Frühlingsskitour anno 1920

Eine Farbskizze von Otto Bauriedl

Im Frühjahr auf Skitouren gehen, die Sonne genießen. Heute genauso wie vor hundert Jahren.

Farbskizze Bauriedl. Foto: Alpines Museum/Bettina Warnecke

Ein junges Mädchen ist mit ihren beiden Freunden am Ziel ihres Ausflugs angekommen. Auf Ski haben sie einen hohen Bergsporn erreicht. Während die jungen Männer schon im Schnee lagern und sich ausruhen, wendet das Mädchen, noch auf seinen Ski stehend, dem Betrachter den Rücken zu und schaut über das tief unten liegende Tal in die Ferne. Ihr kurzer grünlicher Rock umspielt in vom Wind bewegten Falten ihre Knie, die Beine wärmen beige-braune geringelte Strümpfe, ihr Pullover hat kurze Ärmel. Ihre Hände stützt sie auf die Skistöcke aus Bambus. Die Szene ist überspannt von einem strahlend blauen Himmel und vermittelt die pure Freude der jungen Leute an Sonne und Schnee, dem ungezwungenen Miteinander, der grandiosen Aussicht und der Fortbewegung auf ihren modischen Sportgeräten.

Der Münchner Maler Otto Bauriedl (1881-1961) hatte in seinem um 1920 entstandenen Bild ein Thema aufgegriffen, das aktueller nicht sein konnte. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts begeisterten sich immer mehr Menschen für das Skifahren, in den 1920er und 1930er Jahren wurde es fast zu einem Massensport, wer konnte, fuhr Ski. Der Ausbau der Eisenbahnstrecken ermöglichte die leichte Anreise in die Skigebiete, die Sektionen des Alpenvereins richteten „Winterräume“ in ihren Hütten ein und bauten zusätzliche Unterkünfte in den Wintersportgebieten.

Frauen auf Ski

Von Anfang an gehörten auch Frauen zu den Skifahrenden. Schon 1896 hatte der bekannte Skipionier Mathias Zdarsky in seiner Anleitung zum richtigen Skifahren in den Alpen die Frauen angesprochen und ausdrücklich ermutigt, mit dabei zu sein. „Es ist also keineswegs schwierig, weder für Erwachsene, noch für Kinder, weder für Herren, noch für Damen, das Skilaufen in kurzer Zeit zu beherrschen.“[1]

Natürlich schlug den skifahrenden Frauen zunächst Ablehnung entgegen, man belächelte sie als „Mannsweiber“ und wieder – wie auch die Bergsteigerinnen – mussten sie um das Tragen von Hosen als angemessene Bekleidung zum Skifahren kämpfen. 1917 stellte Zdarsky auf die Frage, wie die Skidamen ausgerüstet sein sollten, entschieden fest: „Wie ein Herr. Je weniger Unterschied in der Kleidung, desto vorteilhafter für die Ausübung des Sportes und desto ästhetischer.“[2] Der Siegeszug der Skihose für Damen war nicht mehr aufzuhalten, auch wenn Bauriedls Skimädchen noch im kurzen Rock zur Skitour aufgebrochen war.

 

Stephanie Kleidt, freie Ausstellungskuratorin

 

[1] Mathias Zdarsky, Lilienfelder Skilauf-Technik , Hamburg 1897, S.49

[2] Mathias Zdarsky, Lilienfelder Skilauf-Technik, 10. Aufl., Berlin 1917,S.98