Skitour
Wer auf Skitour gerne zügig unterwegs ist, ist mit einem leichten Skitourenschuh gut bedient. Foto: DAV/Klaus Listl
Der richtige Skitourenschuh

Schuhe zum Gehen und Fahren

Die Idee ist uralt. Gleiten im Schnee. Bergauf, bergab, steil oder flach. Ski, Bindung und Felle? – Alles wichtig! Doch am Ende entscheidet oft der Skitourenschuh über Freude oder Qual.

Was zeichnet einen guten Tourenskischuh aus?

Passform:

Ein guter Schuh liegt eng an und gibt Halt. Er umschließt den ganzen Fuß fest, ohne zu drücken.

Schaftrotation:

Je beweglicher der Schaft ist, desto angenehmer ist das Gehen! Wer nicht nur von der Bergstation zum nächsten Hang möchte, sucht sich einen Schuh mit mindestens 60 Grad Schaftrotation.

Flex:

Der Flex bezieht sich auf die Steifigkeit eines Schuhs bei verriegeltem Schaft im Abfahrtsmodus: Je höher der Flex-Wert, desto steifer der Schuh – und desto unbeweglicher ist das Sprunggelenk! Um Kurven sauber zu steuern und auch Unebenheiten wie Buckel und Wellen auszugleichen, ist ein gewisses Maß an Beweglichkeit im Sprunggelenk nach vorne, nach schräg links vorne und nach schräg rechts vorne unabdingbar. Der Flex muss zu Fahrweise und Körpergewicht passen. Wer besonders schnell fährt oder besonders viel wiegt, verursacht einen hohen Krafteintrag auf den Schaft. Empfehlenswert sind daher Modelle mit einem hohen Flex-Wert (z.B. 130 aufwärts). Umgekehrt verhält es sich bei genussorientierten Fahrer*innen und sehr leichten Personen.

ACHTUNG:

  • Ideal ist ein progressiver Flex, der bei Beugung kontinuierlich fester wird.

  • Die Flex-Werte sind nicht standardisiert, geben aber ausreichend Orientierung.

Wie lassen sich Skitourenschuhe unterscheiden?

Abfahrtsorientierte Skitourenschuhe kommen für alle in Frage, denen die Abfahrt wichtiger ist als ein möglichst kraftsparender und komfortabler Aufstieg. Für hohe Geschwindigkeiten im Gelände eignen sich eher breite und stabile Ski. Analog dazu müssen auch die Schuhe steifer und stabiler sein. Dieses Plus an Stabilität bedeutet ein Plus an Material und damit ein Plus an Gewicht.

Aufstiegsorientierte Skitourenschuhe richten sich an alle, denen eine rasche Aufstiegszeit sehr wichtig ist. Die leichte Bauweise dieser Schuhe ermöglicht mehr Sensibilität für Tritte im felsigen oder felsdurchsetzten Gelände. Alpinistisch Ambitionierte wissen das zu schätzen. Die Ultraleichtexemplare unter den aufstiegsorientierten Skitourenschuhen sind nur dann interessant, wenn man das Skibergsteigen als Wettkampfsport betreiben will.

Leichte Skischuhe kombiniert man mit leichten Tourenski. Ansonsten drohen vorzeitiger Verschleiß und Verletzungsgefahr.

Allround-Skitourenschuhe bieten im Aufstieg wie bei der Abfahrt eine akzeptable Performance: Leicht genug, um bergauf etwas Kraft zu sparen – stabil genug, um zügig abzufahren. Auch die letzten Meter vom Skidepot zum Gipfel lassen sich damit meistern, ohne kalte Füße zu bekommen.

Welche Konstruktionen sind verbreitet?

  • Beinahe alle aktuellen Skitourenschuhe ermöglichen die Verwendung von Pin-Bindungen. Beim Kauf sollte man dringend überprüfen, ob die Schuhe auch tatsächlich mit der vorgesehenen Bindung harmonieren.

  • Die Arretierung des Schafts für die Abfahrt erfolgt meistens durch das Umlegen eines Hebels. Dann kann der Schaft nicht nach hinten rotieren.

  • Aufstiegsorientierte Skitourenschuhe haben eine dünnwandige Schale und sind nur an statisch neuralgischen Punkten mit etwas mehr Material verstärkt. Eine stabile Zunge am Außenschuh fehlt oftmals. Stattdessen kommen textile Elemente zum Einsatz, die vor Nässe schützen. Die Anzahl der Schnallen ist stark reduziert. Häufig findet man das so genannte Boa-Verschlusssystem. Hierbei wird eine dünne Stahlschnur durch einen Drehverschluss gespannt. So wird der Druck gleichmäßig verteilt und Gewicht eingespart. Sohle, Innenschuh sowie die Einlegesohle des Innenschuhs sind bei den „Aufsteigern“ ebenfalls gewichtsreduziert.

  • Abfahrtsorientierte Skitourenschuhe weisen häufig eine durchgehende Hartschalenzunge und sich überlappendes Material im Bereich des Vorfußes und des Schaftes auf. Dazu kommen vier solide Bügelschnallen für optimalen Halt. Der Arretiermechanismus des Schaftes für den Abfahrtsmodus ist groß dimensioniert und robust. Häufig ist auch der Innenschuh im Bereich des Schaftes bis hinunter zum Knöchel verstärkt.

  • Allrounder vereinen Elemente aufstiegsorientierter Schuhe mit Elementen, die von Freeride-Modellen bekannt sind. Auffällig sind hier beispielsweise Zungen mit Aussparungen. Das bedeutet weniger Gewicht und mehr Beweglichkeit im Aufstieg. Werden alle Schnallen geschlossen, ist genug Stabilität für die Abfahrt vorhanden.

Bestandteile eines Skitourenschuhs und verschiedene Bauformen. Illustration: Georg Sojer

Welche Materialien kommen zum Einsatz?

Drei verschiedene Werkstoffe haben sich derzeit etabliert: Pebax, Grilamid und Carbonfaser. In der Praxis werden diese Werkstoffe auch kombiniert. Bei manchen Modellen bestehen z.B. die Schaftrückseite und die Unterschale aus Grilamid, die Schaftvorderseite im Schienbeinbereich und die Zunge dagegen aus Pebax.

Materialien von Skitourenschuhen, ihre Vor- und Nachteile. Auflistung: Martin Prechtl

Wie erhöht man die Lebensdauer von Skitourenschuhen?

  • Nach Gebrauch Schale, Innenschuhe und Einlegesohle separat trocknen lassen.

  • Den direkten Kontakt mit Hitzequellen wie Ofen oder Heizkörper meiden.

  • Grobe Verunreinigung der Schale mit Seifenlauge und Schwamm entfernen.

  • Innenschuhe und Einlegesohlen nur von Hand waschen. Im Notfall ersetzen. Keine Waschmaschine!

  • Nach dem Trocknen Schuh sofort wieder zusammenbauen, Schnallen schließen.

  • Trocken und lichtgeschützt lagern.

Achtung:

  • Skitourenschuhe sind ausgelegt auf ca. 150 bis 200 Zyklen. Im Lauf der Zeit verflüchtigen sich die Weichmacher der Kunststoffe. Der Schuh verliert seine Elastizität.

  • Besonders leichte Skitourenschuhe verschleißen schneller. Sie sind daher weniger nachhaltig.

Wie findet man den passenden Skitourenschuh?

  • Vorab: Einsatzbereich und dazu passende Kategorie des Schuhs definieren.

  • Vorab: Schuhgröße in Zentimeter ermitteln (Mondopoint-Tabelle), Skitourenschuhe nicht zu groß wählen – Verletzungsgefahr!

  • Vorab: Eigene Leistenbreite ermitteln, Skischuhe nach Leistenbreite sortieren. Die Webseiten der Hersteller geben Auskunft.

  • Beratung und Probe im Fachgeschäft, eigene Skisocken mitnehmen.

  • Ausgleichssohlen anfertigen lassen – diese können in verschiedenen Skischuhen getragen werden.

  • Thermoverformbare Innenschuhe anpassen lassen, dabei Ausgleichssohle einlegen.

  • Skischuhe 20 bis 30 Minuten anbehalten, anschließend Druckstellen markieren.

  • Spezielles Bootfitting: Hier wird ausgebeult oder gefräst, ohne den Schuh zu zerstören.

Achtung:

  • Die Verbindung einer hoch platzierten Arretierung mit einem steifen Carbonschaft lässt wenig Beweglichkeit im Sprunggelenk: Fahrspaß ade!

  • Für sportliche, fahrtechnisch fortgeschrittene Tourengeher*innen mit 70 bis 80 kg reicht ein Flex-Wert von 100 bis 120. Flex-Wert zu hoch: Fahrspaß ade!

  • Eine Rennsport-Geometrie (Vorlagewinkel Schaft > 15 Grad) und sehr leichte Schuhe setzen ein sehr hohes Fahrkönnen voraus.

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