Unsere Bergmenschen der Woche: Dieses Mal stellen wir euch Dr. Isabell Ruoß und Dr. Hendrik Vogel von der Bergwacht Bayern vor...
Freut euch in den nächsten Wochen auf spannende Persönlichkeiten und interessante Geschichten. Sie berichten von ihren Kraftorten, ihrem Antrieb in den Bergen und den schönen abwechslungsreichen Momenten im Gebirge.
Über
Die Bergwacht ist eine Organisation, die in Deutschland dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) angegliedert ist. In Gebirgsregionen sorgt sie für den Schutz und die Rettung von Menschen. Die haupt- und ehrenamtlichen Retter*innen sind umfangreich und speziell ausgebildet. Sie suchen im Sommer wie im Winter nach Vermissten, retten Leben und bergen Menschen, die bei Freizeitaktivitäten, während der Arbeit oder unter anderen Umständen in alpinem und unwegsamem Gelände verunglückt sind.

Warum zieht es euch in die Berge?

Wenn ich mich auf den Weg in die Berge mache, empfinde ich immer pure Freude. Die Berge sind ein Ort, an dem ich meinen Alltag hinter mir lassen und mich ganz auf die wesentlichen Dinge des Lebens konzentrieren kann: Wie wird das Wetter? Was ziehe ich an? Und was gibts zu essen? Für mich die reinste Erholung und immer ein „frühes“ Aufstehen wert!

Die Berge bieten mir für jeden Anlass die perfekte Stimmung. Sie liefern mir die Ruhe, wenn ich mal dem hektischen Alltag der Stadt entfliehen will und sie schaffen einen riesigen Entdeckungsraum.

Was macht für euch die Faszination Berge aus?

Zum einen liegt die Faszination darin, die ursprüngliche und nach Möglichkeit unberührte Natur zu erleben und sich auf den Rhythmus der Natur einzustimmen und zum anderen sind für mich Berge auch ein landschaftliches Highlight, das ich mir immer wieder gerne ansehe. Es gibt so viel zu sehen und zu beobachten. Natürlich lasse ich auch gerne den Blick von einem Gipfel in die Ferne schweifen.

Für mich ergibt sich die Faszination der Berge aus ihrer puren Kraft, die sie ausstrahlen. Am deutlichsten wird das in den Übergangszeiten von Sommer und Winter – genau dann, wenn der erste oder letzte Schnee die Kanten und Konturen der Berge besonders deutlich hervorhebt.
Ich finde es auch immer wieder aufs Neue beeindruckend, mir vorzustellen, wie die Berge entstanden sind und wie sie sich im Laufe der Zeit verändern. Leider verändern sie sich durch Klimawandel und den Massentourismus erkennbar zum Negativen. Wir Menschen müssen uns unserer Verantwortung für die Natur unbedingt stärker bewusst werden und sie mit aller Kraft bewahren!

Wie hat sich euer Leben durch die Berge verändert?

Ich bin ruhiger und manchmal auch fokussierter geworden. Durch Erfahrungen, die ich in den Bergen gesammelt habe, wurde mein Selbstbewusstsein gestärkt – ich habe gelernt, Ziele zu erreichen und Dinge bewältigen zu können.

Ich durfte unvergessliche Momente mit tollen Freunden am Berg erleben, die mir auch Jahre später noch immer wieder ins Gedächtnis kommen. Und die Berge haben mir neue Hobbies - und mit der Bergwacht eine sinnvolle Leidenschaft - geschenkt.

Gibt es ein besonderes Erlebnis in den Bergen, das du nie vergessen wirst?

2016 stand ich an meinem Geburtstag morgens um 7:55 Uhr mit zwei Freunden allein auf dem Gipfel des Mont Blanc und wir haben zusammen „Lotusblume“ von den Flippers gesungen und mit eigener Choreo performt. Heute würde ich sicherlich einen anderen Song wählen, aber der Moment war definitiv unvergesslich 😊

Welche Herausforderungen bringen die Berge mit sich?

Manchmal sind es konditionelle Herausforderungen, je nachdem welche Tour man plant. Manchmal sind es witterungsbedingte Herausforderungen, auf die man sich immer vorab einstellen sollte. Und manchmal ist es eine Herausforderung, eine schnelle und richtige Entscheidung zu treffen, wenn man sich in einer misslichen Lage befindet.

Berge bringen viele Herausforderungen mit sich – technisch, physisch und psychisch. Ein Berg kann dich dazu verleiten, dich zu überschätzen. Er kann harmlos wirken und um die nächste Ecke wartet vielleicht eine unbezwingbare Felskluft auf dich. Darauf muss man gefasst sein. Aber Berge können auch besondere „Lehrer“ sein. Sie lehren dich Akribie und Gewissenhaftigkeit in der Vorbereitung einer Tour, Konzentration auf der Tour und – wenn es eben sein muss – Demut, wenn der Gipfel nicht erreicht wird.

Wie sehen Momente der Ruhe bei euch aus?

Keine Verpflichtungen und keine Termine zu haben. Und manchmal auch einfach: Nicht sprechen zu müssen.

Ganz unterschiedlich. Gleich bleibt aber immer: Ich fühle mich wohl, genieße den Moment und hab einen Smile im G‘sicht.

Was ist die wichtigste Telefonnummer?

Für alle in Not geratenen Personen ist die wichtigste Telefonnummer: 112 (Europaweit).

Wie läuft ein Rettungseinsatz ab?

Wenn Ihr Hilfe benötigt, wählt Ihr die 112. Ihr werdet mit der Euch nächstgelegenen Leitstelle verbunden, die Euren Notruf entgegennimmt. Die Leitstelle fragt Euch WO und WAS passiert ist und WIEVIELE Personen Hilfe benötigen. Ihr seid vielleicht aufgeregt. Lasst euch am Telefon von dem Disponenten leiten. Er/sie wird alles Notwendige fragen und die Rettung einleiten.
Die Leitstelle alarmiert anschließend die Bergwacht in Eurem Gebiet. Je nachdem, welches Meldebild vorliegt, werden entsprechend viele Retter, aber auch Notärzte, Hubschrauber, Lawinenhunde oder weitere Rettungsorganisationen alarmiert. Häufig wird uns die Telefonnummer der hilfesuchenden Person mitgeteilt, sodass wir vorab Kontakt aufnehmen und weitere Informationen einholen können. Je mehr Infos, desto besser!
Vor Ort gibt es eine Lagebesprechung. Je nachdem wie zugänglich das Einsatzgebiet ist und wie schwer die Person verletzt oder erkrankt ist, muss entsprechendes Material in den Einsatz mitgenommen werden. Ein Einsatzleiter koordiniert alle Mitwirkenden, übernimmt die Kommunikation zum Beispiel zwischen Retter der Bergwacht und dem Hubschrauber oder organisiert weitere Rettungsmittel.
Wenn die Retter der Bergwacht bei dem Patienten angekommen sind, erfolgt falls nötig die medizinische Erstversorgung. Abschließend wird der Abtransport organisiert.

Was tun bei einer Verletzung?

Bei einer Verstauchung zum Beispiel eines Gelenks gilt die PECH-Regel:
P = Pause einlegen
E = Eis drauf
C = Kompression mit einer Wickelbinde
H = Hochlagern.
Bei einer blutenden Verletzung, wie zum Beispiel einer Schürfwunde, zuerst die Wunde mit einem Alkoholtupfer säubern, anschließend mit einer sterilen Kompresse bedecken und mit einer Mullbinde fixieren.
Bei größeren blutenden Wunden oder anderen schweren Verletzungen ruft Ihr die 112 und bittet um Hilfe.
Und immer auch darauf achten, die verletzte Person zu beruhigen und ihr das Gefühl geben, dass ihr geholfen wird.
Im Zweifel gilt: Lieber schneller die Rettung alarmieren, als dass ihr zu lange wartet. Denkt immer daran, dass die Bergwacht häufig nicht komplett bis zur verletzten Person fahren und es daher länger dauern kann, bis die Retter vor Ort sind.
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Das Wirken der Menschen am Berg ist Teil der Kampagne „Spüre Dich selbst“, die der DAV gemeinsam mit seinem Partner Bergader ins Leben gerufen hat. Im Mittelpunkt stehen die vielfältigen Persönlichkeiten, die Tag für Tag inmitten der Bergwelt arbeiten und leben.
Weitere Informationen gibt es bei unserem Partner Bergader.