Hauswurz
Hauswurz wirkt lindernd bei Sonnenbrand und Hautentzündungen. Foto: Astrid Süßmuth
Rucksackapotheke

Heilpflanzen am Wegesrand

Gegen viele kleine Wehwehchen auf Tour ist ein Kraut gewachsen – häufig sogar direkt am Wegesrand oder auf den Almwiesen daneben.

Eine kleine Druckstelle am Fuß oder ein bisschen zu viel Sonne am Tag zuvor sind typische Beschwerden während Wandertouren. Was viele nicht wissen: Mit bestimmten Pflanzen, an denen man vorbeiwandert, lassen sie sich gut lindern. Die nachfolgenden Kurzporträts geben einen Überblick über volksheilkundlich genutzte Heilpflanzen des Alpenraums für die Verwendung in einer unkomplizierten "Outdoorapotheke". Bei anhaltenden Beschwerden oder Notfällen ersetzen sie jedoch keinesfalls medizinischen Rat!

Alpendost

(Adenostyles alliariae, Korbblütler)

Alpendost kann bei Prellungen und Verrenkungen helfen. Foto: Astrid Süßmuth

Vorkommen: Bergmischwälder und Steinschuttflure

Einsatz: Prellungen, Verrenkungen und als Kühlpack

Schon ein Test auf dem Handrücken zeigt: Aufgelegte Alpendostblätter erzeugen eine nachhaltig andauernde Kühlung, was zusammen mit der entzündungshemmenden Wirkung des Pflanzen-Presssafts in frühen Phasen von Verletzungen zu einer raschen Abschwellung an Gelenken (Prellungen oder Verrenkungen) führt. Frische Alpendostblätter werden dafür gequetscht, bis der Pflanzensaft austritt, eng um das betroffene Gelenk gelegt und abschließend bandagiert. Sehr angenehm kann es auch sein, die Blätter an heißen Tagen unter dem Sonnenhut zu tragen, bei Bedarf können sie zudem als "Outdoor-Klopapier" verwendet werden.

Gegenanzeigen: Keine innerliche Einnahme aufgrund leberschädigender Alkaloide!

Breitwegerich

(Plantago major, Wegerichgewächs)

Breitwegerich hilft bei Wasserblasen und Wunden. Foto: Astrid Süßmuth

Vorkommen: Wegrand, Wiesen, Äcker

Einsatz: Wasserblasen, Wunden

Neben der volksheilkundlich überlieferten Verwendung als Teezubereitung für Kompressen zur Wundbehandlung, hilft der Breitwegerich bei Druckstellen und Blasen. Bei beginnenden Druckstellen an Fersen oder Fußsohle wirken aufgelegte und mit der Socke fixierte Breitwegerichblätter kühlend und abschwellend, oftmals können sie sogar das Entstehen einer Wasserblase verhindern. Ist es doch zur Blasenbildung gekommen, kann die Zubereitung als „grünes Blasenpflaster“ helfen: Den Stiel vom Blatt Stiel abreißen, so dass die Pflanzennerven heraussehen. Diese nun herausziehen (sie kringeln sich spiralenartig) und auf die wunde Stelle auflegen. Mit einem weiteren Breitwegerichblatt abdecken und mit der Socke fixieren.

Gegenanzeigen: keine bekannt.

Spitzwegerich

(Plantago lanceolata, Wegerichgewächs)

Spitzwegerich lindert den Juckreiz bei Insektenstichen. Foto: Astrid Süßmuth

Vorkommen: Wegrand, Wiesen, Äcker

Einsatz: juckende Insektenstiche

Die zerknüllten frischen Blätter der entzündungshemmenden Pflanze helfen bei Mücken-, Bremsen- und Bienenstichen: Der Juckreiz nimmt durch das Auftupfen des austretenden Pflanzensafts ab und die Schwellung geht zurück. Auch wer auf einer Mehrtagestour seine Zahnbürste vergessen hat, kann bis zur nächsten Einkaufsmöglichkeit auf den Spitzwegerich zurückgreifen; das Kauen frischer Spitzwegerich-Blatter hat eine karieshemmende Wirkung.

Gegenanzeigen: keine bekannt.

Meisterwurz

(Peucedanum ostruthium, Doldenblütler)

Meisterwurz hilft bei Magenverstimmungen und Erkältungen. Foto: Astrid Süßmuth

Vorkommen: Hochstaudenfluren zwischen 1500 und 2000 Metern

Einsatz: Magenverstimmung, Erkältung

Die großen Laubblätter unter eher schmutzigweißen Blütendolden haben einen lang andauernden, extrem scharf-bitteren Geschmack. Noch schärfer ist die Wurzel, die durch Zerkauen herannahende Erkältungen abwenden kann und als Tee Magenverstimmungen und Durchfall durch den Verzehr verdorbener Nahrungsmittel lindert.

Gegenanzeigen: Meisterwurz darf nicht in der Schwangerschaft und bei akutem Fieber über 38°C verwendet werden.

Vorsicht: Grundsätzlich besteht bei Pflanzen aus der Familie der Doldenblütler die Gefahr einer Verwechslung mit giftigen Artgenossen. Deshalb sollte die Meisterwurz anhand eines Kräuterbuchs identifiziert werden.

Naturschutz: In Teilen des Alpenraums steht die Meisterwurz unter Schutz (s. Info "Kräuter sammeln und Naturschutz").

Hauswurz

(Sempervivum tectorum, Dickblattgewächs) / Berg-Hauswurz (Sempervivum montanum)

Hauswurz wirkt lindernd bei Sonnenbrand und Hautentzündungen. Foto: Astrid Süßmuth

Vorkommen: auf Felsen und Felsschutt der höheren Alpengebiete

Einsatz: Sonnenbrand, Hautentzündungen

In den dicken Blättern speichert die Hauswurz Feuchtigkeit als kühlendes, Juckreiz milderndes, abschwellendes, schmerzlinderndes und wundheilendes Gel. Frische Hauswurzblätter können als "Einzelampullen" der Länge nach aufgeknackt und zur Linderung von Sonnenbrand und Insektenstichen sowie zur Versorgung von Wasserblasen und entzündeten Hühneraugen direkt auf die Haut aufgelegt werden. Bei Verstauchungen werden zu Brei zerquetschte Hauswurzblätter auf das betroffene Gelenk aufgetragen und nachfolgend bandagiert.

Gegenanzeigen: keine bekannt.

Naturschutz: In Teilen des Alpenraums (z.B. Bayern) steht die Berg-Hauswurz unter Schutz (s. Info "Kräuter sammeln und Naturschutz").

Sanikel

(Sanicula europaea, Doldenblütler)

Sanikel kann zur Wundversorgung, bei Prellungen oder Blutergüssen eingesetzt werden. Foto: Astrid Süßmuth

Vorkommen: (Berg)Wald

Einsatz: Wundversorgung, Prellungen, Blutergüsse

Als alkoholischer Pflanzenauszug oder Teezubereitung für Kompressen wird Sanikel bei frischen und blutenden Wunden eingesetzt. Er ist entzündungshemmend, blutungsstillend, abschwellend und wundheilend. Bei Prellungen, Quetschungen und Blutergüssen helfen abschwellende Auflagen aus Frischpflanzenbrei.

Gegenanzeigen: In Einzelfällen können frische Blätter oder Teezubereitungen bei äußerlicher Anwendung zu Reaktionen von einfacher Überempfindlichkeit bis zu einer akuten Kontaktdermatitis führen.

Schweizer Weide

(Salix helvetica, Weidengewächse), Silber-Weide (Salix alba) und andere Weidenarten

Schweizer Weide wirkt schmerzlindernd. Foto: Astrid Süßmuth

Vorkommen: je nach Standort große Bäume oder kleine Sträucher

Einsatz: (leichte) Schmerzen und Erkältungen

Die Blätter, vor allem aber die junge Rinde von Weiden, enthalten Salicin, das entsprechend der Acetylsalicylsäure (ASS) fiebersenkend, entzündungshemmend und schmerzstillend wirkt. Die schmerzlindernde Wirkung hilft bei Kopf- und Gliederschmerzen, Menstruationsschmerzen und Schmerzen des Bewegungsapparats (Zerrungen, Muskelschmerzen, Hexenschuss, Verstauchungen).

Gegenanzeigen: Bei bekannten Allergien und Überempfindlichkeit gegen Salicylate darf Weidenrinde nicht angewendet werden.

Silberwurz

(Dryas octopetala, Rosengewächse)

Silberwurz fördert die Ausdauer und kräftiges Herz. Foto: Astrid Süßmuth

Vorkommen: Felsschutt im (Kalk-)Alpenraum zwischen 1200 und 2500 Metern

Einsatz: Ausdauer und kräftiges Herz

Durch einen besonders hohen Gehalt an den Spurenelementen Kalium, Calcium und Magnesium kann die Silberwurz auf Bergtouren einem akuten Mineralstoffmangel vorbeugen und das Herz stärken. Silberwurztee, aber auch unterwegs gekaute Blätter führen zu einer verbesserten Ausdauer am Berg.

Gegenanzeigen: Nicht bei bestehendem Eisenmangel einnehmen, da Silberwurz die Resorption von Eisen hemmen kann.

Naturschutz: In Teilen des Alpenraums steht die Silberwurz unter Schutz (siehe Info "Kräuter sammeln und Naturschutz").

Strahlenlose Kamille

(Matricaria discoidea, Korbblütler)

Strahlenlose Kamille kann schon mal das Deo ersetzen. Foto: Astrid Süßmuth

Vorkommen: steinige Böden, Wiesen, Asphaltritzen

Einsatz: Insektenabwehr, Deo-Ersatz

Beim Zerreiben der gelben Blütenköpfchen verströmen diese ein leichtes Apfel-Aroma. In diesem Duftstoff ist ein von der Pflanze zur Insektenabwehr gebildetes Pheromon enthalten, Waschungen mit einem Absud der Pflanze schützen vor Fliegen und Stechmücken. Gleichzeitig zersetzen diese Waschungen die an der Entstehung des Schweißgeruchs auf der menschlichen Haut beteiligten Bakterien und beugen Entzündungen bei übermäßiger Schweißbildung vor. Zur Not tut es auch eine zerriebene und aufgetupfte Frischpflanze!

Gegenanzeigen: Bei bekannter Korbblütlerallergie ist die Strahlenlose Kamille zu vermeiden.

Kräuter sammeln und Naturschutz

Gemäß § 39 – Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) dürfen in Deutschland heimische Wildpflanzen und Pilze auf allgemein zugänglichen Flächen außerhalb besonders geschützter Bereiche wie Natur- oder Landschaftsschutzgebieten nur für den persönlichen Bedarf ("Handstraußregelung") gesammelt werden. Ausgenommen sind "streng geschützte" Pflanzen, die in der freien Natur nicht gesammelt werden dürfen. Eine Übersicht zu diesen Pflanzen bekommt man in der Artenschutzdatenbank des Bundesamtes für Naturschutz (wisia.de). Der Schutzstatus einzelner Pflanzen kann je nach Bundesland unterschiedlich sein – bitte über die zutreffenden regionalen Bestimmungen informieren. Entsprechende Regelungen gelten auch für die übrigen Alpenländer. Generell ist die Grundlage allen Kräutersammelns die Achtung vor der Natur: Man nimmt immer nur so viel, wie zur akuten Behandlung benötigt. Richtwert zum Sammeln von Kräutern ist die Handstraußmenge für den privaten Gebrauch.

Buchtipp:

Steffen G. Fleischhauer, Astrid Süßmuth: Wildwachsende Heilpflanzen einfach bestimmen. at Verlag 2018, 288 S., € 20,-