Gewitter im Klettersteig
Gewitter im Klettersteig – soweit darf es nie kommen. Illustration: Georg Sojer
Wie funktioniert das?

Wärmegewitter

Windböen, Lichtblitze, kurz darauf ein Krachen. Jetzt auch noch Hagelkörner. Und das alles wohlmöglich auch noch im Klettersteig. Der blanke Horror! – Damit es nicht so weit kommt, hilft es zu verstehen, wie ein Wärmegewitter funktioniert.

Sommerzeit ist immer auch Gewitterzeit. Gerade beim Bergsteigen stellt ein Gewitter immer auch eine ernstzunehmende Gefahr da. Doch aus dem sprichwörtlichen heiteren Himmel kommt ein solches Gewitter nicht, es gibt Warnhinweise, diese gilt es zu erkennen und richtig zu deuten.

Schnell aufquellende Wolken sind ein Warnzeichen für ein mögliches Gewitter. Foto: Adobe Stock

Wie entsteht ein Wärmegewitter?

  1. Erdoberfläche und bodennahe Luftschichten erwärmen sich aufgrund starker Sonneneinstrahlung: Es entsteht eine Warmluftblase, die ähnlich einem Heißluftballon aufsteigt.

  2. Während des Aufstiegs kühlt sich die Warmluftblase ab und kann nicht mehr so viel Wasser binden: Wasserdampf kondensiert zu sehr feinen Tröpfchen und eine Quellwolke wird sichtbar.

  3. Das auskondensierte Luftpaket verliert beim Aufsteigen weiterhin an Wärme. Die vertikale Temperaturabnahme beträgt ca. 0,65 °C pro 100 m (feuchtadiabatischer Aufstieg). Ist zudem die Abkühlung des Luftpakets deutlich geringer als die Abkühlung der Umgebungsluft (z.B. 1,00 °C pro 100 m), sorgt das für zusätzlichen Auftrieb: Aus einer sehr kräftigen Quellwolke (Cumulus Congestus) baut sich ein Wolkenturm (Cumulonimbus) auf.

  4. Die Auftriebsbewegung lässt erst nach, wenn der Temperaturunterschied zwischen aufsteigendem Luftpaket und Umgebungsluft abnimmt: Das ist spätestens bei der sehr stabilen Schicht der Tropopause der Fall. Die aufsteigende Warmluft muss horizontal ausweichen und bildet den für kräftige Wärmegewitter typischen Amboss.

  5. Mit zunehmender Höhe beginnen die aufsteigenden Tröpfchen irgendwann zu vereisen, in der Gewitterwolke setzt Niederschlag ein: Es entsteht Hagel, der aber beim Herabfallen meistens zu großen Regentropfen schmilzt.

  6. Das Schmelzen des Hagels entzieht der Umgebung Wärme: Kaltluftkörper entstehen und stürzen zusammen mit dem Niederschlag fallwindartig Richtung Boden herab. Dort breiten sie sich horizontal aus. Das sind die typischen Gewitterböen.

  7. Zwischen den Eispartikeln im oberen, kalten Teil der Gewitterwolke (positive Ladung) und den warmen Wasserteilchen an der Wolkenunterseite (negative Ladung) entsteht ein starkes elektrisches Spannungsfeld. Diese Spannung entlädt sich in einem gigantischen Kurzschluss, einem Blitz.

  8. Im Blitzkanal erhitzt sich die Luft schlagartig auf 30.000 °C. Dadurch entsteht eine enorme Druckwelle, die man als Donner wahrnimmt.

Die Dynamik in einer Gewiterwolke wird bestimmt durch auf- und absteigende Luftmassen. Illustration: Georg Sojer

Welche Gefahren gehen von einem Wärmegewitter aus?

Typisch für Wärmegewitter sind starke Niederschläge, Hagel, Sturm und Blitze. Für alle, die in den Bergen unterwegs sind, ergeben sich damit folgende Gefahren:

  • direkte Blitzeinwirkung

  • indirekte Blitzeinwirkung durch Schrittspannung (Füße berühren den Boden beim Schritt an unterschiedlichen Punkten) nahe der Einschlagstelle

  • Steinschlag und Baumbruch

  • Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinns – besonders an exponierten Stellen

  • Beeinträchtigung der Sicht und damit der Orientierung – auch nach Abklingen des Gewitters

  • psychische Belastung – z.B. durch Donner

  • Auskühlung des Körpers bei Nässe

  • lokales Hochwasser und Muren

  • Vereisung

Wann ereignen sich Wärmegewitter?

  • Etwa von Mai bis Anfang September

  • Meistens am Nachmittag, Spätnachmittag oder Abend

  • Insbesondere bei der Abschwächung eines stabilen Hochs

Wo ereignen sich Wärmegewitter? (Verstärkung /Abschwächung)

  • Wärmegewitter bilden sich dort, wo ausreichend Luftfeuchtigkeit und starke Sonneneinstrahlung vorkommt – also z.B. an den besonnten Südhängen der Mittelgebirge und Alpen. Besonders gewitterträchtig sind felsige Gebirge mit großem Wärmespeicherpotential wie die Nördlichen Kalkalpen oder die Dolomiten.

  • Wärmegewitter verharren nur selten statisch an einem Ort. Sie verlagern sich mit der Höhenströmung in mittleren Lagen der Atmosphäre in 5 bis 8 km Höhe. Hier ist das Zentrum des Gewitters mit den stärksten Auf- und Abwinden.

  • Überquert eine Gewitterzelle ein Gebirge, verstärkt es sich aufgrund thermischer Hangaufwinde und mechanischer Hebung. Ausgedehnte Felsregionen wirken dabei wie ein zusätzlicher Motor.

  • Bei Überquerung eines Tales, eines großen Sees oder eines ausgedehnten Gletschers schwächt sich ein Wärmegewitter ab: Hier fehlt der Nachschub an warmer Luft.

 

Anders als Frontgewitter lassen sich die lokalen Wärmegewitter im Gebirge nur schwer vorhersagen. Eine Gewitter-Warn-App, wie z.B. die des Deutschen Wetterdienstes, kann helfen. Sie stützt sich auf eine Vielzahl aktueller Messdaten und liefert meist brauchbare Informationen, auch die Zugbahn von Gewitterzellen wird prognostiziert. Komplett darauf verlassen sollte man sich aber nicht. Deshalb: Augen auf! Grafik: Sensit

Welche Verhaltensregeln gibt es?

Bei Gewitterneigung:

  • Früh aufbrechen

  • Früh zurückkehren

  • Notabstieg einplanen

  • Schutzmöglichkeiten wie Hütten, Almen oder ein KFZ einplanen!

  • Not-Biwaksack mitführen

  • Regenschutz und wärmende Kleidung einpacken

  • Entfernung des Gewitters berechnen: Sekundenzahl zwischen Blitz und Donner geteilt durch drei ergibt in etwa die Entfernung in Kilometer

  • Blitz ohne Donner bedeutet große Entfernung des Gewitters

Im Gewitter:

  • Gipfel, exponierte Grate und Steiganlagen sofort verlassen

  • Von Rinnen, Wasserläufen, nassen Wänden und Lichtungen fernhalten

  • Nischen unter freistehenden Felsblöcken, einzelne Bäume oder Waldränder meiden

  • Gleichmäßig hoher, dichter Wald oder Höhlen bieten Schutz. Abstand zu Bäumen, Höhlenwänden, Höhlendecke und zu anderen Personen: mindestens 1,5 Meter

  • Schutzposition einnehmen: Kauerstellung auf isolierender Unterlage (z.B. Rucksack, Kletterseil) mit angezogenen, geschlossenen Beinen

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