Blockgletscher in den Ötztaler Alpen
Der Blockgletscher im Äußeren Hochebenkar oberhalb von Obergurgl, Ötztaler Alpen. Foto: DAV/Tobias Hipp
Klimazeiger und Klebstoff der Alpen

Alpiner Permafrost

Permafrost ist ein wichtiges Element der Kryosphäre in den Alpen, jedoch bleibt er im Vergleich zu den Gletschern unsichtbar. Nur Blockgletscher sind eindeutig erkennbare Landschaftsformen des Permafrosts. Die Bedeutung von Permafrost kann nicht hoch genug eingestuft werden: er ist ein sensibler Klimazeiger und erfüllt eine bedeutende Rolle in Sachen Hangstabilität, Hydrologie und Naturgefahren.

Die Erwärmung des Permafrost macht mittlerweile auch Menschen, die in den Alpen leben oder sie besuchen, zu schaffen: alpine Schutzhütten, die auf Permafrost gebaut sind, beginnen zu sacken; früher sichere Übergänge und Normalrouten sind zunehmend steinschlaggefährdet.

Was ist Permafrost?

Die Temperatur ist das Maß der Dinge

Unter Permafrost versteht man Boden, Schutthalden oder Felswände, die mindestens 2 Jahre hintereinander Temperaturen unter 0 °C aufweisen. Somit ist Permafrost rein durch die Temperatur definiert und kann unabhängig vom Eisgehalt in allen Materialien vorkommen.

Temperaturverlauf im Permafrost. Quelle: J. Noetzli

Permafrost ist aktiv: die Auftauschicht

Der eigentliche Permafrostkörper liegt unter einer "Auftauschicht". Das ist die Schicht des Bodenprofils, welche jeden Sommer um eine gewissen Mächtigkeit auftaut. Abhängig von Material und Jahresmitteltemperatur kann diese Auftauschicht wenige Zentimeter bis mehrere Meter betragen.

Die Mächtigkeit

Die absolute Tiefe des Permafrostkörpers wird nach unten hin durch den geothermischen Wärmefluss aus dem Erdinneren begrenzt.

In den Alpen ist die Auftauschicht in der Regel 1 – 6 Meter mächtig. Permafrost kann bis in Tiefen von mehr als 80 Metern vordringen.

Permafrostverteilung in den Alpen. Quelle: Haeberli, 1975

Was kontrolliert das Permafrost-Vorkommen?

Hauptfaktor Lufttemperatur

Der Hauptfaktor für die Präsenz von Permafrost ist die Lufttemperatur. In den Alpen korreliert diese sehr stark mit der Höhenlage und der Hangexposition.

Mit Permafrostvorkommen muss in den Alpen ab rund 3000 m an Südhängen und bereits ab 2400 – 2600 m in Nordhängen gerechnet werden.

Niedrigere Grenze in Schutthängen

Diese grobe Faustregel stimmt jedoch nicht immer, denn die Untergrenze des Permafrosts ist zusätzlich stark abhängig von der Boden- bzw. Oberflächenbeschaffenheit.

Großflächige und mächtige Schutthänge können die Bodentemperatur zu einem gewissen Grad "isolieren": durch die eingeschlossene Luft in den Porenräumen wird der Permafrostkörper von der Lufttemperatur "abgekoppelt". Die Temperatur in Schutthängen kann im Jahresmittel 4 –6 °C kälter sein als die Lufttemperatur. Die Permafrostuntergrenze in diesen Schutthängen liegt daher deutlich niedriger (v.a. in nordseitig exponierten Schuttkaren).

Ausschnitt aus der Karte zur Permafrostverteilung an der Zugspitze. Quelle: Bayerische Vermessungsverwaltung

Permafrostfläche größer als Gletscherfläche

In den Alpen gibt es flächemäßig mehr Permafrost als Gletscher. In der Schweiz sind ca. 5% des Landes von Permafrost beeinflusst; das entspricht etwa dem doppelten der Gletscherfläche.

Wer aber glaubt Permafrost ist ein Phänomen der hohen Berge im Westen, der täuscht. Aktuelle Untersuchungen ergaben, dass Permafrost noch an der Zugspitze zu finden ist und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch an isolierten Orten in den Allgäuer Alpen, dem Karwendel und den Berchtesgadener Alpen.

Der Alpenhauptkamm der Ostalpen ist flächendecken oberhalb von ca. 3.000 mit Permafrost unterlagert.

Permafrost im Klimawandel

Leider gehen die Datenreihen von Temperaturmessungen im Permafrost noch nicht ausreichen lange zurück um zuverlässige Aussagen über Klimatrends machen zu können. Die längsten Messreihen beginnen im Jahr 1988 in der Schweiz.

Alle Messungen im Alpenraum zeigen jedoch ein einheitliches Bild: in den letzten 10 Jahren konnte ein deutlicher Trend zur Erwärmung bis in tiefe Bodenschichten gemessen werden.

Permafrost-Temperaturen in der Schweiz: deutliche Erwärmung in den letzten 10 Jahren. Quelle: www.permos.ch

Natürlich wird der Permafrost auch in Zukunft betroffen sein: laut Klimaprognosen könnte die Permafrostgrenze bis Mitte diesen Jahrhunderts um bis zu 300 Meter in der Höhe ansteigen.

Naturgefahren und Permafrost – der Kleber der Alpen

Permafrost in Felswänden oder steilen Hängen trägt maßgeblich zur Hangstabilität bei: je kälter der Permafrost, desto höher ist die Hangstabilität. Mit einsetzender Erwärmung wird das Eis-Fels-Gemisch "weicher", d.h. das Gemisch beginnt sich plastisch zu deformieren.

Die niedrigste Hangstabilität wird aber nicht beim Überschreiten der 0 °C-Marke erreicht, sondern bereits bei Werten um -2 °C.

Oft reichen also kleine Erwärmungen des Permafrosts aus um Felsstürze oder Hangbewegungen auszulösen.

In den letzten 10 Jahren wurden vermehrt Felsstürze aus Permafrostbereichen registriert, teilweise mit massiven Ausmaßen. So z.B. der Felssturz mit rund 1,5 Mio. m³ Volumen am Piz Cengalo im Herbst 2011, oder der Felssturz am Piz Kesch mit 150.000 m³ im Winter 2015.

Abnehmende Hangstabilität bei zunehmender Temperatur. Quelle: SLF

Informationen und Online-Permafrostkarten

Die flächendeckenden und interaktiven Online-Karte der Permafrostverteilung helfen die Wahrscheinlichkeit für Permafrostvorkommen herauszulesen: Interaktive Permafrost-Karte der Schweiz

Themen dieses Artikels