Mann hebt Stück Plastik von Wanderweg auf
Wenn alle auf ihrer Wanderung nur ein Stück Abfall aufheben, ist unserer Natur schon geholfen. Foto: Christoph Koch
Müll in der Natur – unsere Berge und Wälder

Gib da an Ruck, heb‘s auf!

Ob im Stadtpark beim Spaziergang oder in den Wäldern und Bergen bei einer Wanderung, überall stoße ich auf am Boden liegende oder in Sträuchern und Bäumen hängende, menschengemachte Gegenstände. Es sind Gegenstände aus wertvollen Rohstoffen, wie Metall und Holz. Häufig bestehen die Gegenstände oder Teile davon jedoch aus Gummi und Kunststoff. Sind Gummi und Kunststoff wertvolle Rohstoffe? Ja, da sie durch Recycling zu neuen Gegenständen verarbeitet werden können.

Von: Christoph Koch

Entdecke ich einen Gegenstand in der Natur, dann stelle ich mir nach der Erstsichtung und der Identifizierung meist die folgenden Fragen: Warum liegt der Gegenstand hier? Wurde der Gegenstand absichtlich hier platziert, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen? Wer kennt sie nicht, die CD, die mit einer Schnur am Strauch oder Baum befestigt ist, um Tiere vor heranfahrenden Fahrzeugen zu warnen oder Tiere aus anderen Gründen fernzuhalten. In diesem Beispiel ist die Zweckmäßigkeit ersichtlich. Bei den meisten Gegenständen, die ich in der Natur finde, ist die Zweckmäßigkeit für mich allerdings nicht ersichtlich. Für mich ergibt es keinen Sinn, folgende Gegenstände hier abzulegen:

  • Eine Getränkedose aus Metall im moosigen Wegesrand des Waldweges

  • Einen Haargummi auf dem Bergpfad

  • Einen Einkaufswagenchip aus Kunststoff auf dem Wanderweg

  • Eine leere Batterie AAA auf dem Forst-/ Wanderweg

  • Einen Gummipuffer für Wanderstöcke auf dem Wanderweg

  • Einen Schraubendübel aus Kunststoff auf dem Forstweg

  • Einen Kronkorken aus Metall und Kunststoff auf dem Wanderweg

  • Ein Teilstück eines Stocktellers aus Kunststoff auf dem Bergpfad

Auf den ersten Blick kaum erkennbar: Teilstück eines Stocktellers auf dem Bergpfad. Foto: Christoph Koch

Was kann ich tun?

Ich nehme menschengemachte Gegenstände, die in der Natur an so vielen Orten liegen, schon immer wahr. Dennoch mache ich mir erst seit der Sommersaison 2021 bewusst Gedanken darüber, warum Gegenstände dort liegen, wo sie liegen. Das dadurch entstandene Bewusstsein war die Grundlage für die Folgegedanken mit den folgenden Fragen: Was kann ich tun, damit die Gegenstände aus der Natur verschwinden? Wie gelingt es, dass die Gegenstände erst gar nicht in die Natur und an die Orte gelangen, an denen sie liegen? Auf die erste Frage konnte und kann ich sofort eine Aktion folgen lassen, nach dem Motto: Gib da an Ruck, heb‘s auf! Denn geschätzt 95 Prozent der nicht von mir stammenden Gegenstände, die ich aufhebe, kann ich problemlos mitnehmen, ob in der Jacken-/ Hosentasche oder im Rucksack. Die meisten Gegenstände haben in der Regel geringe Abmessungen. Ist dies einer der Hauptgründe dafür, warum diese Gegenstände auf Forst-, Wald- und Wanderwegen sowie Bergpfaden liegen? Vermutlich ja.

Ich möchte mich an Orten bewegen, an denen die Natur mit ihren unzähligen Pflanzen- und Tierarten im Einklang ist und da passt das Bild von menschengemachten Gegenständen aus Metall, Gummi und Kunststoff auf oder neben dem Weg oder Pfad liegend nicht dazu. Gegenstände, die aus den genannten Materialien bestehen und speziell für den Menschen geformt sind, wachsen nicht in der Natur und dadurch haben sie auf unterschiedliche Weise negative Auswirkungen auf die Natur. Hier muss ich aber erwähnen, dass z. B. Kautschuk, die Grundlage für jegliche Produkte aus Gummi, aus Bäumen gewonnen wird. Aber ein Gummipuffer für Wanderstöcke wächst eben auf keinem Baum.

Auf den mal mehr und mal weniger beschilderten Wegen und Pfaden der Alpenregionen sind viele naturbegeisterte Menschen unterwegs. Was gibt es denn auch Schöneres und Meditativeres als eine Wanderung in der Natur? Vermutlich nichts Vergleichbares. Wenn viele Menschen in der Natur unterwegs sind, dann nimmt auch die Anzahl der auf dem Weg liegenden Gegenstände zu, das ist eine logische Schlussfolgerung. Basierend auf dieser Erkenntnis musste ich mir folgende Frage stellen: Hebe ich bei einer Wanderung jeden Gegenstand, der mir zu Füßen liegt, auf? Das wäre das Beste für die Natur, keine Frage. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man einen Tag in der Natur nur bedingt genießt, wenn man bei einer Wanderung fünf oder mehr Gegenstände, die nicht von einem selber stammen, aufhebt.

Vom Problem bis zu seiner Lösung

In den meisten Fällen kann man leider nicht von der Idealsituation ausgehen, die wie folgt aussieht: Ein Gegenstand mit einer auffälligen Farbe und einer gut wahrnehmbaren Größe liegt griffbereit mitten auf dem Weg. Um dieser unrealistischen Idealsituation noch etwas Sarkasmus beizusteuern, schreit der Gegenstand auch noch: „Heb mi auf!“. Wie ich am Beispiel der Getränkedose aus Metall erfahren musste, werden auch die oft etwas erhöhten Bereiche des Wegerandes, die einen Waldweg begrenzen, als Ablage- und Entsorgungsort genutzt. Diese Bereiche, die keiner kontinuierlichen Begehung durch den Menschen ausgesetzt sind, sind zugewachsen und moosig. Die Natur holt sich zurück was ihr gehört und dann ist die Getränkedose im Moos für die Menschen unsichtbar. Das Sprichwort „Lass Gras über die Sache wachsen.“ bekommt im Kontext mit der Getränkedose im Moos einen etwas bitteren Beigeschmack.

Gelebter Naturschutz: Müll sammeln am Berg. Foto: Christoph Koch

Ich bin zum Entschluss gekommen, dass der Natur bereits geholfen ist, wenn ich EINEN menschengemachten, nicht von mir stammenden Gegenstand aufhebe, und zwar PRO Wanderung! Und darin erkannte und erkenne ich den Schlüssel, der zur Lösung des Problems führt. Wenn jeder Mensch auf seiner Wanderung nur einen menschengemachten Gegenstand aufhebt und mitnimmt, dann schützen alle naturbegeisterten Menschen zusammen die Natur. Natürlich spreche ich jeden Menschen an, der sich in der Natur bewegt – zu Fuß, mit dem Mountainbike oder mit anderen Fortbewegungsmitteln. Ein Erfolg ist allerdings nur dann zu verzeichnen, wenn jeder Mensch parallel darauf achtet, dass die mitgebrachten Gegenstände nicht auf und neben dem Weg oder Pfad verloren gehen und zurückbleiben.

Betrachte ich all die Gegenstände, die ich bis dato aufgehoben habe, dann kann ich keine einzelne Gruppe an „Umweltsündern“, die Gegenstände in der Natur verlieren oder absichtlich zurücklassen, ausmachen. Daher müssen wir uns alle angesprochen fühlen.

Tipps für alle, die sich gern in der Natur aufhalten

VOR der Wanderung und der Zeit in der Natur:

  • Eine Tasche oder eine Tüte zur Aufbewahrung in der Jacken-/ Hosentasche oder im Rucksack verstauen. Beispielsweise sind Taschen mit Reißverschluss oder Tüten mit Schiebeverschluss gut geeignet.

  • Kleine Gegenstände daheim lassen. Beispielsweise kann man eine Flasche mit Bügelverschluss statt Kronkorken verwenden.

WÄHREND der Wanderung und der Zeit in der Natur:

  • EINEN auf dem Weg liegenden, menschengemachten und nicht von einem selber stammenden Gegenstand aufheben und mitnehmen.

  • Mitgebrachte Gegenstände bei sich behalten.

NACH der Wanderung und der Zeit in der Natur:

  • Den aufgehobenen Gegenstand für den eigentlichen Bestimmungszweck selbst nutzen.

  • Dem Gegenstand durch Wiederverwertung (≙ Upcycling) einen neuen Bestimmungszweck geben.

  • Den Gegenstand recyceln und fachgerecht entsorgen. Dieser Schritt ist notwendig, wenn der Gegenstand beschädigt oder verschlissen ist und er sein Produktlebensende erreicht hat.

Wenn von nun an jeder naturbegeisterter Mensch EINEN Gegenstand PRO Wanderung aufhebt, dann können wir unsere Natur, die uns so viel Kraft schenkt und Freude bereitet, schützen. Lass‘ uns einen Stein ins Rollen bringen und die Worte „Gib da an Ruck, heb‘s auf!“ wie ein Lauffeuer verbreiten.

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