Bei den DAV-Ringen dieser zweiten Generation wurde mit einer Bohrkrone ein Loch gebohrt. Die Bohrkronen-Hülse verblieb anschließend im Bohrloch und wurde dort mittels Rundkeil verspreizt, sodass dann der Ringhaken in die Hülse eingeschraubt werden konnte. Das Bohrloch um den Ankerkopf des Ringhakens wurde mit Kunststoff auf Zweikomponentenbasis abgedichtet.
Weil die Bohrkrone zum Bohren gehärtet wird, sind derartige Systeme immer anfällig für Korrosion. Wenn die Abdichtung undicht wird, kann Wasser eindringen und der Anker im Bohrloch zu rosten beginnen. Bei der Analyse des bei einer Bundeswehr-Übung im Juni ausgebrochenen Hakens bestätigte sich dies: er ist vollständig korrodiert, es gibt keine Anzeichen für einen frischen Bruch.
DAV-Ringe dieser Generation können an ihren Maßen identifiziert werden: Ihr Kopf ist 19mm breit, der Ring ist 12mm stark und hat einen Außendurchmesser von ca. 75mm. Ob sie korrodiert sind oder nicht, kann von Außen jedoch nicht sicher festgestellt werden. Ringe der dritten Generation, die nicht von dem Problem betroffen sind, haben einen schmaleren Kopf (17mm) und einen nur 10mm starken Ring.
Untersuchung am Untersberg
Mit Hilfe von Soldaten des Hochgebirgszugs aus Berchtesgaden sanierte die DAV-Sicherheitsforschung im September die Standplätze in der "Alten Südwand" am Untersberg und unternahm radiale Auszugsversuche an den DAV-Ringen der zweiten Generation, welche hier 1971 gesetzt worden waren. Ziel dieser Untersuchung war es, die Restfestigkeit der betroffenen Ringe zu testen und die Dringlichkeit der Sanierung eventuell noch bestehender DAV-Ringhaken dieser Generation in anderen Routen zu eruieren.
Es stellte sich heraus, dass alle der acht getesteten Ringhaken noch für die Praxis ausreichende Festigkeitswerte erreichten. Nur einer der Ringe brach bei einem Wert von 16 kN unterhalb der aktuellen Normanforderung von 25 kN. Ursache war allerdings nicht ein Korrosionsproblem, sondern die geringe Montagetiefe.
Konsequenzen
Aufgrund der Ergebnisse können DAV-Ringhaken der zweiten Generation nicht mehr als "solide Fixpunkte" angesehen werden! Sie sollten in der Praxis wie Normalhaken bewertet werden. Die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Hakenbruchs wird aber als sehr niedrig eingeschätzt. Trotzdem werden alle noch verbliebenen Ringe dieser Bauart saniert. Nach momentanem Wissensstand befinden sich Ringe dieser Bauart nur noch in zwei Routen im Wilden Kaiser: an den Abseilstellen neben der Rittler-Kante am Bauernpredigtstuhl und in der Leuchtturm Südwand am Notabstieg vom Kopftörlgrat neben der Dreierführe. Wer diese Standplätze nutzen möchte, sollte sich in der lokalen Kletterszene über den Stand der Sanierung informieren. Eine Arbeitsgruppe der DAV-Sektion Berchtesgaden überprüft im Moment, ob es im Raum Berchtesgaden auch sicher keine weiteren Routen mit DAV-Ringhaken dieser Bauart gibt.