Der Alpenverein war früh antisemitisch ausgerichtet. Nach einzelnen Ausgrenzungen seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert agitierten Teile des Vereins insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg antisemitisch. Sektionen schlossen Jüdinnen und Juden aus oder nahmen sie nicht mehr auf. Im Jahr 1924 verabschiedete dann die Gesamtheit der Sektionen im Alpenverein, der Verband, den Ausschluss der vorwiegend jüdischen Sektion Donauland.
Seit Mitte der 1990er Jahre setzen sich der Deutsche Alpenverein, der Österreichische Alpenverein und der Alpenverein Südtirol intensiv mit diesem Teil ihrer Vereinsgeschichte auseinander. Sie legen dar, wie deutschnationale Ideen und Antisemitismus Fuß fassten und sich auswirkten, suchen nach Gründen und nehmen die Konsequenzen für die Ausgegrenzten in den Blick. Neben übergreifenden Untersuchungen von Außenstehenden und den Alpenvereinen selbst, fanden zahlreiche Aufarbeitungen in den Sektionen der Alpenvereine statt. Diese sind von besonderer Bedeutung, da der Alpenverein damals – wie heute seine Nachfolgevereine – eine föderale Struktur hatte. Die Sektionen positionierten sich in ihrem Verhältnis zu Jüdinnen und Juden unterschiedlich. Daher ergibt erst die Gesamtbetrachtung von Sektionen und Verband ein differenziertes Bild.
Mit dieser Seite möchten wir einen Überblick über die bisherigen Forschungen geben und insbesondere den Zugang zu den vielfältigen Rechercheergebnissen der Sektionen erleichtern. Soweit verfügbar, wurden Links zu digitalisierten Texten und Angeboten eingefügt. Ein zusammenfassender Überblick sowie eine Einordnung in die kulturgeschichtlichen Hintergründe findet sich in diesem Text. Eine Gedenkveranstaltung mit Vortrag und Podiumsdiskussion anlässlich des 100. Jahrestages des Ausschlusses der Sektion Donauland gibt es hier im Stream:
Der im Rahmen der Gedenkveranstaltung gehaltene Vortrag von Dr. Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, findet sich in schriftlicher Form hier:
Unsere Sammlung versteht sich als erster Aufschlag (Stand 06.11.2024). Wir bitten alle Leser*innen, uns auf weitere Literatur hinzuweisen beziehungsweise uns aktuelle Forschungsprojekte zu nennen.
Auswahl übergreifender Literatur
Alfred M. Müller. Geschichte des Deutschen Alpenvereins. Ein Beitrag zur Sozialgeschichte des Vereinswesens. Münster (Westf.), Univ., Diss., 1979.
Rainer Amstädter. Der Alpinismus. Kultur – Organisation – Politik. Wien, 1996.
Dagmar Günther. Alpine Quergänge. Kulturgeschichte des bürgerlichen Alpinismus (1870–1930). Frankfurt am Main, 1996.
Ricarda Haase. „Judenreine“ Berge. Antisemitismus in den Alpenvereinen. Frankfurt a.M., 2002
Martin Achrainer, Nicholas Mailänder. Der Verein. Köln, 2011.
Stefan Ritter, Friederike Kaiser, Stephanie Kleidt, Maximilian Wagner. Kontinuitäten. Der Deutsche Alpenverein nach 1945. München, 2019.
Friederike Kaiser, Max Wagner. „Die uns umgebenden, unsichtbaren, aber um so mehr fühlbaren Ghettomauern.“ Antisemitismus im Alpenverein. Onlinepublikation, 2024.
Hanno Loewy. Zwischen Spielplatz Europas und militärischem Übungsfeld: der Alpenverein Donauland als Rettungsboot des jüdischen Alpinismus. München, 2024
Selbstzeugnisse und Literatur über Betroffene
Martin Achrainer. Die Idee Donauland. Freie Bergsteiger in freien Bergen. Innsbruck, 2021.
Georg Franz Bergmann. Der arische Alpenverein. München, 1924.
Charlotte Knobloch. Der jüdische Blick auf die Berge. Skript zu einem Vortrag im DAV, Mai 2022.
Hanno Loewy, Gerhard Milchram (Hg.). „Hast Du meine Alpen gesehen?“ Eine jüdische Beziehungsgeschichte. Hohenems, 2009.
Joachim Schindler. Dr. Walter Bing (1891–1980). Chronik und Dokumentation eines außergewöhnlichen Lebens. Dresden, 2022.
Deutscher und Österreichischer Alpenverein (Hrsg.). Ausgeschlossen. Jüdische Bergsteiger*innen und der Alpenverein. o. O., 2024.
Walter Kissling. „Ob Jude oder Christ, ob Hoch oder Nieder – wir wollen nur nach dem Menschen sehen.“ Bruchstücke für eine Geschichte des Wiener Alpinvereins „Donauland“ 1921–1938 und 1945–1976. Wien, 2011.
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