Der Gletschersturz an der Marmolata, Hochtourenrouten, die wegen Felssturz- und Steinschlaggefahr gesperrt werden, Hütten, die wegen Wassermangel schließen müssen, und Wintermonate, in denen immer weniger Schnee fällt – es ist deutlich, welche konkreten Auswirkungen die Klimakrise auf den Alpenraum hat. Die Klimakrise passiert nicht nur in der Zukunft – auch jetzt sind bereits einige fatale Folgen spürbar. Was bedeutet das für den Bergsport?
Gefährdete alpine Sicherheit durch den Klimawandel
Die Permafrostgrenze hat sich in den letzten hundert Jahren um 150 bis 200 Höhenmeter nach oben verschoben, das heißt bislang fest verbundene Gesteine unterschiedlicher Größenordnungen können sich nun lösen und herabstürzen. In den letzten Jahren wurden vermehrt große Felsstürze beobachtet, wie 2022 am Cosmique-Grat oder auch Bergstürze wie 2017 am Piz Cengalo, wo ein hausgroßer Felsbrocken auf eine Kuhherde fiel.
Altbekannte Gefahren wie Steinschlag treten aufgrund auftauenden Permafrosts in neuer Dimension und Häufigkeit auf. In die Felsspalten eindringendes Wasser dehnt sich beim Gefrieren aus, sprengt und lockert das Gestein, beim Auftauen verlieren die gelockerten Materialien ihren Halt.
Steinschläge werden meistens durch den Wechsel von Frost und positiver Temperatur oder von starken Schwankungen der Temperatur und/oder der Sonneneinstrahlung ausgelöst.
Im Alpenraum gehören extreme Niederschläge und ihre Folgen zu den bedeutendsten Naturkatastrophen, wenn man die von ihnen verursachten Schäden betrachtet. Die Häufigkeit starker Niederschläge hat in den letzten hundert Jahren zugenommen. Der Grund dafür ist, dass eine wärmere Atmosphäre wesentlich mehr Wasser aufnehmen und transportieren kann. Dies führt dazu, dass Trockengebiete noch trockener werden, während in unseren Breiten die Niederschlagsmengen weiter zunehmen. Dieser Trend wirkt sich nicht in jeder Jahreszeit gleich aus. Im Winterhalbjahr wird das Wasser immer weniger als Schnee gebunden sein und damit abfließen, im Frühjahr werden durch die geringere Schneeschmelze die Flüsse weniger Wasser führen. Im Sommer und Herbst kommt es zu langen, heißen Trockenphasen, aber auch zu heftigen Gewittern und Platzregen wie 2020 in der Schweiz mit teilweise mehr als 400 Litern Niederschlag pro Quadratmeter pro Tag. Folgen solcher Starkregenfälle sind ebenfalls wasserreiche Schutt- und Schlammströme, sogenannte Muren. Das mit Wasser übersättigte Gesteins- und Erdmaterial löst sich und gleitet talwärts; meist geschieht dies entlang von Bachbetten. Eine Gefährdung von Bergsteiger*innen und von Wintersportinfrastruktur ist deshalb hier am ehesten gegeben.
Schneearme Winter sind Lawinenwinter
Schneearme Winter sorgen für einen ungünstigen Schneedeckenaufbau und lassen komplexe Lawinenverhältnisse entstehen. Punktuelle Starkschneefälle führen zu großer Lawinengefahr, die auch Straßen und Siedlungen in den Alpen bedrohen. Lawinen bleiben deswegen für Bergsportler*innen sehr schwierig einzuschätzen.
Herausforderungen beim Wandern in Zeiten der Klimakrise
Die Klimawandelfolgen stellen auch Bergwander*innen und Kletter*innen in mittleren Höhen vor große Herausforderungen: Der Klimawandel bedingt auch langanhaltende Schönwetterphasen mit immer wieder neuen Hitze- und Sonnenscheindauer-Rekorden. Die Auswirkungen von hoher Temperatur und direkter Sonneneinstrahlung auf den Körper können vielfältig sein. Beim Bergsport können Sonnenbrand, Schneeblindheit, Kreislaufprobleme, Sonnenstich oder Hitzschlag auftreten. An südseitig ausgerichteten Felsen ist das Klettern nicht selten unmöglich und für vorerkrankte Personen können Wanderungen bei Hitze lebensbedrohlich sein.
Die Natur in Gefahr: Auswirkungen auf Vegetation und Tiere
Als Folge des Klimawandels verschieben sich die Jahreszeiten im Jahresverlauf nach vorne, wodurch die vegetationsfreie Zeit im Winter immer kürzer wird. Das wiederum wirkt sich sowohl auf die Pflanzen- als auch auf die Tierwelt aus. Das Bundesamt für Naturschutz rechnet beispielsweise damit, dass sich die Vorkommen einiger Tierarten unter anderem im Alpenraum verschieben – heimische Arten, vor allem kälteliebende, könnten verschwinden: Verlierer des Klimawandels sind Arten, die als Gebirgsbewohner ein kaltes Klima bevorzugen. Damit ist die Artenvielfalt in Gefahr. Darüber hinaus leiden auch die Pflanzen der Alpen unter den steigenden Temperaturen – das sensible Ökosystem der Bergwelt ist bedroht.
Wie sind Bergsport-Ausbildungen betroffen?
Bergführer- und DAV-Trainer*innenausbildungen sind natürlich von den Folgen des Klimawandels betroffen. Die Kurszeiten der Bergausbildungen werden verschoben, beispielsweise vom Sommer in den Spätwinter, um mit möglichst sicheren Bedingungen rechnen zu können. Dabei wird gutes Ausbildungsgelände immer rarer und einige Einsätze gefährlicher. Natürlich kommt es infolgedessen zu häufigeren Absagen aufgrund unpassender Verhältnisse.