Porträtfoto von Kräuterpädagogin Sophie Winkler
Sophie aus Salzburg ist Kräuterpädagogin. Foto: Sophia Botanika
Spüre dich selbst - Kraftpakete aus der Natur

Interview mit Sophia Botanika

Sophia aus Salzburg hat vor ein paar Jahren das Diplom zur Kräuterpädagogin absolviert und gibt seitdem ihr Wissen rund um Wildkräuter durch ihren Blog, Social Media und Kräuterwanderungen weiter. Ihr Anliegen: sich wieder mehr mit der Natur zu verbinden und das zu nutzen, was vor der Haustür zu finden ist. Ein Interview über unterschätztes Potential, Vielfalt und Naturerleben.

Die Wildkräuter und du – wie fing das an?

„Die Natur hat mich schon immer fasziniert. Ich bin auf dem Land aufgewachsen, deswegen war die Natur dort ohnehin immer um mich herum. Tiefer eingetaucht bin ich aber dann vor einigen Jahren, als ich die Ausbildung zur diplomierten Kräuterpädagogin gemacht habe – ich habe von dieser Ausbildung erfahren und war total begeistert, dass es so etwas überhaupt gibt. Da war klar: Das muss ich machen, das trifft es wie die Faust aufs Auge. Ab da ist das Interesse, das schon immer da war, dann schlagend geworden. Seit dem Moment des Abschlusses dieser offiziellen Ausbildung habe ich dann meinen Blog „Sophia Botanika“ gestartet. Es war mir ein Anliegen, mein Wissen auch in irgendeiner Form weitergeben zu können, da hat sich so ein Blog gut angeboten, auch neben meinem normalen Job im Bereich Strategie- und Account Management in einem Grafikdesign-Studio. Neben dem Blog biete ich auch Kräuterwanderungen und Workshops an.“

Wildkräuter am Berg. Foto: Sophie Winkler

Kräuterpädagogikausbildung – was kann man sich darunter vorstellen?

„In Österreich gibt es einige Institutionen, die so eine Ausbildung anbieten. Dieser Lehrgang hat ein halbes Jahr lang gedauert plus Diplomarbeit und das praktische daran - ich konnte ihn neben meinem normalen Job besuchen. Die Themen sind sehr breit gefächert: Von Grundlagen wie Pflanzenfamilien und biologische Basics über Handwerkszeug und Verarbeitungsmethoden der Wildpflanzen bis hin zu Giftpflanzen. Man muss selbst natürlich dranbleiben und sich seinen individuellen Fokus rauspicken. Manche gehen zum Beispiel in die TCM (Chinesische Heilkräuter), Kulinarik oder Aromatherapie…

Du hast dir die drei Aspekte „Nähren, Heilen, Pflegen“ rausgepickt, so ist dein Blog auch aufgebaut. Was genau fällt unter diese drei Teilbereiche?

„Genau, in diese drei Bereiche ist der Blog aufgeteilt – weil es mich so fasziniert, wie vielfältig und übergreifend Kräuter einsetzbar sind. Dieser Systematik bin ich dann auch gefolgt: Beim „Nähren“ geht natürlich in den Ernährungsbereich und die Kulinarik; das „Pflegen“ ist der naturkosmetische Teil; und das „Heilen“ geht in die medizinische Richtung, wo u. a. um Salben und Tinkturen zum Einsatz kommen.“

Du scheinst den starken Wunsch zu haben, dein Wissen weitergeben zu wollen – warum?

„Mich fasziniert das Potential, das Wildkräuter in sich tragen. Diese wilde Natur, die uns umgibt und so großartig geschaffen wurde, die wir aber teilweise nicht wahrnehmen; was da an großartigem Wissen in Vergessenheit geraten ist, das früher eigentlich schon mal da war. Und dieses Potential der sekundären Pflanzenstoffe, die Wildkräuter neben den ganzen Vitaminen, Mineralien etc. noch zusätzlich enthalten. Wir können unserem Körper eigentlich so viel Gutes tun, fast nebenbei, wenn wir Kräuter etwas mehr in unseren Alltag integrieren. Und das alles direkt vor der eigenen Haustür. Genau dieses unterschätzte Potential möchte ich wieder hochheben und ins Bewusstsein rufen.“

Die vielfältigen Möglichkeiten der Wildkräuter - direkt vor der Haustür. Foto: Sophia Botanika

Am 21. April erscheint dein Buch „Sportlich unterwegs mit Wildkräutern – natürliche Rezepte & Anwendungen zur Stärkung & Regeneration“ im Handel. Wie kam es dazu und auf welche Inhalte kann man da gespannt sein?

„Einerseits war eine gewisse Wissensbasis durch den Blog da. Die Thematik dann so umfassend aufzubereiten, dass ein ganzes Buch daraus entstehen kann, war natürlich nochmal ein größerer konzeptioneller Schritt. Im Prinzip kam ein Verlag auf mich zu, sie fanden den Blickwinkel auf Wildkräuter in Form von Outdoor-Sport verbunden mit dem bewussten Naturerleben interessant. Für mich war dieser Mix immer selbstverständlich, denn das bin eben ich. Aber es fühlt sich natürlich super an, zu merken, dass dem Thema auch generell mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es ist total schön zu sehen, wie die ganzen Gedanken, die zu dem Thema über die letzten Jahre schon entstanden sind, jetzt in ein Ganzes fruchten, und wie damit noch mehr Menschen erreicht werden können, was ja mein Bestreben ist: „Hey, wir haben so viele tolle Pflanzen vor der Haustür, wir müssen sie nur erkennen und uns danach ausstrecken, dann können sie auch unseren aktiven Lebensstil toll unterstützen.“

Was sind deine Tipps, um als „Laie“ in die Welt der Wildkräuter einzusteigen?

Zuerst würde ich mir ein grundsätzliches Bestimmungsbuch besorgen, wo Pflanzen anhand botanischer Merkmale gut erklärt sind – das ist ganz wichtig, um Pflanzen kennenzulernen und sicher identifizieren zu können. Mit dieser Basis macht es dann Sinn, sich das von Kräuterkundigen im Naturreich zeigen zu lassen, zum Beispiel, indem man bei Kräuterwanderungen mitgeht. Und dann würde ich mir eine Handvoll Kräuter rauspicken, mit denen man startet – nicht gleich die volle Überforderung mit der ganzen Palette. Sondern sich eben auf ein paar einzelne fokussieren und sich einzulesen in das Wissen, das es dazu gibt. Und auch, wie man sich mit dem Körper auseinandersetzt, ist wichtig: Nicht gleich die volle Dröhnung, weil sich der Körper erst an die Kräuter gewöhnen muss. Also: Inhaltlich und physisch langsam vortasten und mit einer Handvoll starten. Das ist alles in dem erscheinenden Buch auch gut erklärt“

Der Einstieg in die Wildkräuter: mit einer Handvoll Arten starten. Foto: Sophia Botanika

Welche Handvoll Wildpflanzen würdest du als Einstieg empfehlen?

„Was sich besonders gut eignet, ist der Löwenzahn: Der ist gut bekannt, genauso wie Spitzwegerich und Brennnessel. Die Schafgarbe ist auch ein tolles Kraut für den Anfang. Das Gänseblümchen ist auch total bekannt, das kann man auch super essen und in verschiedenster Weise verwerten… Also, es gibt einige Pflanzen, bei denen der Zugang ganz leicht ist. Im Buch sind auch fünf Superfoods erklärt, die eher zugängliche Kräuter sind. Sie besitzen hohe Nährstoffgehalte in einem speziellen Bereich, weswegen ich sie als „heimische Superfoods“ betiteln würde – im Vergleich dazu stehen die Superfoods, die von weit herkommen, und man oft gar nicht mehr weiß, ob sie diesen Nährstoffgehalt noch besitzen, der versprochen wird. Was da bei Superfoods passiert, ist ein Paradebeispiel unserer Zeit dafür, was in der Lebensmittelbranche bzw. im Marketing abgeht. Und da haben wir eben viele tolle lokale Alternativen, die man dagegenhalten kann, und für die es sich lohnt, Aufmerksamkeit zu schaffen.“

Merkst du die Auswirkungen des Klimawandels auf die Welt der Wildkräuter?

„Es liegt ja fast auf der Hand: Die Winter sind einfach nicht mehr so hart. Da kommt es mir so vor, dass sich durch die milderen Winter die Schädlinge besser durchsetzen - durch kältere Winter würden sie auf natürliche Art ausgemerzt werden. Auf der anderen Seite beginnen Pflanzen teilweise schon viel früher zu blühen, da ist die Verschiebung der Jahreszeiten bemerkbar. Aber das nur mit den Augen einer Beobachterin, nicht einer Wissenschaftlerin :)“

Wie gestaltet sich deine Reise mit den Wildkräutern und den Wissensangeboten?

„Als ich vor ein paar Jahren intensiv in das Thema eingestiegen bin, kam es mir so vor, dass in dem Bereich z. B. auf Social Media noch gar nicht so viel los war. Die Szene war überschaubar, es ging erst langsam los… In den letzten drei Jahren ist es ziemlich durch die Decke gegangen. Mittlerweile gibt es einige Kolleg*innen, die Community ist extrem gewachsen, man findet viele Inhalte zu Wildkräutern. Es ist toll, sich gegenseitig bereichern zu können und voneinander zu lernen und ich denke es ist wertvoll, die Community global wachsen zu sehen. Es finden inzwischen auch Netzwerktreffen von Gleichgesinnten statt, die sich rund um das Thema Wildkräuter drehen. Da ist es natürlich umso wichtiger, selbst dranzubleiben und sich immer weiterzubilden.“

Auf Kräuterwanderung. Foto: Sophia Botanika

Wie geht es mit den Wildkräutern und dir weiter?

„Ich würde meine Inhalte gerne erweitern und noch vielfältigere Angebote anbieten, beispielsweise Kräuterwanderungen und Workshops auf verschiedenen Gebieten. Außerdem habe ich ein eigenes kleines Kräuterfeld, wovon ich bald auch eigene Produkte im Online-Shop anbieten möchte. Also, es gibt Bestrebungen, Sophia Botanika im wahrsten Sinne des Wortes weiterwachsen zu lassen.“

Zum krönenden Abschluss: Dein Plädoyer für Wildkräuter lautet …?

„Es ist diese Faszination an dem, was uns da draußen alles frei zu Verfügung steht, seien es Kräuter, Blüten, Knospen, … man kann ja auch so viele Bäume essen. Der Punkt ist einfach nur: Wir müssen es erkennen und verwenden. Mein Anliegen ist es, das in einen modernen Lifestyle zu integrieren. Wieder einen Schritt näher zur Natur, wir können uns als Teil der Natur mit ihr verbinden. Außerdem spielt der größer gedachte Wert, den Wildkräuter für uns haben können, eine spannende Rolle: Gesundheitlich, aber auch in Richtung Agrarwirtschaft, Boden, Artenvielfalt, Saatgutpolitik etc. – es gibt viele Themen, die damit zusammenhängen, und die uns einladen, genauer hinzuschauen. Dazu kommt, dass Wildkräuter keine Pflege brauchen – wir können sie uns da draußen einfach holen. Man kann sich so viel Gutes tun – direkt vor der Haustür.“

 

Noch mehr Wildkräuterwissen gibt es in dem neuen Buch von Sophie Winkler.

Der DAV und Bergader – aktive Partnerschaft seit 2020

„Kraftpakete aus der Natur. Bergsport & Kräuter: Davor, dabei und danach“ ist Teil der Kampagne „Spüre dich selbst“ , die der DAV gemeinsam mit seinem Partner Bergader ins Leben gerufen hat, um für einen gesundheitsorientierten Lebensstil zu sensibilisieren.