Zwei junge Frauen und ein junger Mann auf einem Wanderweg in den Bergen.
Miteinander in die Berge – in Internationalen Gruppen des DAV. Foto: AdobeStock
Der Internationale Deutsche Alpenverein

We love the mountains

Man nehme: einen beliebigen wettermäßig einigermaßen tauglichen Samstag in den Münchner Hausbergen und höre sich ein wenig um auf der Wanderung, lausche den Gesprächen von vorbeiziehenden Paaren und Gruppen.

Zu tiefstem Bairisch und klarstem Hochdeutsch gesellen sich am Berg schnell viele weitere unterschiedlichste Sprachen: Englisch? Selbstverständlich! Dann noch Spanisch und Italienisch, Polnisch und Hindi; hier Norwegisch, da Ukrainisch ...

Kein Wunder: Von den rund 1,5 Millionen in München lebenden Menschen hat knapp jeder dritte einen ausländischen Ausweis in der Tasche oder aber mindestens Wurzeln in einem anderen Land. Im Jahr 2023 hatten in Deutschland 29,7 Prozent der Menschen einen Migrationshintergrund. Das zeigt sich allmählich immer mehr auch in den Bergen.  

Bringt man nun die ganz persönliche Bergerfahrung und die ganz neutrale Statistik zusammen, ließe sich annehmen: Im Deutschen Alpenverein sind die Zahlen ähnlich. Allerdings: „Die Frage der Nationalität beantwortet die DAV-Mitgliederstatistik nicht“, wie Markus Pfaller von der Mitgliederverwaltung in der Bundesgeschäftsstelle des DAV erklärt. Meldet sich jemand bei einer der 355 DAV-Sektionen zwischen Konstanz und Stralsund als Neu-Mitglied an, spielt die Herkunft schlichtweg keine Rolle.

Auch ohne konkrete Zahlen, woran lässt sich die Internationalität des DAV nun aber ausmachen?

Internationale Gruppen in den DAV-Sektionen

Gerade in den großen DAV-Sektionen organisieren sich viele spezielle Interessensgruppen, in denen sich die Mitglieder Bergsport und Naturerlebnis unter einem ganz besonderen Blickwinkel widmen. Und so ist es naheliegend, dass es neben Familiengruppen und beispielsweise Umwelt- oder Fotografiegruppen auch Gruppen gibt, in denen sich Mitglieder treffen, die mit einer anderen Sprache als Deutsch aufgewachsen sind oder die Interesse an einem Austausch in eben jenen Sprachen oder bestimmten Ländern und Regionen haben.

Gerade auch für DAV-Mitglieder, die erst recht kurz in Deutschland leben und für die das Sich-auf-Deutsch-Verständigen vielleicht noch eine hohe Hürde ist, ermöglichen die internationalen Gruppen mitunter einfach(-er-)en Einstieg in gemeinsame Sektionsaktivitäten.      

Gleich fünf solcher international geprägten Gruppen für Erwachsene gibt es in den Sektionen München & Oberland: In der International Mountaineering Group (IMG) treffen sich regelmäßig englischsprachige DAV-Mitglieder, die deutsch-italienische Gruppe GAMS geht zum Wandern, Klettern und ist im Winter aktiv, oft auch mit der Partnersektion des italienischen Alpenclubs „Club Alpino Italiano“ (CAI) im lombardischen Mailand. Neben der Bulgarischen Berggruppe, welche die bulgarische Berg-Community in Deutschland und Österreich anspricht, gibt es auch den DAV-Club Ushba, der sich an Mitglieder wendet, die aus dem Kaukasus stammen oder sich für diesen stark interessieren. Eine Besonderheit ist die Gruppe der Prager, in der sich bis heute (Mitglieder und) Freunde der ehemaligen Sektion Prag treffen.

Und auch der zweisprachige Alltag vieler junger Familien setzt sich in den Berggruppen der Sektionen München & Oberland fort: Die Gruppen „Los Picachos“ und „Spanische Alpenkinder“ sprechen insbesondere deutsch-spanischsprachige Familien an; außerdem gibt es eine Deutsch-ukrainische Familiengruppe.

Ebenfalls international aufgestellt ist die Sektion Stuttgart: Mitglieder mit Wurzeln außerhalb Deutschlands engagieren sich dort in „regulären“ Berggruppen; so die aus Ungarn stammende Maria Vass. Sie hat ihre Kindheit in den Karpaten verbracht – eine Bergerfahrung, die sie dazu bewegte, sich heute als Familiengruppenleiterin in Stuttgart zu engagieren.

Die gebürtige Ukrainerin Iryna Zamora wiederum, die bei der Sektion Stuttgart die Familiengruppe „Steinböckle“ mitbegründet hat, organisiert aktuell aus der Sektion heraus Unterstützung für vom Krieg betroffene Bergfreund*innen in ihrem Heimatland. Und auch in der Sektion selbst gibt es ein Angebot für Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung: die Mitglieder der Gruppe „No limits“ stammen derzeit hauptsächlich aus der Ukraine. Frühere Gruppenmitglieder, die vor einigen Jahren unter anderem aus Syrien gekommen waren, sind auch weiter im Verein integriert und packen zum Beispiel beim „Volltrauf“ Kletterfest ehrenamtlich mit an. 

Die unterschiedlichsten Lebensläufe und (Berg-)Erfahrungen bringen Gruppenleiter*innen und Mitglieder auch in andere Sektionen ein – ganz gleich, ob da beispielsweise die persischen Wanderleiter mit ihrer Gruppe auf Tour gehen oder einmal jährlich zum gemeinsamen Kochen einladen.

Auch neue internationale Gruppen sind im Entstehen, wie derzeit bei der Sektion Regensburg. Dort traf sich Anfang Juli 2024 erstmals die International Group. Einige gemeinsame Touren sowie ein monatlicher Stammtisch sind bereits fest geplant. Willkommen sind alle berg- und naturbegeisterten Locals sowie Leute von anderswo, die gern Menschen aus anderen Ländern kennenlernen und mit ihnen gemeinsam draußen aktiv sein möchten; ganz nebenbei lassen sich Barrieren abbauen, Sprachen auffrischen und andere Perspektiven gewinnen.

In der Sektion Osnabrück wiederum sind deutsche und afghanische Outdoor-Begeisterte bereits seit einigen Jahren gemeinsam unterwegs, derzeit wollen sie ihre Aktivitäten erweitern und eine Internationale Gruppe gründen, um Wander-, Kletter-, Rad- und andere Erlebnisse zu teilen und gemeinsam zu genießen.     

Was aber, wenn es in der eigenen Sektion solche internationalen Angebote nicht gibt und sie einem fehlen? – Sich selbst engagieren! Jede*r ist eingeladen, sich mit eigenen Ideen einzubringen. Der Bedarf, das zeigt sich in vielen Sektionen immer deutlicher, ist auf jeden Fall da und wird auf lange Sicht steigen.

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