibt es in ganz Deutschland – immer häufiger werden ungenutzte Industriebrachen und leerstehende Gebäude in Kletteranlagen umgewandelt. Eine solche Umnutzung ist deutlich umweltfreundlicher als ein Abriss und Neubau. Denn allein der Energieaufwand beim Bauen macht laut Schätzungen etwa 50 Prozent der Emissionen aus, die ein Gebäude während „seines Lebens“ verursacht.

Hinzu kommt: ganz gleich, ob es eine ehemalige Fabrik oder eine einstige Kirche ist – viele alte Gebäude gehör(t)en schon lange zu den Städten und Gemeinden. Sie im Ortsbild zu erhalten ist immer auch Ausdruck einer kulturellen Wertschätzung. Und gerade auf dem Land können erst durch solche vergleichsweise günstig zu realisierenden Umnutzungen auch wichtige Angebote und Treffpunkte für Kinder und Jugendliche ermöglicht werden. Oft stecken dabei viele ehrenamtliche Arbeitsstunden von DAV-Sektionsmitgliedern in diesen Projekten:

Dessau: Klettern in der ehemaligen Brauerei

Das DAV Kletterzentrum Dessau, der Zuckerturm, ist 2006 auf dem Gelände einer alten Brauerei entstanden. Im Sudhaus wird jetzt geklettert statt gebraut. Weiterklettern: https://www.zuckerturm.de

Klettern statt brauen im DAV Kletterzentrum Dessau. Foto: Bergfreunde Anhalt Dessau e. V.

Auch in Tirschenreuth wird derzeit ein altes Brauereigebäude umfunktioniert, hier entsteht das DAV Kletterzentrum Sudhaus und der Name wird zukünftig an die einstige Nutzung erinnern. Die Eröffnung ist für Herbst 2024 geplant. Weiterklettern: https://kletterzentrum-tirschenreuth.de/  

Jena: Klettern im ehemaligen Umspannwerk

Eine Halle, die früher große Transformatoren beherbergte, dient heute als DAV Kletterhalle der Sektion Jena. Überhaupt werden die Reste des technischen Denkmals “Umspannwerk Jena-Nord” vom Verein Imaginata erhalten, hier finden Führungen, Kulturveranstaltungen und anderes mehr statt. Weiterklettern: https://alpenverein-jena.de/klettersport/dav-kletterhalle/

Abends zum Klettern ins alte Umspannwerk? – Möglich ist das in Jena. Foto: DAV Jena

Auch die Sektion Dinkelsbühl nutzt einen ehemaligen Transformatorenturm als Kletteranlage: Der DAV Kletterturm Sinbronn bietet 8 Meter hohe Routen und erinnert außen noch an seine ursprüngliche Bestimmung.

Rostock: Klettern im ehemaligen Bunker

Gleich drei Kletterbunker möchten wir vorstellen:

Der Kletterbunker Rostock ist eine künstliche Kletteranlage an der Außenseite des ehemaligen Hochbunkers der Neptunwerften. Ein Großteil der Routen wird hier so geschraubt, dass die Oberflächenbeschaffenheit des Bunkers mit genutzt werden muss. Dadurch kommt man, so der Gedanke, dem Klettern am Felsen näher als an anderen herkömmlichen künstlich angelegten Kletterwänden. Weiterklettern: https://www.dav-rostock.de/klettern-am-bunker.html

Im einstigen Hochbunker der Rostocker Neptunwerften wird heute geklettert. Foto: Jakob Schützel

Der Kletterturm Monte Pinnow bei Wilhelmshaven entstand schon Anfang der 1980er-Jahre in einem ehemaligen Bunkerrohling von 18 Meter Höhe und 18° Schieflage. Die DAV-Sektion Wilhelmshaven hat vielfältige Kletterrouten eingerichtet; daneben lässt sich auch bouldern und für die alpine Ausbildung ist am Hauptturm ein durchaus ernstzunehmender Klettersteig installiert. Weiterklettern https://www.dav-wilhelmshaven.de/kletterturm/monte-pinnow/

Ebenfalls in den 1980er-Jahre rückte ein ehemaliger Flakbunker im damaligen West-Berlin ins Interesse von Kletterbegeisterten und bald konnte die Kletteranlage Bunkerwand Humboldthain in Betrieb genommen werden. Die Bunkerwand zählt bis heute zu den größten Sportkletteranlagen auf Beton in Deutschland. Aufgrund ihrer glatten Struktur eignet sich die Anlage allerdings nur für fortgeschrittene Kletterfans (ab dem VI. Grad). Weiterklettern: https://dav-berlin.de/klettern/kletteranlagen/bunkerwand-humboldthain/

Markt Schwaben: Klettern in der ehemaligen Kläranlage

Nein, man riecht es nicht mehr, dass hier mal ein Klärwerk stand und das DAV Kletterzentrum Markt Schwaben im ehemaligen Faulturm sowie im ehemaligen Klärbecken eine Kletter- sowie Boulderanlage errichtet hat. Weiterklettern: https://www.dav-marktschwaben.de/kletterzentrum 

Markt Schwaben: Im und am einstigen Faulturm wird geklettert, im ehemaligen Klärbecken gebouldert. Foto: Maximilian Mayr

Auch im Allgäu an der Wertach ist aus einer ehemaligen Kläranlage eine Kletteranlage entstanden: Die DAV-Sektion Kaufbeuren-Gablonz sanierte und erweiterte das alte Gebäude und erweiterte es um einen Outdoor-Kletterturm. Mit seinen etwa 160 Routen ist das Kletterzentrum Kaufbeuren seither ein wichtiger regionaler Anlaufpunkt vor allem auch für Jugendliche und Familien. Weiterklettern: https://www.alpenverein-kaufbeuren-gablonz.de/Kletterzentrum

Gelnhausen: Klettern im ehemaligen Wasserturm

Der Wasserturm Gelnhausen lädt sowohl im Inneren als auch im Außenbereich zum Bouldern und Klettern ein. Mit viel Eigenleistung haben Mitglieder der DAV-Sektion Hanau dem Turm vor einigen Jahren neues Leben eingehaucht. Weiterklettern: https://www.dav-hanau.de/klettern/wasserturm/infos

Outdoor-Routen können aus Denkmalschutz-Gründen am DAV Kletterturm Moosburg zwar nicht begangen werden, aber 11 Kletterlinien mit je 3 bis 4 Kletterrouten warten im Inneren, außerdem gibt es einen Boulderbereich. Weiterklettern: https://www.dav-moosburg.de/Kletterturm

Wiesenburg: Klettern im ehemaligen Heizwerk

Nomen est omen: Die Sektion Hoher Fläming nennt mit der DAV Kletteranlage Altes Heizwerk ein Gebäude ihr eigen, das einst Wärme geliefert hat. Heute wird einem spätestens beim Erklettern des hohen Schornsteins warm. Weiterklettern: https://davhf.de/kletteranlage/ 

Rehau: Klettern in der ehemaligen Feuerwache

Die ehemalige Wache der Freiwilligen Feuerwehr Rehau hat sich in das neue Vereins- und Kletterzentrum der DAV-Sektion Hof verwandelt. In einem ersten Schritt wurde ein 15 Meter hoher Kletterturm gebaut, in der einstigen Fahrzeughalle kann jetzt gebouldert werden. In einem weiteren Gebäudeteil soll bald eine Indoor-Klettermöglichkeit folgen. Weiterklettern: https://www.dav-hof.de/kletterwache95111/  

Feuchtwangen: Klettern am ehemaligen Zwinger

Klettern im einstigen Stadtmauerturm, das geht in der DAV Kletteranlage am Zwinger der DAV Sektion Feuchtwangen. Als Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung diente der „Stadtmauerturm am Zwinger“ der Verteidigung. Heute steht er unter Denkmalschutz – sein Äußeres darf nicht verändert werden und so liegen seine wahren Kletter-Werte im Innern. Weiterklettern https://alpenverein-feuchtwangen.de/kletterturm/bildergalerie/

Pirna: Klettern in der ehemaligen Kirche

„Klettern statt Knien“, heißt es bald auch beim DAV: Die Pirnaer Ortsgruppe des Sächsischen Bergsteigerbunds SBB verwandelt derzeit die Pirnaer Hospitalkirche in eine Kletterkirche. Für Herbst 2024 ist die Einweihung geplant. 

Klettern in der Kirche – die Vorbereitungen laufen, die ersten Routen sind geschraubt, ab Herbst 2024 geht es in Pirna richtig los. Foto: Gunter Thar

Klettern im öffentlichen Raum

Köln: Klettern an der Brücke

In Köln kann man an der Kletteranlage Hohenzollernbrücke frei zugänglich an einem historischen Baudenkmal klettern – deutschlandweit dürfte das einmalig sein; einzig die einmalige Anmeldung zum Klettern beim Kölner Alpenverein ist nötig. Ob diese Anlage als echte „künstliche Kletteranlage“ gezählt werden darf oder doch eher einem Klettergarten ähnelt, sei dahingestellt. Wir führen sie hier aufgrund der urbanen Klettermöglichkeit mit auf. Weiterklettern: http://hohenzollernbruecke.de/

Klettern erlaubt am Baudenkmal – etwa 70 Routen gibt es an der Kölner Hohenzollernbrücke. Foto: DAV Rheinland-Köln

Cannstadt: Klettern an Pfeilern

Etwa kurios ist die Lage des Cannstatter Pfeiler bei Stuttgart: Über den alten Brückenpfeilern aus Sandstein hinweg führt nämlich auch heute noch modernisiert eine Stahlbetonbrücke, über die die Züge rauschen. In dieser ungewohnten Umgebung sind die senkrechten, 18 Meter hohen Pfeilerwände bekannt als „kantig, kultig, kräftezehrend“. Weiterklettern: https://www.alpenverein-stuttgart.de/pfeiler.html

Der alte Canstatter Pfeiler unter der jüngeren Eisenbahnbrücke. Foto: DAV Stuttgart

Kletterpfeiler Waldaschaff: An zwei stehengebliebenen Brückenpfeilern der Kauppenbrücke, die den Ort Waldaschaff ehemals überspannte, hat die DAV-Sektion Aschaffenburg 2014 als Teil eines Freizeitgeländes einen Klettergarten eingerichtet. Weiterklettern: https://www.alpenverein-aschaffenburg.de/29-0-Kletterpfeiler.html

Der Kletterpfeiler Gräfendorf wiederum ist ein frei stehender Brückenpfeiler, über den sich nie eine Brücke spannte. Er ist das Überbleibsel der sogenannten Strecke 46, ein knapp 70 Kilometer langes, unvollendetes Autobahnteilstück aus dem Dritten Reich. Heute ist der Pfeiler aus gemauerten Sandsteinblöcken ein begehrtes Ausflugsziel für Kletternde von nah und fern. Die DAV-Sektion Main-Spessart kümmert sich seit 2007 darum. Weiterklettern: https://www.dav-main-spessart.de/klettern/kletterpfeiler/

Klettern am künstlichen Felsen

Der DAV Kletterturm Teufelsberg in Berlin ist eine der ältesten künstlichen Kletteranlagen in Deutschland. Nachdem die Westberliner Kletterszene mit dem Mauerbau 1961 Klettergebiete rund um die Stadt nicht mehr nutzen konnte, dauerte es einige Jahre, bis eine künstliche Übungsanlage eingerichtet war. Das Konzept des Turmes – gestalteter Spritzbeton auf Betonunterkonstruktion – hat sich bewährt und die vielfältigen Kletterrouten machen den Turm auch heute noch zur beliebtesten Kletteranlage in Berlin. Weiterklettern: https://dav-berlin.de/klettern/kletteranlagen/kletterturm-teufelsberg/

Eine der ältesten künstlichen Kletteranlagen hierzulande steht am Berliner Teufelsberg – ein Trümmerberg und damit selbst künstlich. Foto: Dieter Engel

Die Idee eines künstlichen Kletterfelsens griffen unlängst auch die Sedlitzer Bergfreunde, eine Sektion des DAV, auf: sie haben mit der Landmarke Sedlitzer Turm bei Senftenberg 2023 wieder einen „echten“ künstlichen Kletterfelsen geschaffen. Übrigens: In Sachsen werden Kletterrouten oft Kletterwege genannt. In Sedlitz gibt es 22 davon – im Sächsischen Schwierigkeitsgrad III bis IXa (3+ bis 8- UIAA). Weiterklettern: https://landmarke-sedlitzer-turm.de

Klettern & Upcycling

Außergewöhnlich ist der K4 Kletterfelsen in Leipzig: Unter der Felsplatte dieser künstlichen Kletteranlage verbergen sich zahlreiche Platten aus abgetragenen Plattenbauten des Stadtteils Grünau. Weiterklettern: https://www.dav-leipzig.de/Bergsport/kletteranlagen/Kletterfelsen%20K4

Ein zweites Leben als Kletterfels haben Platten ehemaliger Hochhäuser in Leipzig-Grünau begonnen. Foto: Olaf Rieck

Auch der Wuhletalwächter in Berlin baut auf Plattenbauten, allerdings besteht der Betonkern hier aus ehemaligen Balkonbrüstungen, die mit einem Spritzbeton eine naturnahe Gestalt erhalten haben. Weiterklettern: https://www.alpinclub-berlin.de/Kletteranlagen/Aussenanlagen/Wuhletalwaechter

Ähnlich zu seinem neuen Zweck überführt wurde in Baden-Württemberg der alte Holzspäneturm einer Glaserei: Mitglieder der Sektion Pfullendorf bauten die acht Betonringe des Turms ab und am neuen Standort wieder auf. Ein schützendes Holzdach darüber … und fertig war der DAV Kletterturm Pfullendorf. Weiterklettern: https://www.dav-pfullendorf.de/gruppen/kletterturm

Übrigens

In vielen der DAV-Kletteranlagen kannst du auch als Neuling zum Schnupperklettern oder Schnupperbouldern vorbeikommen. Oder du meldest dich für einen Kurs an, um den Kletterschein zu bekommen und fortan selbständig mit einer Partnerin oder einem Partner zu klettern …

Ein wenig Theorie vorab gibt es unter dem Stichwort "Klettern: So geht's".

Eine DAV-Kletteranlage auch in deiner Nähe findest du in der Kletterhallensuche.

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