40 Jahre Aktion Schutzwald

Mure, Felssturz, Flut – wovor uns der Schutzwald bewahrt

Folge 52 des Bergpodcasts: Rund 260 Tausend Hektar der bayerischen Alpen sind von Wäldern bedeckt. Das ist etwas mehr als die Fläche des Saarlandes. Wälder sind Wasserspeicher, Luftfilter, Kühlung, CO2-Senke, Lebensraum, Arbeitsplatz und Erholungsort. Und in den Bergen sind sie noch etwas: Beschützer.

Mehr als die Hälfte des Bergwalds in Bayern ist Schutzwald. Martin Echter leitet das Revier Mittenwald - mit knapp 10.000 Hektar das größte und nach eigener Aussage das schönste Revier. Wie der Schutzwald schützt, vor welchen Herausforderungen er steht und wie Freiwillige Martin helfen, darum geht es in dieser Folge des Bergpodcasts.

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Die Aktion Schutzwald ist eine gemeinsame Aktion des Deutschen Alpenvereins, der Bayerischen Staatsforsten und der Bayerischen Forstverwaltung, unterstützt vom DAV-Partner Versicherungskammer Bayern.
Vielen Dank an dieser Stelle allen Beteiligten und freiwillig Engagierten!

Der Bergwald und die Aktion Schutzwald sind auch Thema in unserer Doku-Serie DAV.dok. Einen Tag lang haben wir Sven Bussemer, Revierleiter des Reviers Reit im Winkl, und die Teilnehmenden der Aktionswoche begleitet.

Transkript der Folge:

Angela Kreß
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Bergpodcasts! Schön, dass ihr wieder mit dabei seid!
Rund 260 Tausend Hektar der bayerischen Alpen sind von Wäldern bedeckt. Das ist etwas mehr als die Fläche des Saarlandes. Wälder sind Wasserspeicher, Luftfilter, Kühlung, CO2-Senke, Lebensraum, Arbeitsplatz und Erholungsort. Und in den Bergen sind sie noch etwas: Beschützer. Mehr als die Hälfte des Bergwalds in Bayern ist Schutzwald.

Wovor und wie der Wald schützt, darum geht es in dieser Folge des Bergpodcasts mit Martin Echter von den Bayerischen Staatsforsten und Cornelia Kreß vom DAV. Viel Spaß beim Zuhören!

Cornelia Kreß
Oktober 2023, Gries am Brenner. Nach heftigen Regenfällen gehen mehrere Muren ab. Eine davon auf die Brennerautobahn, ein Auto wird mitgerissen, die Insassen kommen glücklicherweise mit dem Schrecken davon. Im Juli, also drei Monate zuvor, hatte ein heftiger Sturm immense Schäden im Wald hinterlassen. Im Schutzwald, der Ortschaft und Straße vor dieser Mure hätte schützen können.

Von Extremwetterereignissen sind auch in diesem Jahr die Nachrichten voll. Anfang Juli hat es die Schweiz schwer getroffen. Besonders krass sind die Meldungen und Bilder aus dem Wallis und dem Tessin. Hat der Schutzwald hier versagt oder stößt er irgendwann natürlicherweise an seine Grenzen?

Ohne den Wald wäre es noch schlimmer gewesen!
- Martin Echter

Martin Echter
Klar, irgendwann ist immer eine Grenze erreicht, da ist dann die Niederschlagsmenge in so kurzer Zeit so hoch, dass auch der Wald das nicht mehr ganz abfedern kann. Aber da muss man sagen, ohne den Wald wäre es ja noch schlimmer gewesen, weil dann diese Pufferfunktion vollkommen gefehlt hätte. So ist zumindest Schlimmeres verhindert worden, auch wenn natürlich irgendwann der Punkt erreicht ist, wo der Wald alleine das auch nicht mehr aufnehmen kann.

Revierleiter Martin Echter mit seinem Hund Birschi. Foto: Martin Echter

Cornelia Kreß
Das ist Martin Echter. Er ist Förster und leitet das Revier Mittenwald der Bayerischen Staatsforsten. Mit knapp 10.000 Hektar ist es das größte Staatswaldrevier in Bayern. Der Schutzwald ist sein Beruf, er kümmert sich mit seinem Team darum, dass der Wald in seinem Revier gesund und widerstandsfähig ist und seine Schutzfunktion erhalten bleibt.

Während der Hochwasserlage in Bayern im Juni hat der Schutzwald in Martins Revier gezeigt was er kann.

Martin Echter
Rein für Mittenwald und das Werdenfelser Land gesprochen hat der Schutzwald nicht versagt - im Gegenteil: Er erfüllt seine Funktion hervorragend. Wir haben vitale und intakte Bergmischwälder. Für den Bergmischwald und für den Bergwald war der Regen ein Segen, weil das stärkt die Vitalität der Bäume, und die brauchen dringend die Niederschläge. Gleichzeitig schützt aber auch der Wald die darunter liegenden Ortschaften vor Starkregenereignissen, weil der speichert eben das Wasser und gibt dann diese starken Niederschläge dann nach und nach sukzessiv ab. Deshalb sind die Ortschaften eigentlich von größeren Schäden verschont geblieben. Also kann man sagen, der Schutzwald hat hier seine Aufgabe erfüllt.

Cornelia Kreß
60 Prozent der rund 260.000 Hektar Bergwald sind in Bayern Schutzwald. Eine Schutzfunktion ist der Hochwasserschutz. Eine andere zum Beispiel der Schutz vor Steinschlag und Felssturz. Vergleiche von Felsstürzen in bewaldetem und kahlem Gebiet haben gezeigt, dass die Felsen im Wald stärker gebremst werden, nicht so hoch springen und in den meisten Fällen komplett vom Schutzwald aufgehalten werden. Am besten funktioniert das in vielfältigen Wäldern, mit älteren und jüngeren Bäumen und unterschiedlich dicken Stämmen.

Auch vor Lawinen bietet der Bergwald Schutz. Die Baumkronen fangen eine Menge des Neuschnees ab, der fällt dann eher in Klumpen ab. Und im Wald ist der Wind abgeschwächt, die Temperaturen durch den Schatten gleichmäßiger. All das sorgt dafür, dass die Schneedecke weniger anfällig für Schwachschichten ist. Es lösen sich vor allem in dichten Wäldern also weit seltener Lawinen als im offenen Gelände.

Und ganz nebenbei ist der Schutzwald natürlich auch Erholungsort, Lebensraum, CO2-Senke, Luftfilter, Arbeitsplatz und Holzlieferant. Kein Wunder also, dass man auf Bergwald als Schutz vor Muren, Felsstürzen, Flut und Co. setzt – zumal die Schutzwaldpflege zwar eine Investition ist. Technische Schutzvorrichtungen wie Lawinenverbauungen oder Steinschlagnetze würden aber rund das 10 bis 30-fache kosten.

Der Bergwald schützt darunter liegende Ortschaften vor Muren, Flut, Steinschlag und Lawinen. Foto: pixabay/gugusia123

Bergwald als Schutzwald gibt es deshalb in allen Alpenländern. Je nach Lage unterscheiden sich die Wälder in ihrer Zusammensetzung.

Martin Echter
Der unterscheidet sich auf jeden Fall. Wir sind jetzt hier am Nordrand der Alpen, wo wir viele Niederschläge haben durch den Stau, dass die Wolken am Alpenrand gestaut werden. Weiter im Süden hat man weniger Niederschläge, da ist das Klima dann auch eher kontinentaler, da wachsen dann andere Baumarten, zum Beispiel die Zirbe oder die Lärche sind typisch für das Inneralpine. Bei uns am Alpennordrand hat man eben diesen Bergmischwald aus Fichte, Tanne, Buche, Bergahorn, der eigentlich heute nicht viel anders ausschaut als er vor Hunderten von Jahren ausgeschaut hat. Das sind so die Unterschiede. Aber die Grundfunktionen vom Schutzwald sind eigentlich in allen Alpenländern gleich. Das ist eben der Erosionsschutz, Hochwasserschutz und Schutz vor Steinschlag, und da ist eben wichtig, dass der Wald intakt ist, dass er sich verjüngt, dass er strukturreich ist. Das ist eigentlich das gemeinsame Dach, Das man über den Schutzwald ziehen kann: die Schutzfunktionen, die sind überall gegeben.

Die Grundfunktionen vom Schutzwald sind in allen Alpenländern gleich. Das ist der Erosionsschutz, Hochwasserschutz und Schutz vor Steinschlag.
- Martin Echter

Cornelia Kreß
Für uns Bergbegeisterte bietet so ein struktur- und abwechslungsreicher Wald natürlich noch ein weiteres Plus: Er macht unsere Bergunternehmungen besonders schön. Wir wollen dem Wald deshalb auch etwas zurückgeben. Deshalb gibt es seit 40 Jahren die Aktion Schutzwald. Gemeinsam mit den Bayerischen Staatsforsten und der Forstverwaltung und mit der Unterstützung der Versicherungskammer Bayern veranstaltet der DAV jedes Jahr mehrere Aktionswochen. Freiwillige können dabei eine Woche lang bei der Schutzwaldpflege mit anpacken.

Bei der Aktionswoche in Martins Revier in Mittenwald steht einiges an.

Martin Echter
Wir haben ein sehr vielfältiges Programm, weil ich denke, es ist wichtig, das ein bisschen abwechselnd zu machen. Einmal bauen wir eine kleine Jagdeinrichtung, im Bergwald haben wir einen Steig, der zugewachsen ist, den wir freischneiden. Da müssen wir Steigpflege machen, dass man den Steig wieder gut begehen kann. Was natürlich auch wichtig ist, ist der Naturschutz. Wir pflegen viele Magerrasenflächen, so Blühflächen, dass wir eben auch diesen Arten, die an diese Offenland-Lebensräume angewiesen sind, dass wir denen ihr Dasein sichern. Da haben wir so eine kleine Wildwiese, die würde ich gerne mähen und das Gras muss man dann abrechen. Dann machen wir eine kleine Biotoppflege. Also, ja, es ist bunt gemischt, und was mir natürlich auch immer ein Anliegen ist: das ist jetzt mein Grobplan, aber oft ergibt sich dann aus der Situation raus, dass die Teilnehmer sagen, Sie interessieren sich für dieses oder jenes. Man kann da oft dann auch spontan nochmal irgendwas einbauen und dafür den anderen Teil weglassen. Es ist ein Miteinander mit den Teilnehmern, und das ergibt sich dann oft aus der Situation, was man macht.

Cornelia Kreß
Über 650 Aktionswochen gab es in den letzten 40 Jahren. In mehr als 142 Tausend Arbeitsstunden haben Freiwillige unter der Anleitung von Profis im Schutzwald mit angepackt.

Was sie geschafft haben, ist beeindruckend:
Rund eine halbe Million neu gepflanzte Bäume, 285 Kilometer sanierte Steige, mehr als 200 Tausend Verbissschutze und etwa 600 Jagdansitze.

Jedes Jahr helfen Freiwillige bei der Schutzwaldpflege. In den letzten 40 Jahren haben sie im Rahmen der Aktionswochen Beeindruckendes geschafft. Grafik: DAV

Steige und Jagdeinrichtungen bauen, Blühwiesen mähen – das klingt doch erstmal gar nicht nach Waldpflege. Warum es das doch ist? Kurz gesagt: diese Aufgaben halten die Ökosysteme im Gleichgewicht.
Etwas ausführlicher kann das Martin erklären.

Martin Echter
Genau, im Schutzwald wachsen nicht nur Bäume, sondern lebt auch das Wild, und das ist genauso ein Teil vom Wald wie die Bäume, das gehört alles zusammen. Wald und Wild, das muss da miteinander sein. Aber dazu gehört eben auch, dass man schauen muss, dass die Wildbestände nicht so groß werden. Das Wild ernährt sich eben auch von Pflanzen, von jungen Bäumen. Und wenn das Wild dann zu viel werden würde, dann wäre die Gefahr, dass so viele Pflanzen verbissen werden, dass sich die nächste Waldgeneration nicht mehr verjüngen kann. Drum ist es eben wichtig, dass man auch immer einen bestimmten Teil vom Wild erlegt. Da schaut man natürlich, was ist jetzt ein schwaches Tier, was ist ein krankes Tier, dass man die dann vorwiegend erlegt. Das dient auch der Gesundheit des ganzen Wildbestands und hält die Wildbestände in so einem Maß, dass sie für den Wald verträglich sind. Und dass man da ein Gleichgewicht hat, dass sowohl der Wald wachsen und seine Funktionen erfüllen kann, gleichzeitig das Wild, das ja den Wald als Lebensraum nutzt, gesund ist und da auch auskommen kann. Und dieses Miteinander, ja das ist, warum die Aktion Schutzwald so ein Erfolg ist. Die Leute kommen ja auch wegen der Landschaft und da ist glaub ich die Almwirtschaft, dann natürlich diese urwüchsigen Bergmischwälder und eben auch die Gams, das Rotwild, das Wild, was man da erleben kann, das ist eigentlich all das, was irgendwie zusammengehört. Das ist die Kunst des Försters, dass er alles, was den Wald besonders macht, unter einen Hut bekommt. Und da seid ihr natürlich vom Alpenverein eine große Hilfe, dass wir das erfolgreich machen können.

Das ist die Kunst des Försters, dass er alles, was den Wald besonders macht, unter einen Hut bekommt.
- Martin Echter

Cornelia Kreß
Das Mähen der Blühwiesen hat übrigens auch was mit dem Schutz vor Wildverbiss zu tun. Aber nicht nur

Martin Echter
Es sind kleine Wiesen, die man im Wald hat und wenn man da nichts machen würde, dann verjüngt sich der Wald und dann wachsen diese Wiesenflächen zu. Aber viele Tierarten, ob das jetzt Vögel sind oder Wildarten, die brauchen eben solche kleinen Waldwiesen und das entlastet auch den Wald. Wenn jetzt ein Reh da eine schöne Wiese hat, dann steht es da drauf und frisst das frische Gras und ist nicht gezwungen, dass es im dunklen Wald steht und da die Bäume frisst. Deshalb werden die Wiesen einmal im Jahr gemäht, dann haben da die Tiere was von und natürlich haben auch sehr viele seltene Pflanzenarten. Gerade Orchideenarten, die brauchen diese einjährige Mahd, weil sich sonst sich der Wald ausbreitet und die Pflanzen ausdunkeln. Das ist eine Naturschutzmaßnahme, die vielen verschiedenen Arten zugutekommt.

Freiwillige helfen bei der Schutzwaldpflege. Foto: DAV/Arvid Uhlig

Cornelia Kreß
Die Vielfalt macht den Wald widerstandsfähig. Bekommen einzelne Baumarten Probleme, zum Beispiel durch die klimatischen Veränderungen oder Schädlinge, gibt es eben noch ein Backup und es sind nicht gleich ganze Waldgebiete betroffen.

Schädlinge im Wald – da kommt jetzt wahrscheinlich vielen der Borkenkäfer in den Sinn. Der kleine Käfer bohrt sich durch die Rinde und legt darunter seine Eier ab. Die Larven fressen sich dann in Quergängen unter der Rinde durch. Dabei durchtrennen sie die Versorgungsbahnen der Bäume. Nährstoffe kommen nicht mehr in die Wurzel und kein Wasser mehr in die Krone. Der Baum stirbt ab. Warum setzt man im Bergwald trotzdem so stark auf die Fichten, die ganz besonders vom Borkenkäfer befallen werden?

Martin Echter
Ja, das ist ein komplexer Zusammenhang. Der Borkenkäfer, den definieren wir Menschen als Schädling, aber im Prinzip ist es eigentlich nur ein Organismus, der eben auch zum Bergwald dazugehört. Den gibt es schon seit es den Bergwald gibt, also seit der letzten Eiszeit, und das ist eigentlich eine Co-Existenz mit der Fichte. Das ist ja im Wald auch irgendwo wichtig, dass sich der Wald verjüngen kann und der verjüngt sich eigentlich nur, wenn auch mal wieder die alten Bäume absterben. Und wenn es einigermaßen im Gleichgewicht ist, dann befällt der Borkenkäfer Fichten, die sterben dann ab und drunter wächst die neue Waldgeneration. Dann gibt es natürlich auch Tierarten wie den Dreizehenspecht, die sind auf den Borkenkäfer spezialisiert und ernähren sich von dem, also ist eigentlich dieser Bergwald so ein Gesamtorganismus, wo alles irgendwie zusammengehört. Und so gibt es für jeden Baum irgendeinen Schädling, der den Baum auch mal zum Absterben bringt. Durch die warmen trockenen Sommer, da verschiebt sich das ein bisschen, da wird der Borkenkäfer stark begünstigt und gleichzeitig werden die Fichten geschwächt, weil sie weniger Wasser haben und weniger Widerstandskräfte. Durch diese Verschiebung des Kräfteverhältnisses nimmt dann der Borkenkäfer Dimensionen an, die für den Wald bedrohlich werden und wo wir handeln müssen, damit wir unsere Fichtenbestände erhalten.

Der Borkenkäfer, den definieren wir Menschen als Schädling, aber im Prinzip ist es eigentlich nur ein Organismus, der eben auch zum Bergwald dazugehört.
- Martin Echter

Cornelia Kreß
Ein paar Borkenkäfer gehören also zu einem diversen Wald dazu und unterstützen die Waldverjüngung. Die krasse Vermehrung ist das Problem: Borkenkäfer können in einem Jahr bis zu vier Generationen entwickeln. Dann kommen auf ein Borkenkäfer-Weibchen bis zu 250.000 Nachkommen. In einem Jahr!

In Quergängen fressen sich Borkenkäferlarven unter der Rinde durch und zerstört so die Versorgungsadern der Bäume. Foto: DAV/Franz Güntner

Deshalb gibt es zum Umgang mit Borkenkäfern richtig viel Forschung. Dann entstehen auch innovative Ansätze wie man die Ausbreitung eindämmen kann. Bei den Bayerischen Staatsforsten und damit auch in Martins Revier kommt hauptsächlich eine Methode zum Einsatz, die im Nationalpark Bayerischer Wald entwickelt wurde.

Martin Echter
Früher haben wir das gemacht, wenn der Borkenkäfer einen Baum befallen hat, und der war irgendwo weit am Berg oben, dass man da nicht hingekommen ist, hat man den komplett entrindet. Somit hat der Borkenkäfer diesen Baum nicht mehr befallen können und wir haben aus Aspekten des Waldschutzes da unsere Arbeit gemacht gehabt. Aber dann hat man festgestellt, dass man durch diese Entrindung auch vielen Organismen die nicht schädlich sind, aber die genau diesen Bereich zwischen Rinde und Holz besiedeln, den Lebensraum wegnimmt. Da hängen auch wieder viele Vogelarten wie die Spechte, die da Insekten rausholen, dran und dann haben wir gesagt: Ja, diese Entrindung ist zwar richtig, aber es ist jetzt eigentlich nicht die Methode, die aus Naturschutzaspekten die Erwünschenswerteste ist. Dann haben wir durch viele Versuche eine neue Methode entwickelt, dass man nur noch Streifen in die Rinde reinschneidet. Dadurch trocknet der Borkenkäfer auch aus und kann sich nicht mehr weiter ausbreiten. Aber gleichzeitig bleibt so viel Rinde wie möglich am Baum und das führt dazu, dass das Totholz schneller verrotten kann und dadurch werden diese Nährstoffe freigesetzt, damit sich der Wald wieder verjüngen kann. Gleichzeitig finden die ganzen Spechte und Insekten auch Lebensraum oder Nahrung in diesem Totholz und somit haben wir eigentlich den besten Kompromiss zwischen Naturschutz und Waldschutz, der möglich ist, erreicht.

Cornelia Kreß
Und da ist sie wieder: die Vielfalt. Die macht den Bergwald so widerstandsfähig, dass Martin auch positiv in die Zukunft blickt.

Martin Echter
Im Hochgebirge hat man immer extreme Verhältnisse, teilweise starke Niederschläge, dann hat man eben auch diese trockenen Phasen. Aber das Schöne ist ja, dass der Schutzwald oder der Bergwald, der bei uns natürlich ist, eigentlich für alle Extreme gut aufgestellt ist. Wenn man da mehrere Baumarten hat, dann streuen wir das Risiko für etwaige Schadereignisse. Die Kunst ist eigentlich, auf verschiedene Baumarten zu setzen, strukturreiche Bestände zu schaffen und gerade wenn man sieht, man hat irgendwo einen Borkenkäferbefall, den dann gleich im Anfangsstadium zu bekämpfen, dass einfach man ihn gleich am Anfang eindämmt. Dann werden die Probleme nie so groß, dass sie unbeherrschbar werden.

Ich denke, man muss immer positiv in die Zukunft blicken. Bei dem Beruf und wenn man als Arbeitsplatz den Bergwald hat, der einer der schönsten Orte ist, die ich mir vorstellen kann, das stimmt positiv. Das motiviert auch, dass man diese Wälder, so wie man sie kennt und schätzt, auch für künftige Generationen erhält. Wir arbeiten dran, wir haben eine schlagkräftige Mannschaft, wir haben auch schlagkräftige Unterstützung, wie zum Beispiel eben durch die DAV-Schutzwaldgruppe. Und wenn wir da alle gemeinsam mit anpacken, da bin ich zuversichtlich, dass wir auch in 100 Jahren einen wunderbaren Wald hier haben. 

Bei dem Beruf und wenn man als Arbeitsplatz den Bergwald hat, der einer der schönsten Orte ist, die ich mir vorstellen kann - das stimmt positiv. Das motiviert auch, dass man diese Wälder, so wie man sie kennt und schätzt, auch für künftige Generationen erhält.
- Martin Echter

Cornelia Kreß
Trotz Borkenkäfer, Klimawandel und Co – der Schutzwald, so wie wir ihn kennen, hat eine Zukunft. Und wir werden auch in einigen Jahren nicht durch einen Palmenwald hinauf zum Alpengipfel wandern.

Doch auch bei einem gesunden Optimismus – die Herausforderungen für den Wald sind unbestreitbar. Zumal der Mischwald, der eben resilienter ist, Artenvielfalt fördert und Ausfälle einzelner Baumarten abfedern kann, noch nicht überall verbreitet ist. Und die Extremwetter wohl weiter zunehmen werden. Stürme, die wie in Gries am Brenner, den Bergwald entwurzeln, Starkregen, den der Bergwald wie in der Schweiz nicht mehr ausreichend abfedern kann.

Es bleibt also eine große Aufgabe, den Schutzwald zu pflegen und zu erhalten. Zum Glück gibt es dafür ein starkes Team.

Angela Kreß
Wenn ihr Teil des Teams sein wollt, macht doch nächstes Jahr bei der Aktion Schutzwald mit. Die Termine werden im Februar auf alpenverein.de veröffentlicht. Wenn ihr einen Reminder per Mail dafür bekommen wollt, schreibt einfach kurz an natur[at]alpenverein[punkt]de

Übrigens bekommt ihr auf dem DAV-Youtube-Kanal Einblicke in die Aktion Schutzwald. Einen Tag lang wurden Revierleiter Sven und die Teilnehmenden der Aktionswoche mit der Kamera begleitet. Im Video erfahrt ihr, wofür es Bodenschutzwälder braucht, wie sich der Borkenkäfer durch die Fichte frisst und welchen Einfluss Wölfe auf das Ökosystem Wald haben.

Zum Abschluss geht noch ein großer Dank raus, an alle Freiwilligen, die bei der Aktion Schutzwald mitmachen und an die Staatsforsten, die Forstverwaltung und die Versicherungskammer Bayern.

Wir freuen uns, wenn ihr dem Bergpodcast weiterhin treu bleibt. Abonniert ihn am besten, um immer auf dem Laufenden zu bleiben. Bis zum nächsten Mal – Tschüss und auf Wiederhören!

 

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