Hochzeitspaar vor Bergkulisse
Veronika und Daniel - frisch verheiratet. Foto: Stefan Lindauer
Geschichten von draußen

Malediven kann jeder!

Schon mehrmals haben sich Veronika und Daniel für den Freiwilligendienst auf der Rauhekopfhütte beworben. Allerdings ohne Erfolg - denn die Nachfrage war groß. Ausgerechnet in ihrem Hochzeitsjahr bekommen die beiden schließlich die Möglichkeit als Hüttenwirtspaar die Rauhekopfhütte zu bewirtschaften. Es stellte sich die Frage: Sollen wir unsere Flitterwochen tatsächlich als Hüttenwirte verbringen oder doch lieber Honeymoon? Daniel brachte es aber schnell auf den Punkt: „Malediven kann jeder! Wir gehen auf die Hütte!“

Wie wir zu den Flitterwochen auf der Hütte gekommen sind

Stefan Ernst, der Hüttenwart der Rauhekopfhütte, mit Herzblut und wahnsinnig viel Engagement dabei, startet vor der Hüttensaison innerhalb der Sektion jährlich eine Abfrage, wer sich für einen potenziellen Hüttendienst bereit erklärt unter Nennung möglicher Zeitfenster. Der Dienst auf der Rauhekopfhütte ist beliebt, sodass man nicht zwangsläufig direkt zum Zug kommt. Darüber hinaus schaut Stefan möglichst, dass sich bei den Diensten erfahrene Dienstleute mit unerfahrenen abwechseln. Man braucht keine gastronomische Erfahrung, aber man sollte mindestens zu zweit sein. Eine Person sollte einigermaßen kochen können und die andere handwerkliches Geschick mitbringen. Seit circa drei Jahren melden wir uns zu diesem Aufruf, wie auch in diesem Jahr. Daniel und ich haben noch unter uns gewitzelt, dass es dieses Jahr besonders gut passen würde, da unsere Trauung Mitte Juni in Oberstdorf, also auch in den Bergen, bereits feststand.

Und zack, da hat es dieses Mal tatsächlich geklappt und wir bekamen eine Zusage! Es stellte sich uns nur kurz die Frage: Flitterwochen tatsächlich als Hüttenwirte verbringen oder doch lieber der klassische Honeymoon? Daniel brachte es aber schnell auf den Punkt: „Malediven kann jeder! Wir gehen auf die Hütte!“

Glücklicherweise gab es Informationsmaterial von Stefan und selbst gedrehte Videos von früheren Hüttenwirten zum Alltag da oben. So wussten wir, dass wir uns neben klassischer Hüttenromantik auch auf lange, arbeitsreiche Tage einlassen werden. Das schreckte uns aber nicht ab, sondern machte uns sehr neugierig auf diese vielschichtige Erfahrung.

Es gibt natürlich einige bei uns im Umfeld, die diese Form von Flitterwochen überhaupt nicht verstehen können. Jeder aber, der die Natur und Atmosphäre in den Bergen kennt, hat uns sehr um unseren Schritt beneidet!

So viel vorweggenommen: Es war eine sicherlich anstrengende, aber wundervolle Zeit! Es hat sich gelohnt!

"Einer muss kochen können". Foto: Daniel Weprich

Der Alltag

Der Hüttenalltag beginnt früh: Eine Stunde vor den Gästen aufstehen um den Ofen anzuheizen und dadurch heißes Wasser zu gewinnen für Kaffee und Tee. Der Ofen muss den ganzen Tag betreut werden, da heißes Wasser immer gebraucht wird - und sei es nur zum Spülen. Apropos, Spülen ist ein wesentlicher Teil der Arbeit auf der Hütte - spülen, spülen, spülen ;-) Jeden Tag ein bis zwei Brote und oft Kuchen backen, gehört ebenfalls zur Routine neben allgemeinen Reinigungs- und Putzarbeiten. Recht früh, gegen späten Nachmittag, sollte man mit den Vorbereitungen für das Abendessen beginnen. Sind die Übernachtungsgäste mit Kaffee- und Kuchendurst dann bereits eingetroffen, kann es schon mal hektisch zugehen. Aber Salamitaktik und jeder Tag Hüttenerfahrung mehr helfen enorm! Feierabend ist dann je nach Belegung und damit einhergehenden Küchenarbeiten zwischen 20:30 Uhr und 21:45 Uhr.

Highlights

  • Zum ersten Mal über den Gletscher gehen: Wir waren Gletschernovizen. Der durch einen Bergführer begleitete Aufstieg zur Rauhekopfhütte über den Gletscher war atemberaubend in jeder Hinsicht. Die Wanderung führte durch verschiedene Vegetationszonen hin zur archaischen, wunderschönen Gletscherlandschaft!

  • Panoramablick von der Hütte - Die Panoramaterrasse bietet einen direkten Blick auf den Gletscherbruch

  • Klarer Sternenhimmel mit Milchstraße – Der Gang zur Toilette nachts zum Nebengebäude war da gar kein Umstand mehr! Haben die Milchstraße noch nie so deutlich und nah gesehen!

  • Steinadlersichtung

  • schaurigschön: regelmäßige Abgänge von Lawinen und Schutt, speziell unterhalb des Fluchtkogels

  • Blick auf das riesige Gletschermeer Richtung Weißseespitze/Brandenburger Haus

  • Duschen mit Gletscherblick – das Wasser war bei gutem Wetter unverhofft warm

  • Mit dem Holzofen backen - Highlight und zu Beginn Herausforderung zugleich

  • Begegnungen und gemeinsame Momente mit den Gästen – insbesondere die tollen Gespräche abends in der Stube bei Kerzenschein (keine elektrische Beleuchtung im Aufenthaltsraum)

  • Dankbarkeit und Wertschätzung der Gäste – siehe unten

Veronika und Daniel beim Aufstieg zur Rauhekopfhütte. Foto: Martin Schranz

Rückmeldungen und Begegnungen

Es waren die unterschiedlichsten Gruppen und auch Einzelreisende bei uns oben. Vom sehr erfahrenen als Institution bekannten Bergretter bis zum urban lebenden Glücksucher. Der Berg vereint sie und lässt sie mehr Gemeinsamkeiten als Trennendes entdecken - und einen schönen Abend in der Stube, mit Blick auf den jeden Tag anders aber immer atemberaubend aussehenden Sonnenuntergang, verbringen. Die Stimmung oben war immer herzlich und wertschätzend, unter den Gästen und uns gegenüber!

Uns ist immer viel Dankbarkeit entgegengebracht worden und es hat uns natürlich auch immer sehr gefreut, wenn z.B. das Abendessen oder der Kuchen gelobt wurden! Wir haben sogar einmal nachträglich einen Anruf von einer Gruppe erhalten, die bei uns einen Teil ihrer Trainer C Bergsteigen Ausbildung absolvierte. Neben der Info, dass alle bestanden haben, kam der Nachsatz, dass es nicht zuletzt an der guten Bewirtung gelegen habe ;-) Das freut einen natürlich sehr und ist auch einer der Gründe, warum man das macht! Wir sind selbst gerne in den Bergen und verbringen dort regelmäßig eine tolle Zeit. Über unseren Hüttendienst konnten wir auch mal etwas zurückgeben und dazu beitragen, dass andere eine wunderschöne Zeit verbringen konnten.

Wir waren auch sehr gerührt, als wir an unserem letzten Abend zurück in unserem „Basislager“ Gepatschhaus vor unserer Abreise in die Heimat von einer Gruppe, die wir auf der Hütte nicht einmal bewirtschaftet hatten, einen Zirbenschnaps ausgegeben bekommen haben, als sie erfuhren, dass wir Hüttenwirte auf der Rauhekopfhütte waren. Es war ein schöner Ausklang einer einmaligen Erfahrung!

Um einen Gast zu zitieren: „Die Zeit hier oben kann euch keiner nehmen!“

Er hat so Recht und wir werden diese Zeit immer in unserem Herzen tragen! Die Hütte, die Landschaft und die Menschen, die wir kennenlernen durften!

Würden wir es wieder machen?

Ja, auf jeden Fall! Nicht jedes Jahr, weil der Sommerurlaub durch den Dienst investiert ist und man natürlich auch gerne selber wandern geht, aber gerne bald wieder!

Vor der Rauhekopfhütte. Foto: Petra Malkmus

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