Gefährliche Wissenschaft

Ansicht einer Karawanenhaltestelle in Kaschgar, 1856/1860

Ödnis, Gefahr und Tod im Nirgendwo. Forscher im Himalaya vor über 150 Jahren.

Nachdem die Münchener Brüder Hermann, Adolph und Robert Schlagintweit ihr Studium der Geografie beziehungsweise Geologie abgeschlossen hatten, erprobten sie ihre wissenschaftlichen Fähigkeiten in den Alpen und im Monte Rosa-Gebiet. Unter anderem gehörten sie zu den ersten Wissenschaftlern, die die annähernd exakte Höhe der Zugspitze ermittelten. 1854 schlug für die Brüder die große Stunde. Der Berliner Universalgelehrte Alexander von Humboldt vermittelte die jungen, ehrgeizigen Gelehrten nach England, wo sie für die Ostindische Handelskompanie eine Expedition nach Indien und Hochasien übernehmen sollten.

Búllu, Halteplatz auf der rechten Seite des Yárkand Flusses mit Pferdeskelett; Fritz Bamberger nach zwei Skizzen von Hermann Schlagintweit, 1856 bzw. um 1860; Öl auf Papier auf Karton aufgezogen (Generalregister Schlagintweit 564); Schenkung Erbengemeinschaft Schlagintweit 2013. Foto: Alpines Museum/Wolfgang Pulfer

Ihr besonderes Augenmerk richteten die Brüder auf die Erforschung der Gebirgsregionen des Himalayas. Dort mussten sie auch erfahren, dass eine Expedition dieser Größe ein nicht ungefährliches Abenteuer sein konnte. Davon zeugt Hermanns und Roberts Bericht von ihrem Vordringen 1856 in eine unbekannte, karge, nahezu menschenleere Region Turkistans in einer Höhe von etwa 5000 Metern. Um nicht als Fremde erkannt zu werden, verkleideten sie sich. Auch Waffen gehörten zu ihrer Ausrüstung. Wie lebensbedrohend die Überschreitung des Karakorum-Passes sein konnte, beschrieb Hermann in seinem Bericht von der Reise:

Hier war es zum ersten male uns bemerkbar geworden, dass das Vorkommen von Pferdeskeletten zugleich die Richtung des Überganges [über den Pass] bezeichnete. Und nur zu rasch mehrten sich nun die Reste der gefallenen Tiere.
- Hermann Schlagintweit, Reisen in Indien und Hochasien. [….], Bd. 4, S.28, Jena 1880

Nicht nur Tierskelette, sondern auch Sättel, Handelsware und Futter für Tiere säumten ihren Weg. Sogar provisorische Gräber von verstorbenen Karawanenteilnehmern deuteten ihnen die Gefahr an, in der sie sich befanden. Hermann hielt diese Beobachtungen in ursprünglich zwei Aquarellen fest, die nach ihrer Rückkehr von dem Münchner Landschaftsmaler Fritz Bamberger in dem hier gezeigten großformatigen Ölbild zusammenfasst wurden.

Stephanie Kleidt, freie Ausstellungskuratorin