Geldmünzen mit daraus wachsender Pflanze in einer Hand
Gezielt in nachhaltige Geldanlagen zu investieren, unterstützt den Weg zur notwendigen gesellschaftlichen Transformation. Foto: Adobe Stock
Emissionshandel, CO₂-Preise, Geldanlage

Verbessert Geld die Welt?

Wenn Geld die Welt regiert, stellt sich die Frage: Könnte es nicht, wie es Pflicht eines guten Regenten ist, die Welt und die Gesellschaft besser machen?

Eine Wirtschaft, die sich Wachstum als Pflicht auferlegt, gerät in Konflikt mit der Nachhaltigkeit, die eine erhaltende Bewirtschaftung begrenzter Ressourcen verlangt. Und solange der Verbrauch fossiler Energieträger kostengünstiger ist als regenerative Energie, trägt die Logik der Marktwirtschaft zur Klimakatastrophe bei.

Da sich das weltweite Wirtschaftssystem nicht von heute auf morgen umkrempeln lässt, muss man es zunächst an seinem eigenen Schopf packen, um die Weltklimaziele zu erreichen. Etwa mit Emissionszertifikaten wie in der EU und in Deutschland: Firmen, die Treibhausgase emittieren oder fossile Brennstoffe verkaufen, müssen dafür „Zertifikate“ erwerben; den Preis können sie an die Kundschaft weitergeben. Er liegt in Deutschland derzeit bei 45 Euro pro Tonne (55 Euro in 2025), anschließend wird er vom Markt bestimmt (die Zertifikate in Europa schwankten an der Börse zwischen 60 und 100 Euro). Dieser Finanzanreiz wirkt auf zwei Wegen:

  • Indem die Einnahmen über den Klima- und Transformationsfonds der Bundesrepublik zur Förderung der Energietransformation eingesetzt werden.

  • Indem Firmen durch Investitionen in energie- (und emissions-)sparende Technik den Zertifikate-Preis einsparen können und damit einen finanziellen Anreiz haben, langfristig Emissionen zu vermeiden.

Sparen und Emissionen reduzieren

Die Anzahl der Zertifikate ist gedeckelt, im Emissionshandel spricht man vom „Cap“, was den Druck zur Transformation erhöht. Der europäische Emissionshandel nimmt in erster Linie Unternehmen in die Pflicht. Beim nationalen Emissionshandel spüren wir alle die Preiserhöhungen viel unmittelbarer: Energieerzeuger geben sie etwa über den Spritpreis an die Endverbraucher*innen weiter. So sollen wir zum Einsparen von Emissionen motiviert werden, in den Bereichen wie Verkehr oder Heizenergie.

Man könnte noch einen Schritt weitergehen und sagen: Meine jährlichen Emissionen aus Lebensmitteln, Konsumartikeln, Reisen etc. setze ich mit einem CO₂-Preis an, und so viel Geld stecke ich in die Verkleinerung meines Klima-Fußabdrucks. Mit den aktuellen CO₂-Preisen wären das ungefähr 600 Euro jährlich. Der DAV geht einen ähnlichen Weg: Die Sektionen stellen ein sektionsinternes Klimaschutzbudget ein, das sich aus ihrer Emissionsbilanz und dem DAV-internen CO₂-Preis von 90 (140 ab 2025) Euro pro Tonne Emission errechnet.

Wieviel man auch ansetzt: Solche Reduktionsmaßnahmen können sich nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell rentieren. Ein sparsameres Auto, stromsparende Haushaltsgeräte, energetische Hausoptimierung mit Dämmung, Wärmepumpe und Fotovoltaik (wofür es Zuschüsse gibt) sparen Kosten und amortisieren sich oft innerhalb weniger Jahre. Und wenn nicht vollständig, geben sie zumindest das Gefühl, etwas Richtiges getan zu haben.

Geld für die Welt – wie wär’s?

  1. Das persönliche Jahres-Klimaschutzbudget errechnen aus Emissionen mal aktuellem (oder fairem?) CO2-Preis.

  2. Vermeiden und Reduzieren - mit diesem Jahresbudget das eigene Leben sparsamer und energieeffizienter umgestalten.

  3. Verbleibende Emissionen sinnvoll kompensieren.

  4. Verbleibendes oder sonst verfügbares Geld „grün“ investieren. Infos der Verbraucherzentrale zur nachhaltigen Geldanlage gibt es hier.

Hat man alle Reduktionsmaßnahmen ausgespielt, bleibt die Möglichkeit von Kompensationszahlungen – auf jeden Fall für die verbleibenden Emissionen aus Ernährung und Infrastruktur. Dass dabei Angebote überlegen sind, die CO₂ wirklich langfristig wirksam aus der Atmosphäre binden, ist in Panorama 6/21 und 3/23 nachzulesen.

Den größten Block seiner Emissionsbilanz reduziert man durch ein Budget, das per CO2-Preis aus den persönlichen Emissionen berechnet wird; verbleibende Emissionen lassen sich kompensieren. Über den Lebensbedarf hinaus verfügbares Geld kann man humanitär spenden oder so anlegen, dass „gute“ Industrien gefördert werden. Grafik: Andi Dick/Sensit

Verantwortungsbewusste Geldanlage

Wer in der glücklichen Lage sein sollte, dann noch Geld übrig zu haben, steht vor der Frage nach einer sinnvollen Anlagemöglichkeit. Die könnte ganz hedonistisch in einer schönen Reise oder einem Konzertbesuch liegen – wobei man sich klar sein sollte, dass jeder Konsumakt seinen oft versteckten CO₂-Preis hat. Eine Spende für Institutionen oder Verbände, die Menschen helfen und so die Welt zu einem besseren Ort machen, ist dem gegenüber in zweierlei Hinsicht eine feinere Lösung: konsumfrei und sozial.

Will man beim Geld anlegen verantwortungsbewusst „nachhaltig“ vor „renditeoptimiert“ setzen, findet man allerlei Angebote mit diesem Schlagwort auf dem unübersichtlichen Finanzmarkt. Leider sind „grüne“ Geldanlagen nicht durch Mindeststandards oder klare Vorgaben (wie das Biosiegel für Ernährung) reguliert. Und wenn man nach dem „Divest“-Motto keine Aktien von klima- oder sozial bedenklichen Firmen kauft (Atom- und Fossil-Energiefirmen, Tabak- und Waffenproduzenten, …), bleibt als Dilemma, dass große Konzerne ihre anrüchigen Geschäftssparten in „bad companies“ auslagern können (für die sich noch genug gewissenlose Interessierte finden), während die verbleibenden „grün“ daherkommen, aber auf Umwegen doch die eigentlich ausgeschlossenen Bereiche mitfinanzieren.

Direktinvestitionen in Zukunftstechnologien, etwa Windpark- oder Solarenergie-Firmen, durch Unternehmensanleihen, Genussrechte oder ähnliches, fördern direkt diese „guten“ Akteure – freilich je nach finanztechnischer Konstruktion mit dem Risiko des Totalverlustes, das bei Geldanlagen immer im Raum steht und das man gut abwägen möchte.

Die „Macht der Verbraucher“ wird oft beschworen; für eine Einzelperson hält sie sich in engen Grenzen. Doch sein Geld nicht nur zum privaten Lust- oder Machtgewinn einzusetzen, ist eine Möglichkeit, den eigenen Handlungsspielraum zumindest auszuschöpfen – und nicht vor der großen Aufgabe Klimaschutz zu resignieren.

Ein Preisschild fürs Klima?

Der Emissionshandel erscheint häufig wie eine Art Ablasshandel: Geld gegen Verschmutzungsrechte. Dabei bilden die Preise, die für ein CO₂-Zertifikat angesetzt werden, nicht einmal annähernd ihre Umweltwirkung ab. Rund 250 Euro Schaden richtet eine Tonne Emissionen aktuell in der Umwelt an, zum Beispiel in Form von Gesundheitsbelastungen oder Ernteausfällen. Wenn der Lebensstandard zukünftiger Generationen ebenso hoch sein soll wie unserer, sind es sogar über 800 Euro Schaden. Die 45 Euro, die aktuell in Deutschland pro Tonne CO₂ angesetzt werden, wirken da etwas willkürlich – und auch die 90 Euro, die wir DAV-intern pro Tonne einstellen, kommen an die tatsächlichen Kosten nicht heran.

CO₂-Preise sind also meistens keine exakte Aufrechnung klimabedingter Schäden, sondern vielmehr ein Instrument, um Investitionen zu lenken. Sie orientieren sich deshalb vor allem an ihrer Wirkung: Je höher der Preis, desto effektiver ist die Lenkungswirkung. Gleichzeitig können die Einnahmen aus einem CO₂-Preis als zweckgebundene Mittel Klimaschutzmaßnahmen finanzieren, wie das zum Beispiel im deutschen Emissionshandel gehandhabt wird – und auch im DAV. Pro Tonne Emissionen setzen wir einen fixen, DAV-weiten CO₂-Preis an, den die Sektionen mit ihrer Emissionsbilanz verrechnen. Das so errechnete Klimaschutzbudget verwalten die Sektionen selbst. Der CO₂-Preis hilft uns damit, einen dezentralen Anreiz zur Emissionsreduktion zu schaffen und gleichzeitig Mittel für den Klimaschutz zu mobilisieren.

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