Um die Klimakrise zu bremsen, ist das Thema „Energie“ zentral: Praktisch alles im menschlichen Leben braucht Energie – von Ernährung und Bewegung über Hausheizung und -geräte bis zu Mobilität und der Produktion von Konsumgütern. Wird diese fossil erzeugt, aus Öl, Gas oder Kohle, entstehen Treibhausgase, die die Erde weiter aufheizen. Fossilbrennstoffe wären zwar ausreichend vorhanden für die nächsten Jahrzehnte, denn Exploration und neue Fördermethoden liefern immer wieder neue Ressourcen. Aber wenn wir sie weiter so verheizen, reißen wir alle Klimaziele. Schon das Jahr 2023 lag um 1,4 °C über dem vorindustriellen Mittel, die 1,5-Grad-Schwelle ist also schon fast überschritten. Immerhin konnte die Weltklimakonferenz 2023 sich zuletzt doch zu einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen durchringen – die Realisierung dieser Energiewende lässt allerdings auf dem Papier wie in der politischen Praxis viele Wünsche offen.
Die Sonne erlaubt’s
Die gute Botschaft: Die Sonne strahlt das Fünf- bis Zehntausendfache des Energiebedarfs der Menschheit kostenlos auf die Erde, wir müssten sie nur konsequent nutzen: direkt durch Fotovoltaik und Solarwärme, indirekt über die von ihr in Bewegung gesetzten Winde und Wasserkreisläufe und nachwachsende Biomasse. Diese Energie-Transformation samt Aufbau der nötigen Transportleitungen und Speicher so schnell wie möglich zu realisieren, ist die große Aufgabe für das gute Überleben künftiger Generationen.
2023 stammten in Deutschland 56 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen – haben wir also schon die Hälfte geschafft? Leider nein: Denn Strom deckt nur ungefähr ein Fünftel des „Primärenergieverbrauchs“. Energie braucht man auch für die Heizung (mit Öl oder Gas), für den Verkehr (Diesel und Benzin) und für viele industrielle Prozesse, die ebenfalls auf Fossilbrennstoffen basieren, wie Stahl- und Aluminiumverhüttung, Düngemittel- oder Zementherstellung.
Eine gelingende Energiewende muss also auch diese Energiebedarfe „regenerativ“ decken, durch direkten Ökostrom oder seine Umwandlungsprodukte Wasserstoff, Ammoniak oder synthetische Brennstoffe. Dann funktionieren auch Mobilität mit Elektroantrieben und E-Fuels und Raumheizung mit Solarwärme und Wärmepumpen. Technisch komplexer und viel teurer wird allerdings die Umstellung der Industrieprozesse. Es werden also nicht hundert Prozent Ökostrom nötig sein, sondern ein Vielfaches davon – zumal Sonne und Wind nicht täglich 24 Stunden lang verfügbar sind. Für die Versorgungssicherheit während kurzer „Dunkelflauten“, vor allem aber während der „Winterlücke“ braucht es große Speicherkapazitäten und -technologien. Denn Strom kann man nicht stapeln; zur Speicherung braucht man beispielsweise Batterien oder die Umwandlung in Wasserstoff, den man mit Pipelines verteilen und in Kraftwerken wieder zu Strom machen kann – wobei jede Umwandlung einen Verlust bedeutet. Die Ausbauraten von Wind- und Solarstrom liegen in Deutschland und weltweit massiv unter den nötigen Dimensionen.
Der Markt erschwert’s
Der Energiebedarf könnte gesenkt werden, wenn Sparen gelingt. Das „Energieeffizienzgesetz“ schreibt vor, dass der deutsche Primärenergiebedarf bis 2030 um 39,3 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden soll; derzeit sind aber erst 30 Prozent erreicht, und laut Umweltbundesamt wären „weitere Maßnahmen … erforderlich“.
Ein zusätzliches Problem der Energiewende ist die „Graue Energie“, die in jedem Produkt steckt. Eine Windkraft- oder PV-Anlage, Dämmstoffe für ein Haus oder ein Elektroauto bedeuten Emissionen in der Produktion, die sich erst nach einiger Gebrauchszeit „amortisieren“ durch Energieerzeugung oder -einsparung. Wann es sinnvoller ist, etwas Altes durch etwas sparsameres Neues zu ersetzen, ist nicht immer einfach zu sagen – und doch muss es irgendwann geschehen.
Gleichzeitig müssen Staat, Länder und Kommunen Schutz- und Anpassungsmaßnahmen finanzieren gegen die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels, etwa durch Wasserspeicher oder Schutzbauten. Dabei gilt: Was man bei der Prävention zu sparen meint, kostet ein Vielfaches bei der Folgenbewältigung. Trotzdem muss das Geld erst einmal da sein …
Und hier blinkt die schlechte Botschaft auf: Die kurzsichtige Logik des Weltwirtschaftssystems behindert langfristige Investitionen und engagierten Pioniergeist. Freiwilliger oder gesetzlich erzwungener Verzicht auf klimaschädliche Technologien bedeutet meist zunächst einen Wettbewerbsnachteil. Umso trauriger, dass sich die Weltgemeinschaft in den Klimagipfeln nur auf Trippelschritte einigen kann – wenn auch kein Wunder angesichts wuchernder Nationalismen und Kriege. Die derzeitige Weltpolitik steuert auf eine Erwärmung um bis zu 3 °C zum Jahrhundertende zu, mit schwer absehbaren, ziemlich sicher aber vielfältig katastrophalen Folgen.
Wir sind nicht hilflos
Was also können wir als Einzelne wirklich ausrichten? Wir müssen über uns hinaus wirksam werden: durch Wahlentscheidung und in Bürgerinitiativen, durch Eintreten für sinnvolle Schritte im Verein und am Arbeitsplatz. Persönliche Verhaltensänderungen allein werden die Menschheit nicht retten. Den kleinen persönlichen Beitrag dürfen wir trotzdem leisten – und wenn es ein „Ja“ zum Windrad oder der Stromleitung am Wohnort ist. Oder eine Entscheidung mit Neuland-Feeling und Freude beim Blick in den Spiegel.
Wie kann ich beitragen?
Strom: Verbrauch senken, effiziente Geräte nutzen, Ökostrom mit ok-power-Siegel fördert den Ausbau, eigene PV-Anlage, evtl. als „Balkon-Kraftwerk“
Wärme: Raumtemperatur senken, Haus dämmen, Solarthermie für Warmwasser und Heizung, Wärmepumpe (mit Ökostrom!) Mobilität: ÖV nutzen, Mitfahren (lassen), fossilfreier Antrieb, kleines + sparsames Auto, ökonomischer Fahrstil
Konsum: Produkte lange nutzen, reparieren, weitergeben, recyceln, Neukauf unter Effizienz- und Nachhaltigkeitsaspekten (Siegel)
Ernährung: Abfall vermeiden, Fleischkonsum senken, Bioprodukte, regional und saisonal
Vor allem aber: politische und gesellschaftliche Einflussnahme versuchen!
Energiewende fürs Klima und fürs Ökosystem
Rund 30 Prozent der Emissionen in Deutschland stammen aus dem Energiesektor. Ohne eine konsequente Energiewende hin zu den Erneuerbaren ist effektiver Klimaschutz also kaum möglich.
Der DAV hat deshalb gemeinsam mit den anderen Alpenvereinen in einer Arbeitsgruppe des alpinen Dachverbands Club Arc Alpin (CAA) Positionen ausgearbeitet, die den Ausbau der Erneuerbaren auch im Alpenraum ermöglichen sollen – aber nicht um jeden Preis, denn das alpine Ökosystem bietet einen einzigartigen Lebensraum für hochspezialisierte Tiere und Pflanzen. Geschützte und unerschlossene Räume sollen deshalb nicht angetastet werden.
Stattdessen plädiert der CAA dafür, in infrastrukturell bereits vorbelasteten Gebieten zu prüfen, ob zum Beispiel Photovoltaik-Anlagen umsetzbar sind. Das Ziel ist es, den Ausbau nicht generell abzulehnen, sondern Positivgebiete auszuweisen, wo die Energiewende auch im Alpenraum stattfinden kann.
Der Ausbau soll trotzdem erst an letzter Stelle stehen, nachdem die Möglichkeiten, Energie einzusparen und die Effizienz der Kraftwerke zu steigern, ausgeschöpft sind. Die genauen Positionen und mehr Infos zum Ausbau der Erneuerbaren im Alpenraum gibt es unter alpenverein.de/energiewende.