Mit Kindern am Klettersteig
Mit Kindern am Klettersteig. Foto: DAV/Hans Herbig
Ausrüstung, Tipps und Touren

Mit Kindern & Jugendlichen am Klettersteig

Klettersteiggehen begeistert! Es ist eine tolle Betätigung zwischen Wandern und Klettern, ohne dass man aufwendige Sicherungstechniken anwenden muss. Im Klettersteig lässt sich der Wunsch nach einem Outdoor-Abenteuer erfüllen und gleichzeitig die Faszination der Natur erleben. Gerade deshalb sind Klettersteige auch für Kinder und Jugendliche ein ideales Terrain, um ihrem Bewegungsdrang gerecht zu werden.

Wer mit Kindern und Jugendlichen die flachen Wege verlassen will, sollte um die besonderen Bedürfnisse der Heranwachsenden wissen und die bereits vorhandenen Fähigkeiten richtig einschätzen können. So werden sie nicht überfordert und entwickeln eine vielleicht lebenslange Freude am Unterwegssein in der Natur.

Frühes Schulkindalter (6 bis 9 Jahre)

Durch die Einschulung wird der geistige und soziale Horizont von Kindern stark erweitert. Das Bewegungsrepertoire und die konditionellen Fähigkeiten verbessern sich stetig.

Familien können nun mit ihrem Nachwuchs wandern, bouldern und einfache, kurze Klettersteige begehen:

Empfohlene Touren

  • maximaler Schwierigkeitsgrad: B (Buchstabenskala), K 2 (HüslerSkala), MD (media difficolta, ITA), PD (peu difficile, FRA)

  • Höhenmeter inklusive Klettersteig: max. 500m

  • Gesamtzeitdauer: max. 4h

  • ideal: Zustieg ≤30 Min, einfacher Abstieg ≤ 45 Min

Beispieltouren

  • Ettaler Mandl (Ammergauer Alpen, A, bis 1633 m, Seilbahn ↨)

  • Konsteiner Klettersteig (Frankenjura, A)

  • Häntzschelstiege (Sächsische Schweiz, B)

Außerdem: 

  • Besser ohne oder nur mit sehr leichtem Rucksack

  • Körpergröße beachten, v.a. bei Quergängen und Trittstiften

Bereits im Grundschulalter haben die Kleinen Spaß am Kraxeln. Foto: DAV/Hans Herbig

Spätes Schulkindalter (9 bis 14 Jahre)

Kognition und Reflexion nehmen zu. Die Kinder sind nun in der „Schlüsselphase“ für das Bewegungslernen! Persönliche Interessen beginnen sich auszuprägen, die Körperproportionen harmonisieren sich mehr und mehr.

Ab 9 Jahren dürfen die Klettersteige schon anspruchsvoller werden. Foto: DAV/Hans Herbig

Kinder können nun bereits schwierigere und mittellange Klettersteige begehen:

Empfohlene Touren

  • maximaler Schwierigkeitsgrad: C (Buchstabenskala), K 3 (HüslerSkala), D (difficile, ITA), D (difficile, FRA)

  • Höhenmeter inklusive Klettersteig: max 1000m

  • Gesamtzeitdauer: max 6h

  • ideal: Zustieg ≤60 Min, einfacher Abstieg ≤ 60 Min

Beispieltouren

  • Mittenwalder Höhenweg (Karwendel, A bis B, bis 2384 m, Seilbahn ↑)

  • Hindelanger Klettersteig bis zur Hälfte (Allgäuer Alpen, B, bis 2280 m, Seilbahn ↨)

  • Alpspitzferrata (Wettersteingebirge, A bis B, bis 2620 m, Seilbahn ↨)

Jugendalter (14 bis 17 Jahre)

In der Pubertät treten wandelnde Interessen und Gefühlslagen auf. Fast alle Bergsportdisziplinen können betrieben werden, wobei Selbständigkeit und Selbstverantwortung gefördert werden sollen.

Zu Schwierigkeitsgrad, Gesamtzeitdauer und Höhenmetern erfolgt keine Angabe, da das Können sehr unterschiedlich sein kann. Übermut und falsche Selbsteinschätzung müssen in diesem Alter berücksichtigt werden.

Beispieltouren

  • Mindelheimer Klettersteig (Allgäuer Alpen, C, bis 2308 m, inkl. Hüttenübernachtung)

  • Mannlsteig – Schustersteig (Berchtesgadener Land, A bis B, bis 2522 m, Bus ↑)

Allgemein gilt:

Die angegebenen Richtwerte können unter- und auch behutsam überschritten werden. Im Vordergrund muss immer die Sicherheit und Passung an die Kondition zzgl. eines „Puffers“ stehen. Eltern müssen ihre eigenen Ambitionen zurückstellen und die Tour nach den Bedürfnissen ihrer Schutzbefohlenen ausrichten.

  • Zu- und Abstieg können durch absturzgefährliches Gelände führen. Solche Touren meiden bzw. nur mit trittsicheren und schwindelfreien Kindern begehen und sichern (Handfassung, kurzes Seil, paralleles Gehen).

  • Zeitbedarf großzügig und mit zusätzlichen Pausen planen.

  • Klettersteige nur in ausgeruhtem Zustand angehen, ausreichend trinken und essen.

  • Die schwierigsten Stellen des Klettersteigs sollten eher am Anfang sein, Notabstiegsmöglichkeiten einplanen.

Ausrüstung

  • Klettersteigset: Karabiner- und Handgröße sollten zusammen passen, Drehgelenke am Beginn der Sicherungsarme verhindern das Verwickeln derselben (Klettersteigset wie funktioniert das?).

  • Helm: Dieser sollte fest und angenehm auf dem Kinderkopf sitzen. Den Helm schon im Wandfußbereich bzw. am Einstieg anlegen!

  • Gurt: Beim Gurt gibts es folgendes zu beachten: Kinder können zusätzlich zum Sitzgurt mit einem Brustgurt angeseilt werden, um ein eventuelles Herausrutschen aus dem Sitzgurt beim Abkippen des Oberkörpers nach hinten nach einem Sturz zu vermeiden. Dafür gibt es entweder spezielle Komplettgurtsysteme oder getrennte Sitz- und Brustgurte für Kinder. Um den optionalen Brustgurt mit dem Sitzgurt zu kombinieren muss dieser mit einem Verbindungsstück (Bandmaterial mit mindestens drei Kennfäden, Herstellerangaben beachten!) befestigt werden. Beim zusätzlichen Brustgurt sind extra Handgriffe nötig, die Verbindung mit dem Sitzgurt muss exakt abgestimmt sein, der Hängekomfort ist dafür gut. Bei der Wahl des Gurtes ist entscheidend, dass die Schulterbänder nicht über die Schultern seitlich herunterrutschen können und alle Bänder exakt auf die Körperproportionen eingestellt sind. Klettersteigerfahrene Kinder und Jugendliche, die eine ausgeprägte Hüfte haben, können auch nur mit einem Sitzgurt klettern.

  • Handschuhe: Spezielle Handschuhe mit abgeschnittenen Fingerkuppen sorgen für den Schutz der Haut gegen Blasen, Abrieb und Stichverletzungen durch freistehende spitze Drahtseillitzen und halten warm.

Hinweise & Kriterien für Nutzung und Auswahl von Klettersteigsets

Die Norm für Klettersteigsets wurde 2017 erneuert. Zusätzlich zu 80 kg wird der Fangstoß bei 40kg und 120kg geprüft. Dennoch sollten Stürze vor allem bei Kindern unter allen Umständen vermieden werden. Kinder unter 40kg sollten vor allem in vertikalen Passagen mit einem Seil zusatzversichert werden.

Zusatzsicherung mit Seil

In manchen Situationen kann es ratsam sein, das Kind mit einem zusätzlichen Seil (Einfachseil, ca. 20-30 Meter Länge) nachzusichern:

  • Längere schwierige steile Passagen (ab C), in denen durch die Begleitung keine direkte Hilfe mehr möglich ist

  • Absturzgelände ohne Drahtseilsicherung

  • Falls das Kind mit Ausrüstung ein Gesamtgewicht von unter 40kg unterschreitet (Untergrenze Klettersteigset Norm)

  • Auf Wunsch des Kindes, bei Angst, zur moralischen Unterstützung und Zughilfe

Das mit Sackstich- oder Achterknoten direkt ins Seil eingebundene nachsteigende Kind sollte die Klettersteigsetsicherung dennoch ausführen, kann aber bei Bedarf (Kraftmangel, Zeitnot) auch entfallen – sofern keine Pendelgefahr besteht. Anderenfalls muss vor Quergängen eine Expressschlinge als Zwischensicherung eingehängt werden. Selbstverständlich muss der Standplatz (ein Sicherungsstift) hundertprozentig sicher sein. Die Sicherung erfolgt über einen HMS-Karabiner, der entweder direkt oder besser in eine kurze vernähte Bandschlinge als bewegbares Verbindungselement eingehängt wird. Selbstverständlich muss der Erwachsene auch immer selbst gesichert sein. Bei Quergängen muss das Kind das Klettersteigset zwingend weiter einhängen. Zum besseren Seilverlauf können auch hier Expressschlingen als Zwischensicherungen dienen.

Klettersteigsets mit kleineren Karabinern können Kindern das Handling erleichtern. Foto: DAV/Hans Herbig

Begleitung

Das Prinzip des „ständig gesichert Seins“ durch zwei immer eingehängte Karabiner am Drahtseil ist für Kinder leicht verständlich und auch die „lückenlose“ Umhängetechnik stellt kein Problem dar. Schwierig wird es, wenn das Umhängen im Steilgelände mit anstrengendem Halten verbunden ist. Hier fehlt oft die nötige Kraft. Entweder hält das Kind sich zur Entlastung mit dem Arm über die Ellenbogenbeuge fest oder man hilft hier als Begleitung schnell aus.

Grundsätzlich sollte man als Begleitung direkt hinter dem Kind steigen. Die Wegfindung stellt durch das vorgegebene Drahtseil kein Problem dar und man gerät nicht in Versuchung schnell mal ein Stück voraus zu gehen. Vor allem kann man von hinten jederzeit etwas Schub und Tritthilfe geben oder die am Drahtseil heruntergerutschten Karabiner hochreichen bzw. umhängen. Im schlimmsten Fall können auch kleine „Wackler“ abgefangen werden. Bei anderen Konstellationen wie der grundsätzlichen 1 Erwachsener:1 Kind empfehlen sich alternierende Reihungen, sodass ein Erwachsener immer das Schlusslicht macht.

Erwachsene, die mit ihren Kindern häufig unterwegs sind, können diese oft selber gut einschätzen, so dass auch eine individuelle Taktik gewählt werden kann, z.B. dass der Erwachsene vorausgeht. Letztendlich hängt die gewählte Reihung auch vom Gelände ab. So kann man beispielsweise auf einer senkrechten Leiter von hinten nicht so gut agieren wie im gestuften Gelände. Entscheidend ist, dass die Erwachsenen jederzeit dem Kind helfen können und sich ganz auf das Tempo, die Gefühlslage und Besonderheiten des Kindes einstellen. Nicht vergessen werden darf auch die eigene Sicherung!

Für Kinder sind Klettersteige toll – wichtige Sicherheitsaspekte muss man unbedingt beachten. Foto: DAV/Birgit Gelder

Weitere Info & Downloads

Der Sturz ins Klettersteigset bedeutet für Kinder Lebensgefahr. Dieses Ergebnis einer Untersuchung der DAV-Sicherheitsforschung hat vor einigen Jahren Bewegung in die Bergsportszene und Herstellerwelt gebracht.

Im Download sind die wichtigsten Ergebnisse und der aktuelle Stand der Entwicklung zusammengefasst.