Willkommen auf der Hütte
Der Gedanke, eine ganze Saison auf einer Berghütte zu verbringen, begleitet mich schon seit vielen Jahren. 2023 habe ich mich endlich dazu entschieden, mir diesen kleinen Traum zu erfüllen und mich im Januar 2023 bei mehreren DAV-Hütten als „Allrounderin“ beworben. Schließlich entschied ich mich für das Hohenzollernhaus, das auf 2.123m in den westlichen Ötztaler Bergen liegt. Die urige Hütte steht nun schon fast 100 Jahre auf einem Felssporn umringt von uralten Zirben-Bäumen und einer atemberaubenden Bergkulisse mit vielen Gipfeln über 3000 Metern. Nachdem Christine, die Wirtin der Hütte, mich vom Bahnhof in Landeck in Tirol abgeholt hatte, erwarteten mich Hüttenwirt Joe und Benni, der Koch, schon auf dem Hohenzollernhaus. Nach einer herzlichen Begrüßung bekam ich eine Führung und nebenbei wurde ich über die vielen Abläufe und zukünftigen Aufgaben informiert. Anschließend hatte ich Zeit, mir im Mädchenzimmer ein Bett auszusuchen und mich einzurichten.
Der nächste Tag begann mit einer Führung durch die Technik der Hütte. Der gesamte Stromverbrauch der Hütte wird autark von einem Wasserkraftwerk erzeugt. Eine Grundvoraussetzung für die Öffnung der Hütte ist demzufolge genügend Wasserzulauf aus dem Radurschlbach. Der Antrieb der Francis-Turbine erfolgt durch den Wasserdurchfluss mit 2,5 bar Druck. Dadurch erzeugt der Stromgenerator durchgehend 30 KW Strom. Sehr interessant war auch der Einblick in die biologische Kläranlage. Nach einer mechanischen Vorklärung erfolgt die biologische Klärung mit Wirbelbettbecken. In diesen findet die Zersetzung der festen Anteile durch Bakterien statt. Von dort geht das Abwasser ins erste und weiter ins zweite Absenkbecken. Am Ende der Kaskade läuft wieder reines Wasser in den Bach. Diese biologische Klärung wird mittels Probeentnahmen in der Saisonmitte auf richtige Funktionalität kontrolliert. Am Ende zeigte mir Joe noch die Fetttrennung des Spül- und Abwassers. Die Trinkwasserversorgung ist durch eine nahegelegene Quelle, die auch in trockenen Sommern genügend Wasser liefert, gewährleistet. Die Qualität des Quellwassers ist so gut, dass keine UV-Anlage dazwischengeschaltet sein muss. Die Qualitätskontrolle der Quelle erfolgt ebenfalls in der Saisonmitte.
Tagesabläufe und Aufgaben
Vor der Eröffnung wurde das Hohenzollernhaus einmal grundgereinigt. Ebenso war die Produktion von Tiroler Spinat- und Kaspressknödeln bereits vor Hütteneröffnung erfolgt und die Gefriertruhen waren gut gefüllt. Das Pfingstwochenende bescherte uns dank des schönen Wetters viele Tagesgäste, somit tauchte ich ohne große Vorkenntnisse gleich in den Service ein. Ich musste nicht nur die Getränke- und Speisekarte lernen, sondern mich auch mit den vielen einheimischen Stammgästen und der Tiroler Aussprache vertraut machen.
Meine Aufgaben während der gesamten Saison umfassten allerlei Tätigkeiten, die auf Berghütten so anstehen. Wir hatten eine 6-Tage-Woche mit einem festgelegten freien Tag. Für meine Kollegin Alexandra – sie war für zwei Monate gekommen – und mich begannen die Tage um sieben Uhr. Meist half ich bei der Zubereitung des Frühstücks und war für dessen Dauer als Servicekraft anwesend. Anschließend stand die Reinigung der Hütte, Gaststube, Toiletten und der Lager und Zimmer als weiterer Punkt auf dem Programm. Ebenfalls war das oft tägliche Kuchenbacken eine meiner Aufgaben. War mein Arbeitsbeginn erst um acht Uhr, so war ich überwiegend in der Küche mit abspülen, aufräumen und vorbereiten beschäftigt – zum Beispiel das Formen der beliebten Knödel. Zwischen halb elf und elf Uhr gab es eine kurze Kaffeepause, ab elf Uhr fing es dann auch schon mit dem Tagesgeschäft an. Ich wechselte immer zwischen Service und Mitarbeit in der Küche und Essensausgabe.
Da das Hohenzollernhaus im Jahr 2024 sein 100-jähriges Bestehen feiert, war es der DAV-Sektion Starnberg ein Anliegen, Verschönerungsmaßnahmen vorzunehmen. Für uns bedeutete das drei Wochen Baustelle rund um die Hütte. Diese bekam ein neues Schindelkleid und alle Fensterläden wurden rot-weiß angestrichen, ihre ursprüngliche Farbe. Im Juli war auch die beste Zeit für Joe, auf die hohen Zirben zu klettern und die Zapfen zum Ansetzen des bekannten Zirben-Schnaps zu ernten. Mittlerweile war der Schnee auch auf den umliegenden Gipfeln geschmolzen, die Alpenrosen blühten und färbten alle Hänge rosarot. Während sich die Steinböcke anfangs in Hüttennähe zeigten, waren sie nun in den höheren Lagen unterwegs. Dafür gab es jede Menge Ziegen, Schafe und Kühe, das Pfeifen der Murmeltiere hörte man in Hüttennähe. Ebenfalls vom Gastgarten aus konnte man Steinadler und Bartgeier beim Flug beobachten.
Das unbeständige Wetter im Juli führte dazu, dass sehr viele Reservierungen abgesagt wurden und wir bei schlechtem Wetter oft mit nur wenigen Gästen auf der Hütte waren. Bei guter Witterung und einer belegten Hütte dagegen begann der Arbeitstag um 7:00 Uhr und endete erst gegen 22:00 Uhr. Trotz der langen Arbeitstage hatten wir eine Menge Spaß bei der Arbeit – was die Anstrengung erträglicher machte.
Schon bald zeichnete sich ab, dass ich nahezu ausschließlich im Service bei der Versorgung der Gäste und für das Empfangen der Übernachtungsgäste tätig war. Der Umgang mit so vielen verschiedenen Menschen bereitete mir immer viel Freude. In der Hochsaison waren wir zu viert, der Koch Benni, Christine und Joe, am Tages- und Übernachtungsbetrieb beteiligt. Mit zur Hüttenfamilie gehörten die Kinder von Joe und Christine, ihre Betreuerin und der Hüttenhund Alok. Obwohl wir alle auf engstem Raum wohnten und arbeiteten, war es eine gute Harmonie und uns fehlte es an nichts.
An meinen freien Tagen war ich bei schönem Wetter in der Bergwelt unterwegs. Da die westlichen Ötztaler-Nauderer Berge nicht so überlaufen sind, konnte es sein, dass ich acht Stunden unterwegs war und keinen weiteren Bergwanderern begegnet bin. Eine Highlight-Tour für mich war, über den Steinschlag gefährdeten Hüttekarferner auf den 3358 m hohen Glockturm zu steigen. Tatsächlich war ich in der gesamten Zeit nicht einmal ins Tal nach Pfunds abgestiegen.
Zwischendurch bekam ich auch sehr viel Übernachtungsbesuch aus meinem Bekannten- und Freundeskreis, sowie von meinen beiden Kindern mit Familien. Von der Lage und der Umgebung der Hütte waren alle begeistert, und auch ich fand es jeden Tag aufs Neue wunderschön.
Mit dem Saisonende kommt der Abschied
Ein herrliches Spätsommer- und Wanderwetter erlebten wir in der ersten Septemberhälfte. Das Kraut der Heidelbeeren färbte sich an den Hängen in sämtlichen Rot-Braun-Tönen. Trotzdem wurden es spürbar weniger Tagesgäste, auch die Anzahl der Übernachtungen ging zurück. Allgemein war es ruhiger in der Bergwelt geworden, denn auch die Schafe, Ziegen und das Jungvieh war mittlerweile von den Almen nach unten getrieben worden. So nach und nach wurde auch das Personal wieder weniger. Mit Schulbeginn waren Christine und die Kinder wochentags im Tal und kamen nur an den Wochenenden.
In den letzten Tagen standen dann auch schon Arbeiten für die Hüttenschließung an. Dies war verbunden mit einer guten Planung und Kalkulation der noch vorhandenen Lebensmittel. Jede freie Minute wurde für Reinigungsarbeiten genutzt. Das Winterhaus wurde für den Winter hergerichtet, Holz wurde geschichtet und Geschirr, Töpfe und Pfannen zur Selbstversorgung bereitgestellt. Die Stromversorgung wird für den Winterbetrieb vom Wasserkraftwerk auf Photovoltaik umgestellt.
Von einem auf den anderen Tag brach der Fön zusammen und am 22. September kehrte der Winter mit dicken Schneeflocken ein. Mit dem Schnee standen zwei weitere einsame Tage bevor, ehe der Sommer noch ein letztes Mal zurückkam.
Für das bevorstehende Abschiedsfest am 30. September kamen treue, langjährige Stammgäste angereist, sodass es bereits am Freitag keine Hüttenruhe mehr gab. Auch am letzten Tag zeigte sich Tirol bei blauem Himmel und Sonnenschein von seiner schönsten Seite. Zwei Musikanten unterhielten die Gäste bereits am Nachmittag im Gastgarten. Diese waren dann nach einem gemeinsamen Abendessen nicht mehr zu halten. Es wurde musiziert, gesungen, geschunkelt, getanzt und gelacht bis weit nach Mitternacht.
Nachdem sich die letzten Gäste verabschiedet hatten, ging es nochmals richtig zur Sache. Die Lager wurden winterfest gemacht, die gesamte Hütte und die Küche geputzt. Auch die Fenster wurde geputzt, bevor die Fensterläden geschlossen wurden. Nebenbei kamen immer noch Gäste, denen wir leider nur noch etwas zu trinken anbieten konnten. Nachdem die restlichen Getränke mit der Seilbahn zur Talstation gebracht wurden, wurden die schweren Holztische und Bänke vom Garten für den Winter in den Getränkeraum gestapelt.
Mit Wehmut, aber auch Vorfreude auf Zuhause sperrten wir nachmittags dann die Hütte zu und stiegen ab. Der Abend klang mit einem gemeinsamen Essen in einem schicken Restaurant aus. In den nachfolgenden Tagen war die Familie Waldner nochmals auf das Hohenzollernhaus zurückgekehrt, um das Wasser zu entleeren, die restlichen Lebensmittel aus dem Kühlschrank einzupacken und die letzten Arbeiten vorzunehmen, ehe dann ganz zum Schluss das Kraftwerk und der Strom abgeschaltet wurden.
Mein Sommer auf dem Hohenzollernhaus war eine sehr interessante, arbeitsintensive und erlebnisreiche Zeit, die unglaublich schnell vergangen ist. Es war eine Zeit mit wunderbaren Begebenheiten und Begegnungen mit sehr interessanten Menschen. Für mich war es eine Lebensbereicherung, ich würde es jederzeit wieder machen!
(Text: Renate Rasch)
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