„Also gut, wir fahren dreißig Minuten früher los“, so das Ergebnis der umfangreichen Korrespondenz am Vorabend. Eine Entscheidung, die am Ende richtig war, denn die Sonne blinzelt am nächsten Morgen bereits durch die Wolkenschichten, als wir an unserem Startpunkt in Weibersbrunn ankommen. Also starten wir gemütlich in den Tag hinein, queren die A3 und sind bald auf dem markanten Höhenzug, der den Spessart von Nord nach Süd auf einer oft gleichbleibenden Höhe mit alten Fernwegen, wie zum Beispiel dem Eselsweg, verbindet. Gelegentlich verläuft auch der Hasenstabweg, auf dem wir unterwegs sind, auf der gleichen Strecke durch den Wald, zumindest bis zum Echterspfahl, dem Punkt unserer ersten Rast. Leider ist das „Wirtshaus im Spessart“, wie wir es schon als Jugendliche genannt haben, geschlossen. Daher vespern wir bestens gelaunt und von der herbstlichen Sonne gewärmt vor dem Gebäude. Anschließend geht es weiter, hinab in den Essiggrund. Der Echterspfahl mit seinen drei eisernen Ringen ist Anlass für uns, alte Geschichten aufzuwärmen. Zum Beispiel jene, die wir mit unserem leider bereits verstorbenen Freund Frank erleben durften. An eine schönere Wanderung als die im Winter 1998 auf dem Eselsweg kann ich mich kaum erinnern. Nun scheint aber die Sonne schräg durch den Hochwald und die bereits zunehmenden gelben Blätter leuchten uns entgegen.
Wandernd durch Artenvielfalt
Bald tauchen wir in einen Waldabschnitt ein, wie ich ihn so bisher nur im Spessart – übrigens eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Europas – gesehen habe. Neben mächtigen Buchen finden wir viel Totholz vor. Gerne werden diese verrottenden Gehölze von Pilzen angenommen, die für eine weitere Zersetzung sorgen. Hier hat die Artenvielfalt noch einen guten Stand, was man auch hört. Quasi im Vorbeilaufen kann man bis zu sieben Spechtarten rufen und klopfen hören und mit etwas Geduld sogar beobachten. Und noch vieles mehr, denn über viertausend Tier- und 1500 Pflanzenarten wurden bisher im Spessart gezählt. Darunter auch Raritäten wie der Schwarzstorch, der Mittelspecht oder der vom Aussterben bedrohte Halsbandschnäpper. Sie alle sind in diesem Waldökosystem heimisch.
Nach einer Weile geht es dann bergab. Der Weg ist von Moos überzogen und federt unsere Schritte ab. „So macht das Wandern wirklich Spaß“, meint Kai. Ohne große Mühe erreichen wir die in einem Taleinschnitt herrlich gelegene Essiggrundhütte. Hier trennt sich der Eselsweg von unserer grünen Markierung mit dem weißen Räuber. Wir bewundern die schöne Jagdhütte und den massiven Holztrog vor der Veranda. Unsere tierische Begleitung Max kann einfach nicht genug kriegen und so lassen Steffi, Udo und Kerstin sich in den Trinkpausen abwechselnd zum Stöckchenspiel hinreißen. Lange zieht sich der Weg anschließend durch den Essiggrund in Richtung Süden bis nach Krausenbach, wo wir einen Bergrücken erklimmen. Der Weg zum Waldhotel Heppe schlängelt sich durch saftig grüne Wiesen langsam nach oben – weite Ausblicke über den südwestlichen Spessart inklusive. Am Ende der Tagesetappe wartet noch einmal herrlich weicher Waldboden auf uns. Wir wandern zwischen den Baumstämmen hindurch, während sich die schrägen Sonnenstrahlen ihren Weg durch das Blätterdach suchen. Wie aus dem Nichts taucht das Waldhotel auf und erwartungsvolle Blicke scannen die Speisekarte gleich neben der Tür. „Hirschbraten aus dem Spessart mit Klößen und Blaukraut“ ist dort zu lesen. Auch das Frühstück am nächsten Morgen lässt keine Wünsche offen. Gut, denn auf dem Hasenstabweg erwartet uns gleich eine schweißtreibende Steigung. Auf der Höhe angekommen, führt der Weg zwischen herrlichen Buchen und Eichen hindurch bis hinüber zum Hundsrücker Hof. Die schräg stehende Sonne dringt erneut durch das Blätterdach und sorgt für eine unbeschreiblich schöne Stimmung im Wald.
Details aus vergangenen Zeiten
Auf Spuren des bekannten Wilderers und Spessarträubers Johann Adam Hasenstab treffen wir später, als wir ins Kropfbachtal kommen. Angelockt von einem weißen Hirsch, soll dort eine Silberkugel des Revierjägers Johann Sator seinem Leben am 3. Juni 1773 ein Ende gesetzt haben. Wir stehen vor Hasenstabs Sandsteinkreuz und studieren die spannende Geschichte, die neben dem Gedenkstein auf einer Holztafel steht.
Generell ist der Weg eine Reise durch die Spessartgeschichte. Auf Hinweistafeln des archäologischen Spessartprojektes lassen sich immer wieder interessante Details aus vergangenen Zeiten entdecken. Am Schollbrunner Wanderparkplatz endet unsere Spessartwanderung nur vorübergehend, denn der Hasenstabweg ist hier noch nicht zu Ende. Drei Monate später kehre ich zurück und wandere an einem sonnigen Wintertag ins Haseltal hinunter. Nach knappen zwei Stunden erreiche ich das ehemalige königliche Jagdrevier: Vor allem Prinzregent Luitpold nutzte zwischen 1886 und 1912 den hiesigen Wildpark für seine Leidenschaft. Über Bischbrunn und das Torhaus Aurora komme ich anschließend zur idyllischen Sylvanhütte, die von der DAV-Sektion Main-Spessart bewirtschaftet wird. Ein weiteres Highlight ist das 121 Hektar große Naturwaldreservat „Hoher Knuck“, das Einblicke in eines der schönsten nutzungsfreien Schutzgebiete mitten im Hochspessart bietet. Über die Lichtenau und Rothenbuch führt der Hasenstabweg wieder zurück nach Weibersbrunn.
Urlaubstipps für den Spessart
Biken: Unter der Marke „Bikewald“ werden drei Bikegebiete vorgestellt und Routen empfohlen, bikewald.com
Führungen für Kinder gibt’s z.B. vom Naturpark Spessart: naturpark-spessart.de
Zahlreiche Ideen für Tagestouren sammelt der Spessartbund: spessartbund.de
Kultur, Kulinarisches & besondere Events:
Weinfeste in Klingenberg und Homburg (Juli bzw. August)
Spessartfestwoche Lohr, Tanzinsel Gemünden
Freilichtbühnen in Klingenberg und Gemünden
Idyllischer Weihnachtsmarkt in Rothenbuch
Paddeln: Kanuverleihstationen gibt es in Gemünden, Wertheim, Faulbach und Aschaffenburg