Die Zahl, der von DAV und KLEVER betreuten Mitgliedshallen beträgt zurzeit etwa 250 und deckt somit die Mehrheit der Kletteranlagen in Deutschland ab.
In der Auswertung wurden lediglich Unfälle erfasst, bei denen ein Rettungsdiensteinsatz erfolgte oder ein stationärer Krankenhausaufenthalt bekannt ist, da in diesen Fällen eine solide Datenbasis vorzufinden ist. Da davon auszugehen ist, dass nicht alle Hallen ihre Unfälle gleichermaßen melden, muss von einer nicht erfassten Dunkelziffer ausgegangen werden.
Kletterhallenunfälle 2023
Insgesamt wurden 218 Ereignisse mit Rettungsdiensteinsatz erfasst, davon 155 beim Bouldern und 52 beim Klettern:
Sonstiges beinhaltet: Verletzungen oder Kreislaufbeschwerden, die im Hallenumfeld, Trainingsbereich oder beim Spielen passierten.
Verletzungsmuster
Die absoluten Zahlen der betroffenen Körperregionen aufgeteilt nach Klettern und Bouldern
Beim Bouldern ist der Anteil der Verletzungen an den Extremitäten (Arme und Beine) ist sehr hoch – 88 % der gemeldeten Fälle betreffen diese Bereiche. Als typische Armverletzung lässt sich eine Luxation des Ellenbogens nennen (min. 14 Fälle in 2023).
Während exakt 50 % der gesamten Boulderunfälle jeweils weiblichen und männliche Bouldernden betrafen, ist ein Unterschied bei den Verletzungsmustern zu erkennen: Armverletzungen waren bei männlichen Bouldernden höher 41 % (weiblich 23 %), während dagegen der Anteil an Beinverletzungen mit 65 % bei den weiblichen höher war (männlich 48 %).
Die insgesamt weniger Unfälle beim Klettern, jedoch häufig mit schwereren Verletzungen betreffen hauptsächlich Beine, Rumpf und auch multiple Verletzungen (beispielsweise Schäden im Bereich der Wirbelsäule und zusätzlich Extremitäten).
Boulderunfälle
Den Hauptanteil der Boulderunfälle machen Mattenstürze aus (85 %).
Sportverletzungen (n=11, 7 %) beim Bouldern mit Rettungsdiensteinsatz waren beispielsweise Schulterverletzungen (ausgekugelt), Verletzungen der Muskeln und Sehnen im Unterschenkel, meist beim Aufstehen, dynamischen Zügen oder bei Boulderzügen an der Belastungsgrenze.
Aus den Unfallberichten lässt sich herauslesen, dass viele Bouldernde vor allem beim Versuch des Erreichens des Top-Griffs oder beim Halten von diesem unkontrolliert fielen und sich dann ungünstig beim Aufprall verletzten.
Einige Unfallmeldungen beschreiben Verletzungen, die während des gewollten Abspringens teilweise auch aus geringen Höhen aufgetreten sind.
Gerade größere Sturzhöhen bei gleichzeitig unkontrolliertem Abrutschen bergen ein hohes Verletzungsrisiko. Falls die Möglichkeit besteht ist eine Reduzierung der Absprunghöhe immer anzuraten – gerade Verletzungen nach kontrolliertem Absprung vom Top sind unnötig und vermeidbar. Abklettern ist immer vorzuziehen. In manchen Hallen bereits umgesetzt: Downclimb-Griffe bei jedem Top, von dem nicht einfach abgeklettert oder ausgestiegen werden kann.
Kletterunfälle
52 Seilkletterunfälle mit Rettungsdiensteinsatz wurden gemeldet, davon die meisten beim Vorstiegsklettern, gefolgt von Ablassunfällen.
Die meisten 52 % der Seilkletterunfälle mit resultierten in einem Bodensturz.
Bei den Anprallverletzungen wurden in 10 Fällen die kletternde und in 2 Fällen die sichernde Person verletzt.
Bei zwei der Kollisionen (n=5) wurden Dritte verletzt, ansonsten sichernde und kletternde Person gleichermaßen. Ereignisse solcher Art gehen oft mit Kopf- sowie Verletzungen der Getroffenen einher. In drei Fällen kam es sogar beim geplanten Sprung in den Umlenker zur anschließenden Kollision
Sportverletzungen waren meist Schulterverletzungen der Kletternden beim Ausüben von Kletterzügen
Bodenstürze
Im Jahr 2023 ereigneten sich während des Ablassens die meisten Bodenstürze (n=12). Der Anteil ist gegenüber dem Jahr 2022 (n=4) wieder deutlich höher.
Bodenstürze und Kollisionen beim Ablassen passierten meist durch zu schnelles Ablassen: Durchziehen des Hebels oder Hochdrücken des Rüssels/Nase beim Sicherungsgerät und anschließendem Kontrollverlust der Bremshand.
Beim Ablassen immer dosiert Seil mit der Bremshand nachschieben/ durchlaufen lassen und nicht zu schnell werden. Standposition und Gewichtsunterschiede beachten!
Bodenstürze im Vorstieg passierten in verschiedenen Höhen der kletternden Person, teilweise auch über der 8. Exe. Bei 6 der Bodenstürze/Kollisionen ist bekannt, dass die sichernde Person Handverbrennungen davon trug, davon in 4 Fällen die Führungshand (Hand zwischen Sicherungsgerät und kletternder Person). Einige der Unfälle geschahen im Moment des Clippens und Seilausgebens.
Eine häufige Fehlerquelle, die zu Bodenstürzen führt, sind Fehlbedienungen von Sicherungsgeräten: z.B. Verletzung des Bremshandprinzips, Verharren in Gerät-Offen-Position beim Seilausgeben.
Drei Bodenstürze passierten während des Versuchs der sichernden Person, Seilkrangel oder ein verheddertes Seil zu lösen. In der Folge wurde bei zwei Fällen beim Ablassen zu schnell abgelassen und in einem Fall stürzte die kletternde Person im Moment des Entwirrens.
Vor dem Losklettern Seil checken ggf. vollständig durchziehen. Ist es nötig das Seil zu entwirren während des Sicherns oder Ablassens: Entweder Dritte um Hilfe bitten, Ablass- oder Klettervorgang unterbrechen und immer Bremshandposition beibehalten und wenn nötig Seil abbinden!
Besonders heikel beim Klettern am Selbstsicherungsautomaten ist der fehlende Partnercheck.
Deshalb jedes mal Selbstcheck!
Fehlerquellenanalyse und Hinweise für ein schrittweise Herangehen an ein Sturztraining gibt es im Artikel der Sicherheitsforschung Unfallfrei Fallen lernen (DAV Panorama 5/2023)
Sicherungsgeräte
Unfälle mit Bodenstürzen bzw. Kollisionen sowohl beim Ablassen als auch bei Stürzen wurden mit Sicherungsgeräten jeden Typs (manuell, Halbautomat, Bremshandpositionsunabhängige Geräte). Bremskraftunterstützende Geräte haben Sicherheitsreserven, aufmerksames Sichern unter Einbehaltung des Bremshandprinzip ist dennoch unerlässlich.
Ausreichende Übungszeit (mit Hintersicherung) und das Kennen der Grenzen des eigenen Sicherungsgeräts sind für gutes, stress- und unfallfreies Sichern zwingend erforderlich!