Hochtourengeherin
Hochtourengeherin mit der empfohlenen Standardausrüstung für Gletscherbegehungen. Illustration: Georg Sojer
Hochtour: Ausrüstung, Seiltechnik und Taktik

Sicher unterwegs im Hochgebirge

Die DAV-Sicherheitsforschung hat Fragen zum Thema Sicherheit auf Hochtour gesammelt und gibt Antworten zu den Themen Ausrüstung, Seiltechnik sowie Verhalten auf Tour.

Ausrüstung

Welche Ausrüstung muss an den Gurt? Braucht jeder technische Seilklemmen? Welches Material empfehlt ihr bei Reepschnüren?

DAV-Sicherheitsforschung: Unsere Empfehlung für eine optimale Minimalausrüstung am Gurt für eine einfache (reine) Gletschertour

  • 2 Seilklemmen, eine davon mit Umlenkrolle

  • Reepschnur 3-4 m (doppelte Körperlänge)

  • Reepschnur 1,5-2 m, abgelängt auf Armlänge für die Selbstrettung

  • 120er-Bandschlinge für T-Anker

  • Eisschraube (16-19 cm)

  • Safelock Karabiner und zwei Verschlusskarabiner

Je kombinierter und schwerer die Tour, umso größer wird natürlich auch der Ausrüstungsbedarf für Sicherungen. Bei Neuanschaffung gleich auf hochfeste Reepschnüre (Dyneema oder Aramid Kern, meist 6 mm) setzen – sie sind auch für Verankerungen einsetzbar.

Technische Seilklemmen vereinfachen und beschleunigen den Rettungsvorgang deutlich, sind aber keine Pflicht. Auch mit Klemmknoten kommt man ans Ziel, und die Technik dafür sollte als Backup sowieso beherrscht werden. Egal ob New- oder Oldschool: Das Wissen, welches Material an welcher Stelle eingesetzt wird und regelmäßiges Üben sind essenziell! Hier gibt es mehr zum Thema Ausrüstung auf Hochtour.

Wann müssen Steigeisen getragen werden und welche sind für welches Gelände am besten geeignet?

DAV-Sicherheitsforschung: Auf klassischer Hochtour ist das Steigeisen wichtiger Bestandteil der Ausrüstung und sollte grundsätzlich immer dabei sein. Immer, wenn der Halt im Schnee, Firn, Eis oder Fels nur mit Bergstiefeln beeinträchtigt wäre und Abrutschgefahr besteht, werden sie rechtzeitig an einem geeigneten Platz (flach, ohne Stein und Eisschlaggefahr; zugleich Rastplatz) angelegt. Nur in sehr weichem Schnee, auf aperen Gletschern mit sehr geringer Neigung oder im reinen, schneefreien Felsgelände, kann abgewogen werden, ob der Vorteil des leichteren Vorankommens ohne Steigeisen überwiegt. Ein häufiges An- und Ausziehen ist nicht sinnvoll.

Oben: Reine Körbchen ohne Aufnahme (nur mit steifer Sohle!). Mitte: Bedingt steigeisenfeste Schuhe mit aufgebogener Sohle und Kipphebelaufnahme hinten. Unten: Voll steigeisenfeste Schuhe mit Sohlenrand vorne und hinten für technisch anspruchsvolle Touren. Illustration: Georg Sojer

Wichtiger Punkt: Je schwieriger das Gelände, desto steifer sollten die Sohlen der Bergschuhe sowie die Verbindung zwischen Schuh und Steigeisen sein. Steigeisen in reiner Alubauweise mit „Körbchen-Körbchen-Bindung“ für nicht steigeisenfeste Schuhe kommen nur auf leichten Gletscherwanderungen mit ausschließlich Schneekontakt in Frage. Für die meisten Hochtouren sind „bedingt steigeisenfeste Schuhe“ mit leichten Steigeisen (10-12 Zacken) ausreichend. Ist Felskontakt zu erwarten, sind Steigeisen aus Stahl oder in hybrider Bauweise (hinten Alu, vorne Stahl) langlebigerer und stabiler als nur aus Alu. Anti-Stollplatten sind immer zu empfehlen. Schwere Steileis-Steigeisen sind nicht zum Gehen am Gletscher konzipiert. Das Gehen mit Steigeisen will gelernt sein, eine gute Vertikalzackentechnik hilft enorm, um trittsicher unterwegs zu sein – vor allem im Abstieg.

Wann müssen Handschuhe angezogen werden? Wann muss ein Helm aufgesetzt werden? Muss in der Gletscherseilschaft ein Pickel mitgeführt werden? Wann reichen Stöcke aus?

DAV-Sicherheitsforschung: Handschuhe gehören bei Hochtouren dazu. Nicht nur als Kälteschutz, sondern auch als Schutz vor Verletzungen bei Stürzen durch die scharfkantigen Kristalle von Eis und gefrorenem Schnee. Daher sollten Handschuhe und ein langärmliges Shirt auch bei milden Temperaturen immer getragen werden – insbesondere, wenn bei einem Sturz im harten Schnee oder Eis die Hände zum Abfangen und Verhindern eines Sturzes benötigt werden –, also in steileren Gletscherpassagen und beim Begehen von (steilen) Schneefeldern. Ein Abrutschen mit bloßen Händen hätte schwere Verletzungen zur Folge. Ein Helm muss bei einer Hochtour immer dann aufgesetzt werden, wenn Gefahr von Stein- oder Eisschlag oder Anprallverletzungen bestehen. Unterhalb von Steilhängen besteht immer Gefahr durch Stein- und Eisschlag. Dieser kann zum Beispiel durch das Auftauen von stabilisierenden Eis- und Schneeschichten oder auch durch Wind und Niederschlag verursacht werden. Auch andere Bergsteiger* innen oder Tiere sind häufig Ursachen von Steinschlag. In flachen Wegpassagen ohne Absturzgefahr und genügend Abstand zum Einzugsgebiet des nächsten Steilhangs kann ein Helm abgesetzt werden. Mehr Informationen zum Einschätzen der Steinschlaggefahr auf Tour gibt es hier.

Ein Pickel erfüllt auf Hochtouren verschiedene Funktionen. Zum einen dient er als sicheres Fortbewegungsmittel in steileren Eis- und Firnabschnitten, zum anderen kann er zum Halten eines Spaltensturzes wichtig sein und als Fixpunkt zum Sichern benutzt werden. Einzige Ausnahme, bei der Stöcke (und ggf. Steigeisen) reichen, sind einfache Gletscherwanderungen auf sehr flachen, schneebedeckten und spaltenlosen oder flachen, aperen Gletschern mit Spalten. Beim Begehen schneebedeckter Gletscher sollte jedes Seilschaftsmitglied einen Pickel als „Notfallausrüstung“ mitführen.

Eisschraube oder T-Anker?

DAV-Sicherheitsforschung: Bei wenig Schnee oder Firnauflage sind Eisschrauben das Sicherungsmittel der Wahl auf Hochtour. Richtig gesetzt sind diese im Gletschereis ein solider Fixpunkt. Ausschlaggebend für die Zugfestigkeit ist die Eisqualität: die oberste, oftmals von der Sonne umgewandelte „morsche“ Eisschicht sollte vor dem Setzen der Schraube abgekratzt werden und der Setzwinkel sollte in etwa 90° zur Eisoberfläche betragen. Falls die Schneedecke auf dem Gletschereis zu mächtig oder zu hart für einen schnellen Zugang zum Eis ist, müssen andere Fixpunkte geschaffen werden. Die Schneeauflage bei sommerlichen Hochtouren ist in den meisten Fällen gesetzt und gebunden (hart) – hier ist ein eingegrabener Pickel als sogenannter T-Anker das Sicherungsmittel der Wahl.

Ein T-Anker als Fixpunkt im Schnee. Illustration: Georg Sojer

Die Haltekraft eines solchen T-Ankers ist von der Art des Schnees und der Tiefe des Ankers abhängig. In härterem Schnee und Firn eignen sich T-Anker sehr gut, sobald die Schneeoberfläche zu locker wird, müssten Gegenstände mit mehr Fläche vergraben werden. Als Faustregel für die Schneehärte kann die sogenannte „Handregel“ angewandt werden. Für einen soliden T-Anker sollte die Schneehärte „ein Finger“ oder härter betragen – das bedeutet, dass ein Finger ohne Kraftaufwand in ein senkrecht abgetragenes Schneeprofil gedrückt werden kann, vier Finger oder eine Faust allerdings nicht. Tests haben ergeben, dass ab Schneehärten „ein Finger“ und härter bei einer Eingrabtiefe von mindestens 30 cm auch mehrere Nachsteiger an einem T-Anker nachgesichert werden können. Als Fixpunkt sollte bspw. eine 120 cm lange Bandschlinge mit Ankerstich am Flächenschwerpunkt des Pickels angebracht werden, die nicht steiler als 45° zur Oberfläche (Faustregel: so flach als möglich aus dem Schnee) führen darf. Einen Überblick über Fixpunkte im Schnee und Firn bietet der DAV-Artikel Und das soll halten.

Seiltechnik

Was sind geeignete Seilschaftsgrößen und die richtigen Abstände? Was passiert mit dem Restseil? Welche Seillänge und -typen? Ab wann dürfen statische Hilfsleinen statt dynamischer Seile verwendet werden?

Chris Semmel (DAV-Bundeslehrteam Bergsteigen): Eine Gletscherseilschaft besteht idealerweise aus 4-6 Personen. Zweier- und Dreierseilschaften haben bei harten Verhältnissen und im steilen Gelände eventuell Schwierigkeiten, einen Spaltensturz zu halten. Kleine Seilschaften sollten daher einen ausreichend großen Abstand zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern wählen, um genügend Bremsweg zu haben (Zweierseilschaft 15-20 m, Dreierseilschaften mindestens 12-14 m). Bei ungünstigen Bedingungen werden zudem Bremsknoten empfohlen (pro Knoten etwa 50 cm zugeben). Ab fünf oder mehr Personen in der Seilschaft ist das Halten eines Spaltensturzes in der Regel unproblematisch. Bei mehr als sechs Personen wird die Seilschaft jedoch immer „unbeweglicher“.

Empfohlene Abstände bei den unterschiedlichen Seilschaftsgrößen. Illustration: Georg Sojer

Ab vier bis fünf Personen in der Seilschaft kann der Mannschaftszug zur Spaltenrettung eingesetzt werden (Vorsicht vor Verletzung der zu bergenden Person: hier entwickelt man sehr viel Kraft beim Ziehen!). Kleinere Seilschaften müssen mit Loser Rolle (genügend Restseil vorhanden?), Schweizer Flaschenzug oder Selbstrettung arbeiten.

Das Restseil wird ausziehbereit im Rucksack oder als Seilpuppe unter dem Deckelfach verstaut und gleichmäßig zwischen erster und letzter Person der Seilschaft aufgeteilt (Ausnahme Führungssituation). Muss das Seil später zum Sichern verwendet werden (Bergschrund, Randkluft, Übergang ins kombinierte Gelände, Eisbruch), kann es auch als Abbund aufgenommen werden. Um ausreichende Abständen zu erreichen, ergibt sich eine empfehlenswerte Seillänge von mind. 50 m. Verwendet man kürzere Seile (z.B. ein 30-m-Seil), so muss einem bewusst sein, dass bestimmte Bergetechniken (z.B. Lose Rolle) unter Umständen aufgrund zu wenig Restseil nicht mehr funktionieren.

Als Seiltyp reicht am Gletscher eigentlich ein Halbseilstrang. Soll später kombiniertes Gelände oder ein Felsgrat begangen werden, benötigt man jedoch ein Einfachseil. 3-fach-zertifizierte Seile sind nicht viel schwerer als Halbseile und bieten das breiteste Anwendungsspektrum.

Hilfsleinen sind als Gletscherseil ausreichend, wenn kein Felsgelände begangen und keine Partnersicherung nötig wird. Zudem müssen alle Seilschaftsmitglieder passende Klemmen für die Hilfsleine mitführen und die Rettungstechniken mit diesen beherrschen.

Wann brauche ich Bremsknoten am Gletscher und welcher ist der beste? Mit welchem Knoten wird angeseilt?

DAV-Sicherheitsforschung: Viel wichtiger als die Frage, welcher Bremsknoten der beste ist, ist die Frage, wann Bremsknoten ein absolutes Muss sind. Egal ob Schmetterlings- oder Ballonknoten (beide DAV-Lehrmeinung): Bei der Zweierseilschaft in den meisten Fällen obligatorisch sind jeweils 2-3 Knoten in 3 m Abstand zur eingebundenen Person sowie zueinander (aktuelle Neuerung der Lehrmeinung zur Bremsknotenposition siehe Abbildung unten); bei der Dreierseilschaft sind sie vor allem bei ungünstigen Bedingungen empfehlenswert (aufgeweichter Firn, spaltenreicher Gletscher, schlechte Sicht, später am Tag unterwegs); in der Viererseilschaft wird man nur bei sehr tückischen Verhältnissen und anspruchsvollem Gelände Bremsknoten ins Seil machen – in der Regel jedoch nicht. Anders als beim Alpinklettern oder am Grat ist man in der Gletscherseilschaft normalerweise indirekt eingebunden – mittels Achterknoten und Safelock-Karabiner. Der Sackstich ist ungünstiger, weil er sich bei nassem Seil fester zuzieht.

Aktuelle DAV Lehrmeinung zu Knotenpositionen, die Mitte bleibt daher frei. Illustration: Georg Sojer
Beim Schmetterlingsknoten auf ausreichenden Schlaufenabstand achten, sonst kann die Schlaufe beim Überwinden der Knoten nach dem Zusammenziehen zu klein sein, um sie mit einem Karabiner einzufangen, oder der Knoten löst sich unter Last auf. Illustration: Georg Sojer

Wann muss die Gletscherseilschaft aufgelöst werden und gesichert werden?

DAV-Sicherheitsforschung: Die Grenze zwischen Nicht-Absturzgelände mit ggf. Spaltensturzrisiko und Absturzgelände ist fließend und hängt unter anderem von der Steilheit, den Schnee- bzw. Eisbedingungen, aber auch dem persönlichen Können jedes einzelnen Mitglieds (!) der Seilschaft ab. Noch bevor man an dem Punkt angelangt ist (vorausschauendes Agieren ist angesagt), an dem man nicht mehr einfach den Hang hochlaufen kann, evtl. bereits im Zick- Zack auf- bzw. absteigt und sich Gedanken machen muss, ob man einen eigenen Ausrutscher noch abbremsen könnte, ist es höchste Zeit, die Gletscherseilschaft mit langen Abständen aufzulösen.

Im Abstieg wird dies meist noch früher der Fall sein als im Aufstieg. Dazu zählen beispielsweise das Begehen von steilen Gletscherabschnitten, Überqueren einer Randkluft oder steile Übergänge in felsiges Gelände – hier müssen andere Sicherungsmethoden zum Einsatz kommen, da sonst die Gefahr eines Seilschaftsabsturzes besteht. Ansonsten gibt es je nach Situation verschiedene Sicherungsmethoden, die auf einer Hochtour in Frage kommen. Die Beantwortung der Frage, wann wie am besten (Sicherheitsanspruch vs. Zeitverlust) gesichert wird, ist ein umfassendes eigenständiges Thema und wir hier ausführlich behandelt.

Durch gute Tourenplanung können bereits vorab jene Schlüsselstellen identifiziert werden, an denen voraussichtlich die Sicherungsmethode gewechselt werden muss. Situativ muss dann vor Ort laufend aufs Neue – auch spontan – entschieden werden, ob die momentane Methode den Sicherheitserfordernissen noch entspricht, oder ob man sich bereits im kritischen Bereich befindet und schleunigst gegensteuern muss.

Wann soll ich das Seil bergseitig, wann Seil talseitig führen?

DAV-Sicherheitsforschung: Wenn man als Gletscherseilschaft mit dementsprechend langen Abständen unterwegs ist, dann aus Komfortgründen besser talseitig. Im Absturzgelände in Abhängigkeit der angewandten Sicherungsmethode sollte das Seil standardmäßig bergseitig geführt werden, um im Fall eines Sturzes keinen zusätzlichen Impuls und damit Krafteinwirkung auf den Fixpunkt/auf den Vordermann zu erzielen. Das bedeutet, dass bei Richtungsänderungen (z.B. Gehen in Serpentinen) auch immer wieder über’s Seil gestiegen werden muss; hier ist Rücksichtnahme und vorausschauendes Gehen Pflicht!

Welche Klemmknoten sind empfohlen?

DAV-Sicherheitsforschung: Für vernähte Bandschlingen empfiehlt sich der FB-Kreuzklemmknoten mit mind. 2,5 Wicklungen. Für Reepschnüre ist der Prusikknoten Mittel der Wahl, muss aber sauber gelegt werden und die Anzahl der Wicklungen an die Seildicke angepasst werden. Der Prusikknoten kann außerdem gesteckt werden, wenn nur ein Strang der Reepschnur zur Verfügung steht. Manche Reepschnüre sind recht steif im Handling und erzeugen dann bei zu wenig Wicklungen auch keine ausreichende Reibung. Vor Benutzung testen, ob der Klemmknoten anspricht. Detaillierte Informationen zu Klemmknoten gibt es hier.

Verhalten auf Tour

Was für Möglichkeiten habe ich bei einem Wettersturz?

Max Bolland (DAV-Bundeslehrteam): Gerät man in einen Wettersturz oder ein Wärmegewitter, gilt es kühlen Kopf und warmen Körper zu bewahren. Ist ein Rückzug nicht möglich oder sinnvoll, heißt es bestmöglich Schutz vor den Elementen suchen. Weg von exponierten Geländeformen wie Gipfeln und Graten! Hinter großen Felsbrocken, unter Bäumen oder in Mulden findet sich Schutz vor Wind und Nässe. Mit Steinen oder Ästen kann man auch selbst einen provisorischen Schutzwall bauen oder mit vorhandenen Mitteln (Pickel) ein Schneeloch graben. Bekleidung, Rettungsfolie und Biwaksack werden optimal eingesetzt, um eine gefährliche Unterkühlung zu vermeiden. Alle Bekleidungsstücke werden im bewährten Zwiebelprinzip angezogen. Die Rettungsdecke wird am Rücken zwischen erster und zweiter Schicht durchgezogen, das obere Ende wie eine Kappe über den Hinterkopf gestülpt, das untere Ende zwischen den Beinen geführt und vorne in den Hosenbund gesteckt. In den Biwaksack setzt oder legt man sich zu zweit – für mehr Personen sind sogenannte Shelter (ultraleichte Gruppenzelte) geeignet. Sie schützen gut vor Wind und Nässe. Rucksack oder Seil isolieren einigermaßen vor der Kälte des Bodens. Bewegen, Zusammenkuscheln und sich Warmreiben hilft zusätzlich.

Mehr Infos, wie man ein Notbiwak möglichst unbeschadet übersteht gibt es hier.

Bei einem Wettersturz heißt es so gut wie möglich Schutz zu suchen. Ein Biwaksack kann dabei Leben retten. Illustration: Georg Sojer

Mithilfe dieser Methoden lässt sich eine gewisse Zeit überbrücken, bis entweder der Rückzug aus eigener Kraft oder durch Hilfe von außen möglich ist – beides kann bei einem massiven Wettersturz im Zuge eines Frontdurchzug (zu) lange dauern. Umso mehr sollte akkurate Tourenplanung solch böse „Überraschungen“ weitestgehend eliminieren. Ist vorab eine Kaltfront angekündigt, gilt: Finger weg von ambitionierten Zeitplänen und technisch oder orientierungsmäßig anspruchsvollen Touren (dazu zählen auch einfache Gletscherüberquerungen). Die Kaltfront kommt wie das Amen im Gebet!

Woran lassen sich Gefahrenstellen wie Spalten auf der Schneeoberfläche erkennen?

Rainer Prinz (Glaziologe, Universität Innsbruck): Spalten treten vermehrt an folgenden Stellen auf: an konvexen Geländeformen wie einer Geländekante (Gletscherbruch), in den Firnbecken (große Spalte) sowie im Bereich der Gletscherzungen, besonders hin zum Gletscherrand.

Durch das Fließen des Gletschers und durch Witterungseinflüsse bilden sich markante und potenziell gefährliche Geländeformen. Illustration: Georg Sojer

Weitere Formationen mit potenzieller Absturzgefahr sind Gletschermühlen auf flachen Gletscherzungen sowie Einsturztrichter nahe dem Gletscherende aufgrund des starken Gletscherrückgangs in letzter Zeit. Am Gletscher selbst sind Tälchen entlang der Fließrichtung oder kreisrunde Senken zu vermeiden oder zu umgehen. In den oberen Gletscherbereichen sind konkave Geländeformen (Mulden, Täler) günstiger als konvexe (Rücken, Buckel). Gletscherbrüche sind meist auch im Winter durch Seracs und Eistürme zu erkennen und wenn möglich zu umgehen. Keinesfalls darunter Pause machen oder länger verweilen!

Während der Tourenplanung: Auf möglichst aktuellen Luft oder Satellitenaufnahmen eines Gletschers im Sommer die markanten Spaltenzonen, Einsturztrichter und eventuell markante Abflusskanäle und Bereiche mit Gletschermühlen identifizieren.

Das Schummerungslayer des digitalen Geländemodells des oberen Hintereisferner in den Ötztaler Alpen offenbart die verschiedenen Spaltenzonen. Der Normalweg zur Weißkugel verläuft über den Gletscher in etwa entlang der eingezeichneten Spur, meidet somit die größten Spaltenzonen. Foto: Laserscan Tiris 2017, Juli 2022, fotowebcam.eu, Uni Innsbruck

Die meisten digitalen Kartendienste der Alpenländer stellen Schummerungskarten (Hillshades) zur Verfügung, in denen diese Muster klar erkenntlich sind. In Zeiten des Klimawandels gilt noch mehr: Spaltenzonen, Gletscherstände und Moränen sind in analogen und digitalen Kartenwerken notorisch veraltet und allenfalls grobe Anhaltspunkte. Hilfreich kann es sein, Hüttenwirtsleute, Bergführer* in oder das Internet nach brauchbaren, aktuellen Verhältnissen zu befragen.

Wie lassen sich Schneebrücken beurteilen?

DAV-Sicherheitsforschung: In der Tourenplanung oder im Gelände identifizierte, von Schnee überdeckte Spalten sollten wenn möglich umgangen werden. Ist das nicht möglich, nicht entlang von erkennbaren (oder vermuteten) Spalten gehen, sondern im rechten Winkel dazu (Vermeidung von Spaltensturz der gesamten Seilschaft). Müssen Schneebrücken zwingend überquert werden, dann zuerst das Seil auf Spannung bringen, die Festigkeit der Brücke mit der Pickelspitze beurteilen (Verhältnis Schneemächtigkeit zur überspannten Länge; Schneedichte; Tiefe der Spalte). Beim geringsten Zweifel lieber vorsorglich einen Fixpunkt (Eisschraube/Steckpickel/ T-Anker) setzen und die erste Person der Seilschaft über die Spalte sichern). Kostet wenig Zeit im Vergleich zur möglichen Spaltenrettung.

Linksammlung zum Thema Hochtour

  • Markus Fleischmann (DAV-Ausbildungsleiter Bergsport Alpin) gibt im Podcast Tipps zur Herangehensweise und Tourenplanung für Hochtouren.

  • Der ÖAV hat eine neue und lehrreiche Videoreihe zum Thema Hochtouren veröffentlicht . Die Empfehlungen zu Seilschaftsabständen und Knotenplatzierung weichen aber von der aktuellen DAV Lehrmeinung etwas ab.

  • Artikel zur Ausrüstung auf Hochtour.

  • Der Artikel Seil oder nicht Seil erläutert Sicherungsmethoden beim Begehen von Gletschern und Touren durch Firn- und Eisflanken sowie Felsgelände.

  • Es braucht einen zuverlässigen Punkt zum Sichern in Firn und Schnee? Der Artikel Und das soll halten klärt auf.

  • Die Lehrmeinung zur Selbst- und Kameradenrettung bei einem Spaltensturz ist hier nachzulesen.