Geltungsbereich
Nicht gemeint sind an dieser Stelle Schwindelempfindungen, die bei Tiefblicken auftreten (diese werden unter „Höhenphobie“ beschrieben.)
Die bei plötzlicher Schwäche und Kräfteverlust genannten Gründe können auch auf Schwindelerfahrungen zutreffen. Also: Konditionelle Überforderung, Dehydrierung, Entkalorisierung (Hungerast), Hitzeexposition, Schlafmangel oder Restalkohol. Außerdem Inkubationszeit bei noch nicht symptomatischen Infekten, Zykluseinflüsse oder auch Stressoren außerhalb der Berge.
Ad-hoc-Maßnahmen und -Verhalten
Bei Schwindel sofort reagieren:
Stabilisiere und sichere die Situation: Wenn das Schwindelempfinden im Stehen auftritt und nicht sofort vergeht, dann setze oder leg dich hin und warte etwas ab. – In der Regel wirst du selbst spüren, ob du dich wieder aufsetzen bzw. ob du sicher stehen kann.
Fokussiere deinen Blick auf haltgebende Reize, also auf feste Gegenstände und Dinge in der Nähe, eventuell auch auf den Horizont. Meide Tiefblicke.
Beruhige dich über Zwerchfellatmung (Bauchatmung) bzw. über eine verlängerte Ausatmung.
Stärke, erhole und kräftige dich: iss einen Happen, trink etwas. Achte außerdem auf dein Wärmemanagement – bei Kälte ziehe etwas an, bei Überhitzung verschaffe deinem Körper Abkühlung.
Versuche, dir über die Ursache deines Schwindels klar zu werden: Handelt es sich um plötzliche Schwäche und Kraftverlust? Hast du dich erschrocken? Bist du überanstrengt? Oder waren Tiefblicke, schnelle Kopfbewegungen oder Probleme mit Sehhilfen der Auslöser?
Wichtig: Gelände, das sicheres Gehen verlangt, solltest du nur begehen, wenn dein Schwindel mit Hilfe einer oder mehrerer Ad-hoc-Maßnahmen abgeklungen ist. Das wird der Regelfall sein. Klingt der Schwindel trotz der beschriebenen Maßnahmen nicht ab und müsstest du zwingend exponierte und gefährliche Geländestellen passieren, dann rufe (sofern nicht die Sicherung innerhalb einer Gruppe erfolgen kann) stattdessen die Rettung.
Theoretischer Hintergrund
Schwindel kann auch nach schnellen, ruckartigen Kopfbewegungen auftreten und wenn der Fokus zwischen Nähe und Ferne wiederholt und schnell verändert wird. Beide Faktoren treten in der Regel gemeinsam auf. – Man denke nur an den Fall, eine steinschlaggefährdete Rinne zu queren, wobei man auf die kommenden Tritte achten muss, zwischendurch aber schnell nach oben schaut. Derartige Schwindelempfindungen sollten jedoch zügig abklingen, sowie der Fokus wieder stabilisiert ist bzw. sollten ausschließlich bei den genannten, schnellen Bewegungen als Sekundenphänomen auftreten. Vorbeugen lässt sich diesem Fall, indem man schnelle Kopfbewegungen und Fokusveränderungen vermeidet; mit der erwähnten Einschränkung: man kann solche Bewegungen nicht immer kontrollieren!
Bei Brillenträger*innen mit einer schlechten Fernsicht (also mit Kurzsichtigkeit, Myopie) erzeugt die Brille (sofern es sich nicht um eine Gleitsichtbrille handelt) auf die Nähe ein vergleichsweise unscharfes Bild. Ist der Blick auf die Füße bzw. ein fußnahes Objekt (z. B. einen Stein auf dem Weg) gerichtet, erscheint dieses minimal näher oder ferner im Vergleich zur körperlich empfundenen Lage des Fußes (oder alternativ der Hände). Diese Situation ist im Alltag unproblematisch, wird jedoch im Schrofengelände, wo es auf genaues Trittfassen und mitunter auch Abstützen und Greifen ankommt, für das Gleichgewichtsorgan schnell zu einer Herausforderung – leichte Schwindelempfindungen können die Folge sein. Bei stark gekrümmten optischen Brillen kann sich dieses Missempfinden noch verstärken. Hier gilt es jeweils auszuprobieren, mit welcher Brille man bestimmte Geländepassagen am besten begeht oder ob man die Brille auf kürzeren Wegstrecken absetzt.
Schwindel kann schließlich auch dann auftreten, wenn das Gleichgewichtsorgan zu wenig Reizinput bekommt: So kann das Gleichgewichtsorgan im Ohr bei einer Rast auf einem ausgesetzten, freistehenden Gipfel unterversorgt sein, worauf es mitunter mit Schwindel reagiert. Hier kann ein Orientierungspunkt, z. B. das Gipfelkreuz, als Wahrnehmungsanker helfen, wobei es völlig genügt, den Kopf so zu drehen bzw. sich so zu positionieren, dass der Orientierungspunkt in den Blickwinkel rückt.