Die Eifel ist reich an reizvollen Flusslandschaften. Neben Rur und Kyll zieht vor allem das von steilen Felswänden umrahmte Ahrtal Gäste an. Weniger bekannt sind der Oberlauf und die Quelle in Blankenheim, wo die Ahr in einem alten Fachwerkhaus zu Tage tritt.
2012 wurde der Ahrsteig eröffnet und bestand zunächst aus zwei großen Teilstücken mit Verbindungswegen, bis 2016 der Lückenschluss gelang. Nun lässt sich die Region bestens mit Wanderschuhen und Rucksack erleben. Das Städtchen Blankenheim war einst Sitz einer mächtigen Adelsdynastie und lange geistiges Zentrum der Eifel. Ein malerischer Burgort mit Flair. Verwinkelte Gassen und wundervolles Fachwerk laden zum Schlendern durch den historischen Stadtkern ein. Stattliche 600 Meter Höhendifferenz trennen uns hier zum Rhein hin.
Ruhe, Zeit und Höhenmeter
Abmarsch! Vorbei am Eifelmuseum und am Schwanenweiher entlang verlassen wir den Ort, unterqueren eine Bahnunterführung und steigen gleich steil bergan zur Hochfläche des Birker Berges. Spektakuläre Aussichten auf die südlich gelegenen Eifelhöhen tun sich auf. Im Tal liegt der Freilinger See, der bei Sonnenschein zum Sprung ins erfrischende Wasser einlädt. Idyllische Wälder, weite Streuobstwiesen und Wiesenpfade dominieren das Bild. Dazwischen sind immer wieder Kegel wie der 534 Meter hohe Hühnerberg zu bewältigen. Nach angenehmer Rast sind wir drei uns schnell einig. Hier gibt es die wahren Luxusgüter noch im Überfluss: Ruhe und Zeit! Aremberg ist heute das Etappenziel. Ein malerisches Kleinod, das seinen Namen dem gleichnamigen, 623 Meter hohen Berg mit Schlossruine verdankt. Und darüber hinaus die höchste Stelle des gesamten Ahrsteiges markiert. Bis Schuld ist die Ahr ein kleiner Wiesenbach; munter fließt sie durch die Kalkeifel dem Rhein zu. Weiden und Erlen begleiten ihren Lauf. In den Wäldern wachsen Glockenblumen und Perlgras und es duftet herrlich. Die Wege sind wunschlos gut ausgebaut, mit tadelloser Beschilderung und immer wieder überwältigend schönen Fernsichten. So erwandern wir über steile Waldpfade den Ort Eichenbach. Der weist den weiteren Weg zu den schroffen Sandsteinwänden und dem beeindruckenden Felsmassiv der Spicher Ley. Vom hübschen Ort Insul geht es durch schattige Auenwälder, Feld- und Wiesenlandschaften nach Sierscheid. Schon wartet der nächste Anstieg hinauf zur Dümpelhardt mit ihren kargen Heideflächen. Fern im Tal lugt die Gemeinde Dümpelfeld mit der gotischen Pfarrkirche hervor. Im Auf- und Abwärtsgang erklimmen wir die 487 Meter hohe Linder Höhe. Dann führen verschlungen-romantische Waldpfade durch lichte Mischwälder hinab ins Ahrtal bis nach Kreuzberg. Hier beginnt der Weinbau in sonnenbeschienenen, wildromantischen Steillagen. Darauf freuen wir uns.
Kreuzberg ist eine 700-Seelen-Gemeinde, die sich im 12. Jahrhundert hoch auf einem Felsen am Zusammenfluss von Ahr, Vischel und Sahr sogar eine Burg gönnte. Schön anzusehen, das einzig noch bewohnte Höhenbollwerk im Ahrtal. Ein schmaler Pfad führt steil bergan. Knorrige Eichen säumen den Weg bis zum ersten Höhenrücken. Wo sich der Wald lichtet, spüren wir Fels unter den Sohlen. Die grandiose Fernsicht belohnt für den Wadenbeißer. Und der nächste lässt nicht lange auf sich warten: das Teufelsloch. Der Pfad entfernt sich etwas von der Hauptroute, wird steiler und braucht Trittsicherheit. Wie aus einem Bilderbuch kopiert, öffnet sich das Felsenloch vor uns. Manuela und Laura schreiten hindurch und stehen unmittelbar auf einer kleinen Kanzel, die einen fantastischen Panoramablick freigibt.
Einst, so die Sage, suchte der Teufel die Ahr auf und fand Gefallen an Land, Leuten und vor allem am hiesigen Rotwein. Eines Tages näherte sich auf dem Berg gegenüber der Burg Are seine Großmutter in der Gestalt einer wunderschönen Jungfrau. Verliebt schloss er sie in die Arme, worauf sie sich zurückverwandelte. Wütend packte er die Alte und schleuderte sie durch die Felswand hinunter in die Hölle. So entstand das Teufelsloch, eine Wegmarke, die einmal mehr zeigt, dass man gar nicht so weit reisen muss, um Grandioses zu entdecken. Nun geht’s weiter zum schwarzen Kreuz, einem weiteren schönen Aussichtspunkt mit Schutzhütte. Im Tal liegt Altenahr, darüber präsentiert sich pittoresk die Ruine der Burg Are aus dem 11. Jahrhundert.
Unser Blick schweift weit über die Landschaft. Bergab über Schieferplatten gelangen wir ins Langfigtal. Die Ahr, die sich inzwischen zu beachtlicher Breite gemausert hat, überqueren wir per Brücke und nehmen den nächsten Anstieg sportlich. Je höher wir steigen, desto wunderbarer werden die Aussichten. Überboten wird die Kulisse nur noch von der Saffenburg, einer hochmittelalterlichen Höhenburg, die zur Ortsgemeinde Mayschoß zählt. Die Gemeinde ist untrennbar mit dem Weinbau verbunden und gründete 1868 die erste Winzergenossenschaft der Welt.
Dann nehmen wir den Krausberg ins Visier, der mit seinem hübschen Aussichtsturm punktet. Das Tal der Ahr gehört zu den kleinsten Weinanbaugebieten Deutschlands und gilt unter Kenner*innen als Heimat erlesener samtiger rubinroter Weine. Die tragen so schöne Namen wie Blauer Portugieser oder Blauer Spät- und Frühburgunder. Bei den Weißweinen überzeugen Riesling, Müller-Thurgau und Weißburgunder. Die klimatisch optimalen Bedingungen kannten schon die Römer, die hier die ersten Reben pflanzten. Landschaften, dramatisch und romantisch zugleich, wenn man dann in die tiefe Kerbe vorstößt, die sich die liebliche Ahr gegraben hat. Wiederholt geben die Wälder auf den Höhen nacktes Gestein frei. Basaltriegel legen sich quer, Vulkankegel ragen hoch auf. Enge Flusskehren, Schieferterrassen und Felsschluchten. So erreichen wir Walporzheim, das sich wie viele andere Winzerorte gut zu präsentieren weiß.
Geschichtliches und Entspannendes
Schattige Auenwälder begleiten zum Kloster Kalvarienberg in Ahrweiler. Eine vom Ursulinen-Orden geführte Abtei, die nach 178 Jahren wegen Nachwuchsmangels kürzlich aufgegeben hat. Ahrweiler selbst ist ein Juwel: Das knallbunte Fachwerkidyll, der Stadtmauerring mit mächtigen Stadttoren, die pittoreske Altstadt mit der gotischen Hallenkirche St. Laurentius und nicht zuletzt das alte Rathaus machen den Ort besonders sehenswert. Und vor den Toren liegt der ehemalige Regierungsbunker, heute ein Museum. In den 1960er Jahren als atombombensicherer Rückzugsort der Verfassungsorgane erbaut und streng geheim, wurde der Bunker 2008 zur öffentlichen Dokumentationsstätte ernannt und kann heute in einer anderthalbstündigen Führung besichtigt werden. Tonnenschwere Schutztüren, historische Originale, begleiten durch die spannungsgeladene Geschichte des Ost-West-Konflikts. Nur wenig davon entfernt liegt die Römervilla am Silberberg. Ein archäologischer Fundplatz, der die über Jahrhunderte wechselnde Nutzung von der Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts bis ins Frühmittelalter dokumentiert. Diese Etappe hat es wirklich in sich, und wir sind froh, in Bad Neuenahr anzukommen.
Die letzte Etappe auf dem Ahrsteig geleitet uns nach Sinzig an den Rhein. Am Morgen drehen wir Bad Neuenahr den Rücken, stapfen bergan zum Neuenahrer Berg und belohnen uns mit einem weiteren fabelhaften Panoramablick ins Ahrtal. Dann führen Felder- und Wiesenlandschaften hinein ins Idienbachtal. Wir passieren Heimersheim und Ehlingen und gelangen über Weinpfade hinauf zur Ehlinger Ley. Ständigem Auf und Ab folgend, erreichen wir den Mühlenberg mit seinem Feltenturm, der einen schönen Blick ins Rheintal und auf die Barbarossastadt Sinzig parat hält. Nun geht es nur noch bergab, bis zum Schloss in Sinzig, wo wir den Rucksack ablegen. Wir blicken zurück auf grandiose Wandertage und können den Ahrsteig nur wärmstens empfehlen.