Heidnische und christliche Traditionen
Die mit dem 15. Juni (St. Vitus) einsetzenden Sonnwendtage prägen das Handeln und Denken der Menschen schon immer – angefangen in der Jungsteinzeit, 3000 vor Christus mit dem Bau der Steinkreise von Stonehenge. Ihre Konstruktion ist exakt auf die Sonnenwende hin ausgerichtet. Diese Bauweise lässt sich auch bei in Bayern entdeckten Anlagen, zum Beispiel der Kreisgrabenanlage bei Landshut aus dem 5. Jahrtausend vor Christus feststellen.
Die Feier des längsten Tages und der kürzesten Nacht im Jahr hatte vor allem in den germanischen, nordischen, baltischen, slawischen und keltischen Religionen einen festen Platz. Für die Germanen und Kelten war die Sommersonnenwende ein Höhepunkt im Jahr, ein geheimnisumwitterter Tag, an dem die Fruchtbarkeit geehrt wurde. Dies mit einem Feuer zu begehen, hat bei heidnischen oder neuheidnischen Religionsgemeinschaften Tradition. Mit den Feuern sollen böse Geister vertrieben und so für eine reiche Ernte gesorgt werden.
Mit der Christianisierung Europas wurden die heidnischen Hintergründe verdrängt, die Feier der Sommersonnenwende wird nun auch oft mit dem Tag des Hl. Johannes (Johannes dem Täufer) am 23. Juni zusammengelegt. Schon Tage vor den Feierlichkeiten ziehen Holzsammler von Haus zu Haus, um Holzspenden zu erbitten – je größer das Feuer, umso segensreicher.
Brandkatastrophen und kulinarische Köstlichkeiten
Verschiedene Ereignisse sorgten für ein Aussetzen dieser Bräuche. Häufig auch innerhalb der Städte entzündet, waren die Feuer Ursache für zahlreiche Brandkatastrophen. Im 20. Jahrhundert dagegen wurden Sonnwendfeiern durch die Nazis verunglimpft. Erst in den 1970ern wurde die Tradition wieder populär, heute steht der christliche Hintergrund bei der Entzündung der Feuer aber eher im Hintergrund. Stattdessen begrüßen zahlreiche Schaulustige den Sommer mit Musik und kulinarischen Köstlichkeiten, so zum Beispiel an der Zugspitze oder am Wilden Kaiser. Viele Bergfeuer werden heute zum immateriellen Weltkulturerbe gezählt.
Bergfeuer in Deutschland und Europa
Für Feuer und Feierlichkeiten gibt es jedoch weitaus mehr Anlässe als nur die Sonnwendfeiern. Und auch in anderen Ländern, zum Beispiel in Spanien oder Italien, gehört das Entzünden von Bergfeuern zum Brauchtum.
In der Fränkischen Schweiz wird die Ewige Anbetung mit Bergfeuern und Lichterprozessionen gefeiert. Anlass war die Verfügung des Bamberger Fürstbischofs im 18. Jahrhundert, zwischen Weihnachten und Heiligdreikönig jeden Tag in einer anderen Kirchengemeinde einen Tag des Gebetes vor einer Hostie abzuhalten.
In der Eifel wird der Winter verbrannt und ein guter Sommer heraufbeschworen. Das Hüttenbrennen geschieht traditionell am Schafssonntag, dem ersten Sonntag nach Fasching.
Im Allgäu nennt sich dieser Tag Funkensonntag und dient auch dazu, den Winter endgültig auszutreiben. Dazu werden bis zu 30 Meter hohe Scheiterhaufen errichtet. Über dem Haufen hängt an einer Stange die Funkenhexe. Sie ist vielerorts mit Schwarzpulver gefüllt und explodiert idealerweise mit einem großen Knall. Das verheißt Glück. Fällt der Funkenturm um, bevor die Hexe brennt, soll das Unglück bringen.
In Südtirol geht die Tradition der Bergfeuer wie in vielen Alpenregionen auf die vorchristliche Zeit zurück. Die Sonnwend- bzw. Johannisfeuer sind bereits ab dem 12. Jahrhundert schriftlich belegt. Mit dem Einmarsch der Truppen Napoleons Ende des 18. Jahrhunderts änderte sich der Brauch. Der „Herz-Jesu-Schwur“ bildet die Grundlage für die Feierlichkeiten, die seitdem jedes Jahr am Herz-Jesu-Samstag oder -Sonntag stattfinden und an den überraschenden Sieg über die Franzosen gedenken. Dabei erleuchten die Herz-Jesu-Feuer, oft in Form christlicher Symbole wie Kreuze oder Inschriften, den Himmel.
Auch in Spanien, genauer in den Pyrenäen-Regionen Aragonien und Katalonien, werden zu Ehren des Heiligen Johannes (Sant Joan) in der Nacht von 23. auf 24. Juni Feuer, die Fallas del Pirineo, entzündet. Dabei gehen die Teilnehmenden vom höchsten Punkt des Ortes aus durch die Straßen und tragen dabei traditionell hergestellte, brennende Fackeln ("fallas"), zeichnen mit dem Feuer Formen in die Luft und tanzen. Häufig werden die Fackeln dann in ein auf dem Dorfplatz entfachtes Johannisfeuer geworfen. Dieser Brauch steht je nach Ortschaft für den Eintritt ins Erwachsenenalter, Fruchtbarkeit oder Reinigung.
Die Schweiz feiert ihren Nationalfeiertag am 1. August unter anderem mit Bergfeuern. Diese sollen an die Vertreibung fremder Vögte im 14. Jahrhundert erinnern.