Es kommt nicht von ungefähr, dass eine der grundlegenden Yoga-Positionen die „Berghaltung“ ist. Tadasana heißt diese aktive und stark erdende Standhaltung. Und egal, ob man jetzt an den Felsen in der Brandung oder einen majestätischen Alpengipfel denkt, dürfte das Ziel klar sein: unverrückbar und stark wie ein Berg sein und mit beiden Füßen ganz fest im Leben stehen, die innere Ruhe finden. „Einfach nur“ stehen: Was sich als durchaus vielschichtig herausstellt, ist die Grundlage für eine gute Körperhaltung. Deshalb ist dieses Tadasana auch so essenziell, und wer mit Yoga beginnt, macht schnell Bekanntschaft mit der Übung: Stück für Stück kann sich das Skelett beim Nachjustieren der Berghaltung in seine ideale Position begeben. Und wie nebenbei beobachtet man sich selbst: erst den eigenen Körper, dann den Atem, später auch den Geist. „Ich bin am Berg unterwegs! Was brauch’ ich da Yoga?“, könnte einzuwenden sein. Von der rein sportlichen Seite lässt sich sagen: Erst mit dem nötigen Quäntchen Beweglichkeit, das durch Yoga erhalten oder sogar wiedererlangt wird, kann die Muskulatur zeigen, was sie so draufhat. Doch es geht eben um mehr – den Kopf, die innere Haltung. Nicht zuletzt um den achtsamen Umgang mit sich selbst.
Yoga-Videos passend zu verschiedenen Bergsportarten gibt es unter alpenverein.de/yoga.
Beweglichkeit verbessern
Genau diese Achtsamkeit ist hilfreich bei beruflichem oder privatem Dauerstress, nervlicher Überlastung, Gereiztheit und Verspannungen. Wer auf sein Wohlbefinden achtet und sich um sich selbst kümmert, kann seine innere Ruhe finden, entspannter agieren und anders zu seiner Umwelt sein. Doch zurück an den Berg: Früher oder später merken selbst die Trainiertesten einmal, dass es irgendwo zwickt oder dass man eine kleine Einschränkung hat; dass man verletzt ist oder dass ein bisschen mehr Beweglichkeit guttun würde. Ein guter Moment, um in die Yogapraxis einzusteigen und so auf für sich neuartige Weise etwas für den eigenen Körper zu tun. „Neu“ ist Yoga dabei ganz und gar nicht, in Indien praktiziert man es seit Jahrtausenden, um Körper, Geist und Seele in Balance zu bringen. Neu ist allerdings eines: Das Angebot ist mittlerweile riesig, breit gefächert und quasi omnipräsent. Nie war die Hürde niedriger als heute, es einfach mal auszuprobieren. Im Idealfall fühlt man sich wohl mit Yoga, erkennt neue Seiten an sich und wird sich seiner selbst bewusster.
Und dann gibt es noch so etwas wie „einen kleinsten gemeinsamen Nenner“ mit dem Bergsport, am Beispiel Klettern wird das besonders deutlich: Beim Yoga hat man mit knapp zwei Quadratmetern Matte einen sehr kleinen Raum, in dem man sich bewegt. Alle Aufmerksamkeit ist auf diese unmittelbare Umgebung und das eigene Bewegen darin fokussiert. Ähnlich ist es in der Kletterwand, wo der gesamte Fokus auf den unmittelbar nächsten Metern liegt. Anderenfalls, bei Ablenkung, droht der Sturz. Hier wie da bringt einen das Üben ins Hier und Jetzt. Dieser Flow, dieses Aufgehen im Moment, lässt sich auch beim Bergsteigen und Trailrunning, ja sogar bei anspruchsvolleren Bergwanderungen erleben.
Verspannungen entgegenwirken
Neben dieser mentalen Komponente wirkt Yoga ausgleichend überall dort, wo der Sport zu einseitigen Muskelbelastungen führt, sei es beim Klettern oder beim Bergwandern. Bergauf- und Bergabgehen fordert die Beinmuskulatur und ein schwerer Rucksack auf dem Rücken tut sein Übriges; Schmerzen in den Schultern und Nackenverspannungen können die Folge sein. Yoga kann hier ein wunderbarer „Weichmacher“ sein, der das Loslassen und Lockermachen unterstützt. Auch wer mit dem Mountainbike unterwegs ist, kann mit Yoga stark beanspruchte Muskelpartien ganz gezielt entlasten. Doch letztlich gilt die Weisheit: Der wahre Wert von Yoga lässt sich nicht beschreiben. Man muss ihn selbst erfahren!
Das Yogabuch von Petra Zink gibt es auch im DAV Shop.