In einem aufgeschlagenen vergilbten Heft ist auf einer sonst leeren Seite zu lesen:
Was genau ist das? Foto: AdobeStock
Austausch in der Gruppe

Das ist ...: Kommunikation (beim Wandern)

Für eine rundum gelungene Bergtour ist eine gute Kommunikation in der Gruppe essenziell.

Eine gute Kommunikation in der Gruppe zu pflegen, trägt entscheidend zum Gelingen einer Bergtour bei: Eine offene Kommunikation, die alle Gruppenmitglieder berücksichtigt, ist die Grundlage für eine erfolgreiche Bergwanderung frei von unerwarteten, individuellen Bedrängnissen; genauso trägt sie dazu bei, mit einem Unfall bestmöglich umzugehen, der Einzelne oder die ganze Gruppe betrifft.

Zu einer guten Kommunikation gehört es, eine offene, ehrliche Haltung gegenüber seinen eigenen Bedürfnissen und Leistungserwartungen einzunehmen, diese klar und transparent gegenüber anderen zu formulieren und auch anderen Gruppenmitgliedern aktiv zuzuhören, um ihre Standpunkte und Bedürfnisse zu verstehen. Dazu ist es hilfreich, von Beginn an eine Gruppenkultur zu pflegen, in der man offen über die jeweiligen Erwartungen, Wahrnehmungen, Einschätzungen und Bedürfnisse sprechen kann. Dazu braucht es keine große Gesprächsrunde, in der alle Befindlichkeiten geteilt werden. Vielmehr genügen oft eher randläufige Bemerkungen wie zum Beispiel „Bin gespannt, wie warm es oben im Latschenfeld wird“, oder auch „Mal sehen, ob das Wetter so hält, wie es der Wetterbericht versprochen hat“. – Solche Fragen lassen sich auch im Gehen laut stellen. Nicht umsonst spricht man vom „Schweigen brechen“. Es ist viel schwieriger, in einer Gruppe das Schweigen zu brechen, als einen losen Austausch wieder aufzunehmen.

Zu einer guten Kommunikation gehört es auch, unangenehme Dinge anzusprechen und so den Austausch innerhalb der Gruppe zu verschiedenen Themen zu verbessern. Ist man der Meinung, dass in einer Gruppe zu wenig über wichtige Aspekte gesprochen wird, die eine Wanderung betreffen, kann man bei der nächsten Wanderung am besten selbst und ganz bewusst den losen Austausch starten.  

Im Folgenden sind einige Voraussetzungen für eine gute Kommunikation näher ausgeführt:

Kenne deine eigene Leistungsfähigkeit bzw. deine Leistungsgrenzen und plane die Tour in der Gruppe:

Wer im Vorfeld einer Tour seine eigene mentale und körperliche Leistungsfähigkeit gut kennt, kann – schon bevor der erste Schritt gemacht ist – mit den Tourenpartner*innen offen kommunizieren: Welche Art von Tour ist einem selbst möglich? Ebenso lässt sich so rechtzeitig "die Bremse ziehen", man kann Alternativvorschläge unterbreiten oder früh genug entscheiden, an der vorgeschlagenen Tour nicht teilzunehmen. Dies gilt für alle Bergwanderer*innen; sowohl jene, die sich als schwächeres Mitglied fühlen, als auch jene, die sich als stärker einschätzen. Klar und ehrlich über die jeweiligen Leistungsgrenzen zu sprechen, hilft der Gruppe in jeder Phase der Tourenplanung, genauso wie während der Tour selbst, um sich an die Bedürfnisse und Grenzen (der jeweils anderen) zu erinnern.

Teile deine eigenen Bedürfnisse (möglichst frühzeitig) mit:

Offen über unsere Bedürfnisse bezüglich der Tour und des gemeinsamen Unterwegsseins zu sprechen, ist eine der wichtigsten Voraussetzung für eine gelungene Kommunikation in der Gruppe.

Für gewöhnlich wird ein freundliches, nicht-forderndes Formulieren der eigenen Bedürfnisse als Wunsch oder Möglichkeit („Heute ist mir mehr danach, ...“), die Verwendung von Konjunktiven oder vagen Formulierungen („Wie wäre denn die Idee, dass wir ...“) und ein loser Austausch über die Erwartungen an bzw. die Vorstellungen über die Tour („Bin ja mal gespannt, wie das da oben am Grat wird.“) die Kommunikation in der Gruppe verbessern.

Dabei ist hilfreich, sich auf möglichst konkrete Situationen oder Erwartungen zu beziehen. All das hilft den anderen Gruppenmitglieder, die Aussagen zu verstehen und die angesprochenen Bedürfnisse besser anzunehmen. Je früher Bedürfnisse formuliert werden und je weniger diese dringlich und akut sind, desto weniger werden die anderen davon überrascht sein. Zudem ist es einfacher, gemeinsame Lösungen zu finden bzw. diese bereits bei der Tourenplanung zu berücksichtigen; all das verbessert den Gruppenzusammenhalt.

Dazu noch ein Beispiel: Wenn ein Gruppenmitglied erst spät ein (zu) schnelles Gehtempo anspricht, oder wenn er sie erst am Beginn eines Berggrat mitteilt, nicht schwindelfrei zu sein, dann werden sich die anderen Gruppenmitglieder von dem plötzlichen Bedürfnis nach Pause oder Umkehr möglicherweise überrumpelt fühlen. Zudem hat die Gruppe, je später Einwände kommen, immer weniger Handlungsmöglichkeiten. Äußert man dahingegen das Bedürfnis nach einem langsameren Tempo, nach einem weniger ausgesetzten Weg etc. schon frühzeitig – idealerweise also bereits im Vorfeld, während der Planungsphase – dann kann die Tour von Beginn an entsprechend angepasst werden.

Zu diesem Teil einer guten Kommunikation gehört es auch, die eigenen Bedürfnisse nicht hinter vermeintlichen Gruppenbedürfnissen zu verstecken. Steht beispielsweise eine Entscheidung über eine längere oder kürzere Variante an und der Eindruck wird erweckt, dass alle anderen gerne die längere Variante laufen möchten, dann hat man zwei Möglichkeiten: entweder man vernebelt seine eigenen Bedürfnis und greift die wahrgenommene Gruppentendenz auf („Wir können schon noch die lange Strecke laufen, wenn das eh alle möchten ...“) oder man nimmt sich selbst ernst und äußert klar das Bedürfnis („Ich möchte gerne die kürzere Strecke gehen.“). Bei ersterer Art der Kommunikation kann es im ungünstigen Fall dazu kommen, dass sich alle Gruppenmitglieder hinter dem vermeintlichem Gruppenbedürfnis verstecken und die Gruppe die lange Wegvariante geht, obwohl jedes einzelne Gruppenmitglied lieber die kürzere Variante gegangen wäre. Bei zweiterer Kommunikation werden die unterschiedlichen Bedürfnisse transparent; die Gruppe kann nun nach einer gemeinsamen Lösung suchen, die für alle passt.

Grundsätzlich gilt: Ich kann nicht davon ausgehen, dass andere meine Bedürfnisse kennen oder erraten.

Nimm die Bedürfnisse der anderen wahr:

Ebenfalls zentral ist es, nicht nur die eigenen Bedürfnisse mitzuteilen, sondern gleichsam offen für die Bedürfnisse der anderen Gruppenmitglieder zu sein.

Hierzu gehört zum einen, auf entsprechende Äußerungen zu reagieren und nachzufragen: Ein „Puh, ganz schön heiß heute!“ eines anderen Gruppenmitglied könnte zum einen einfach nur bedeuten, dass die Person feststellt, dass es eben heiß ist (Sachverhalt). Es kann aber auch Ausdruck des Bedürfnisses nach langsameren Gehtempo oder einer Trinkpause sein (Appell). – Was genau zutrifft, erfährt man durch bestätigendes und/oder wiederholendes Nachfragen: „Ja, wirklich ganz schön heiß ... sollen wir vielleicht langsamer gehen oder mal was trinken?“.

Das Wiederholen des Gesagten vermittelt der anderen Person, dass sie gehört wurde als auch alle Botschaften vollständig angekommen sind. Das Wiederholen kann auch immer dann sinnvoll sein, wenn nicht ganz klar ist, worum es geht, ob die Aussage also als Sachverhalt oder als Appell gemeint war. (Im Beispiel: Feststellung der hohen Temperatur vs. Wunsch nach Pause).

Auch sollte man nicht nur auf die Äußerungen der anderen durch Nachfragen reagieren, sondern selbst aktiv Offenheit signalisieren. Dies ist insbesondere dann hilfreich, wenn es ein Leistungsgefälle in der Gruppe gibt: Den weniger Ausdauernden bzw. den weniger Geübten in der Gruppe wird es leichter fallen, ihre Bedürfnisse mitzuteilen, wenn die Leistungsstärkeren Offenheit kommunizieren mit Aussagen wie: „Passt das Tempo oder sollten wir vielleicht langsamer gehen?“, „Bitte gebt Bescheid, wenn wir Pause machen sollen.“, „Fühlt sich jede(r) hier am Grat noch wohl, oder braucht jemand Unterstützung?“.

Kommuniziere in Gefahren- und Bedrängnissituationen klar und deutlich:

In Gefahren- und Bedrängnissituationen gilt uneingeschränkt: Es muss bestimmt und eindeutig kommunizieren werden. Ohne Konjunktive und ohne vage Formulierungen.

Kommt die Gruppe beispielsweise auf einen Grat und bemerkt erst dort, dass sich eine Gewitterwolke drohend über der dahinter liegenden Bergkette türmt, dann sind defensive Wahrnehmungs- und Bedürfnismitteilungen wie „Hm, könnte es vielleicht regnen? Ich bin mir gar nicht so sicher, ob ich den Grat jetzt noch unbedingt gehen muss ...“ unangemessen.

In allen Situationen, in denen das Wohlergehen eines einzelnen Gruppenmitglieds oder das der gesamten Gruppe gefährdet ist, muss die Situation („Mir ist schwindelig.“, „Da kommt ein Gewitter!“, ...) und die notwendigen Konsequenzen („Ich muss mich setzen und brauche eine Pause.“, „Wir müssen sofort umdrehen.“, ...) klar und für alle verständlich benannt werden.

Schlussfolgerung

Im Gebirge kann das Nicht-Äußern von Bedürfnissen sowie eine unklare Kommunikation der Gruppenmitglieder untereinander zu gefährlichen Situationen und (Beinahe-)Unfällen führen. Zum Beispiel, wenn man der Gruppe erst dann, wenn man an seine eigenen Grenzen gestoßen ist, mitteilt, dass man nicht mehr weitergehen kann/will. Im schlimmsten Fall gibt es in diesem Moment keine (Rückzugs-)Alternativen mehr, vielleicht hat sich auch noch das Wetter verschlechtert oder es dämmert bereits. Das Zusammenspiel all solcher Faktoren kann zu heiklen Situationen führen. Solche Gefahren können durch Selbstreflexion, dem Mut unangenehme Aspekte anzusprechen sowie durch eine transparenten Kommunikation vermieden werden.