Unser Energieverbrauch ist einer der Haupttreiber des Klimawandels: rund 30 % unserer Emissionen stammen direkt aus dem Energiesektor, also aus der Strom- und Wärmeerzeugung oder der Herstellung von Brennstoffen. Aber auch in den anderen Sektoren lassen sich große Teile der Emissionen auf die Verbrennung fossiler Energieträger zurückführen, wie im Verkehr oder der Industrie. Umso wichtiger ist eine konsequente und schnelle Energiewende hin zu den Erneuerbaren - auch im Alpenraum.
Der DAV steht klar hinter dem Pariser Klimaabkommen und übernimmt im Rahmen seines ambitionierten Klimaschutzprojekts Verantwortung für die Emissionen, die durch die Aktivitäten des DAV verursacht werden. Als anerkannter Naturschutzverein kann der Alpenverein aber nicht alle Ausbauprojekte von beispielsweise Pumpspeicherkraftwerken in den Alpen unterstützen, weil die Alpen auch ein einzigartiger Natur- und Lebensraum für eine Vielzahl an Pflanzen und Tiere sind. Im Rahmen einer Arbeitsgruppe des Club Arc Alpin, dem Dachverband der Alpenvereine, haben die Mitgliedsvereine, darunter federführend der DAV, ein Positionspapier entwickelt, das gleichzeitig Verantwortung für den Schutz des Ökosystems Alpen und für das Voranbringen der Energiewende übernimmt.
Positionen für Erneuerbare Energie im Alpenraum
Einsparen und Effizienz vor Ausbau
Auch im Energiesektor gilt unser Grundprinzip Vermeiden vor Reduzieren von Kompensieren. Das heißt, der Bau von neuen Kraftwerken steht erst am Ende einer Kette von Maßnahmen. Erste Priorität ist es, den Energieverbrauch insgesamt massiv zu senken. Steuerungsmechanismen wie ein CO2-Preis sind dabei wichtige Hilfsmittel, um Energiesparen auch finanziell attraktiver zu machen. Zusätzlich dazu muss die Effizienz bereits bestehender Kraftwerke gesteigert werden.
Neue Kraftwerke nur in bereits erschlossenem Gebiet
Der Alpenraum ist nicht nur Almwiesen und Felszacken, sondern auch Wirtschafts- und Wohnraum mit städtischer Infrastruktur. Gerade dort, an Fassaden oder entlang von Autobahnen und anderen infrastrukturell vorbelasteten Gebieten, können beispielsweise PV-Anlagen einen Platz finden, der nicht zu Lasten schutzbedürftiger Naturräume neu erschlossen wird.
Positivgebiete ausweisen statt genereller Ablehnung
Die Energiewende ist ein weithin akzeptiertes Projekt - aber nur sehr ungern vor der eigenen Haustür. Damit wird die Energiewende allerdings gefährlich hinausgezögert. Deshalb sollen im Alpenraum Positivgebiete ausgewiesen werden, die sich besonders für den Ausbau der Erneuerbaren eignen. Welche Gebiete das sein können, muss in Umweltverträglichkeitsprüfungen und in Abstimmung mit der lokalen Bevölkerung ermittelt werden.
Photovoltaik vor Wasser und Wind
Windkraft ist aufgrund der unsteten Windverhältnissen in großen Teilen der Alpen eher ungeeignet und soll daher auf wirklich geeignete Standorte begrenzt werden, zum Beispiel Schutzhütten oder Weiler, die nicht anderweitig sinnvoll versorgt werden können.
Wasserkraftwerke scheinen zwar aufgrund der großen Höhenunterschiede im Alpenraum hier besonders geeignet, greifen allerdings auch massiv und großflächig in die Ökosysteme der gestauten Flüsse und überfluteten Gebiete ein. Bei bestehenden Kraftwerken müssen deshalb unter Einhaltung der gesetzlichen Restwassermengen die Effizienz gesteigert und ökologische Aufwertungsmaßnahmen umgesetzt werden. Es sollen außerdem keine neuen Großkraftwerke gebaut werden, die noch unerschlossene Gebiete und Flüsse beeinträchtigen. Auch von Kleinstkraftwerken ist für die allgemeine Energieversorgung abzusehen. Ausnahmen können auch hier Schutzhütten sein, die nicht auf andere Weise versorgt werden können.
Erste Priorität bei der Energiewende im Alpenraum haben deshalb Photovoltaik-Anlagen, da sie besonders effizient und platzsparend an und um bereits bestehende Infrastruktur platziert werden können. Um auch den Herausforderungen des Rückbaus und Recycling der Anlagen gerecht werden zu können, müssen diese bereits Teil des Genehmigungsprozesses sein.
Transparente und inklusive Prozesse über Ländergrenzen hinweg
Welche Standorte konkret für den Ausbau der Erneuerbaren im Alpenraum in Frage kommen, kann nur durch einen transparenten Prozess ermittelt werden, der sowohl die Einzigartigkeit des alpinen Ökosystems als auch seine Bedeutung als Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsraum für die einheimische Bevölkerung als auch seinen Erholungswert über den Alpenbogen hinaus in die Überlegungen einbezieht. Dabei ist es essenziell, nicht an den Ländergrenzen Halt zu machen, sondern alle relevanten Akteure unabhängig vom Staatsgebiet an einen Tisch zu bringen. Auch in beschleunigten Genehmigungsverfahren dürfen diese Faktoren nicht unter den Tisch fallen und müssen gleichwertig abgewogen werden.