Frauenpower

Das Reisetagebuch der Sophie von La Roche

Verfasserin des ersten deutschsprachigen Romans einer Schriftstellerin, Erfinderin des Briefromans, Gründerin der ersten deutschen Frauenzeitschrift, unabhängige Berufsschriftstellerin, frühe Alpenreisende und erste deutsche Frau am Fuße des Mont Blanc.

Reisetagebuch Sophie von La Roche. Foto: DAV Archiv/Stefan Ritter

Sophie von La Roche war eine Meisterin im Brechen von Konventionen: Deutsch galt zu ihrer Zeit noch als unschicklich, Französisch und Latein waren die literarischen Verkehrssprachen der ’besseren‘ Kreise. Frauen hatten sich generell nicht in der Öffentlichkeit zu äußern. Auch für gebildete Töchter aus gutem Hause endete die Bildungskarriere in der Regel mit der Verheiratung. Durch eigene Erwerbstätigkeit selbständig für sich und die Familie zu sorgen, war in Zeiten völliger Abhängigkeit von Ehemann bzw. Vater nicht vorgesehen. Selbstbestimmte Reisen ohne Begleitung waren für Frauen im 18. Jahrhundert unüblich zumal im alpinen Hochgebirge in der Nähe furchteinflößender Gipfel. In allen Bereichen setzte Sophie von La Roche neue Maßstäbe, überschritt die bestehenden konventionellen Grenzen.

Die Karriere von Sophie von La Roche

Geboren 1730 in Kaufbeuren, aufgewachsen in einer gutbürgerlichen, protestantischen Kaufmannsfamilie, gelangte sie durch Heirat in höfische Gesellschaft und erhielt Zugang zu Bibliotheken und literarischen Kreisen. 1771 gründete sie ihren ersten literarischen Salon, trat in regen Austausch mit bedeutenden Schriftsteller*innen und Künstler*innen ihrer Epoche. Nach dem frühen Tod ihres Mannes sah sich La Roche auch aus ökonomischen Gründen gezwungen, ihren Lebensunterhalt mit Schreiben abzusichern, ein für die damalige Zeit für eine Frau völlig neues und modernes Phänomen.

Über ihre erste Reise in die Alpen im Jahre 1784 berichtet sie im „Tagebuch einer Reise durch die Schweiz“. Diese „sentimental journey“ führte sie zu den vielen Städten und Persönlichkeiten der Schweiz, aber auch nach Chamonix, an den Fuß des Mont Blanc. Laut Auskunft ihrer Begleiter sei sie „[…] die erste teutsche Frau, welche sie zu Chamoni und bey dem Eis gesehen.“[1]. Diese tragen sie, hier doch ganz konventionell, auf einem extra angefertigten Stuhl bis an den Fuß des Eismeers. Sophie von La Roche ist ergriffen von der Erhabenheit der Landschaft, erfasst von einem religiösen Gefühl der Winzigkeit des Menschen gegenüber den monumentalen, göttlichen Naturgewalten:

Der Eindruck des Ganzen auf die Seele ist unmöglich zu beschreiben, das Auge staunt und starrt gleichsam auf die Gegenstände, welche alle den Gedanken des großen Allmächtigen geben. Nie hat die Brust eine so reine erquickende Luft eingeathmet, nie war die Bewegung des Körpers so leicht, [… ] das Blaue des Himmels so stark und gleichsam glänzend. [2]

Das Reisetagebuch erschien im Jahre 1787 im sächsischen Altenburg in der Richterschen Buchhandlung. Trotz des großen Einflusses von Sophie von La Roche auf die deutsche Romantik, nahm die Bedeutung ihrer Bücher ab, weitere Auflagen erschienen nicht mehr. Die Bibliothek des DAV ist im Besitz eines schönen und gut erhaltenen Original-Exemplars dieses 435 Seiten umfassenden kostbaren Werks im Oktavformat. Das Buch ist online unter anderem in der Münchner Digitalen Bibliothek der Bayerischen Staatsbibliothek im Volltext einsehbar.

 

Andreas Kaiser, Archiv/Bibliothek des DAV

 

[1] Tagebuch einer Reise durch die Schweiz, von der Verfasserin von Rosaliens Briefen. Altenburg, in der Richterschen Buchhandlung, 1787, S. 262

[2] Ebd., S. 259.