Last Christmas

Weihnachten auf der Baumoos-Alm, 1926

Weihnachtsbuden, Lebkuchenhäuser und Krippen – im Advent kann man dem romantischen Hüttenzauber kaum entkommen und die Alm wird zur Krippe.

Weihnachten auf der Baumoos-Alm, 1926. Aus dem Nachlass von Fritz Schmitt. Foto: Archiv des DAV

Eine einsame, tief verschneite Hütte, hoch oben in den Bergen. Nach einer ausgiebigen Schneeschuhwanderung und anschließender fröhlicher Schneeballschlacht, kehren junge Menschen, vermutlich enge Freund*innen, frohgelaunt und vergnügt in die gemütliche, warme, weihnachtlich geschmückte Stube ihrer Hütte zurück. Im Ofen lodert ein Feuer, der Weihnachtsbaum strahlt und an den Fenstern kondensiert das Schwitzwasser der zum Trocknen aufgehängten Kleidung. Nach einem kargen Mahl rücken sie enger zusammen und tauen auf. WHAM! Imaginäre Glöckchen erklingen und ein Ohrwurm nimmt von einem Besitz. Es scheint, als hätte der bekannte Bergfilmer Arnold Fanck bereits in den zwanziger Jahren das Video zum unverwüstlichen „Last Christmas“ inszeniert.

Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Schutzhütten in den Alpen meist nur im Sommer geöffnet. Seit der Jahrhundertwende setzte sich das Skilaufen in den Alpen durch und wurde in den zwanziger Jahren zur Trendsportart, gepuscht durch populäre Zeitschriften und Ski-Filme wie „Der weiße Rausch“ von Arnold Fanck. Die ersten Sektionen begannen um 1905 mit der Einrichtung von Winter- und Trockenräumen für Skitourengeher*innen. In den Sektionen wurden Schneeschuh- oder Skiabteilungen gegründet, geeignete Almen für die Wintermonate angemietet oder temporär gepachtet. Von 1924 bis 1927 mietete zum Beispiel die Sektion Bergland die Baumoos-Alm (1250m) am Brünnstein bei Oberaudorf. Es entstand ein neuer Hüttentypus: Die unbewirtschaftete Selbstversorgerhütte, meist in der näheren Umgebung der Sektion. Der Bergsport war nun ganzjährig möglich.

Gleichzeitig verklärten viele aus der Stadt die Bergweihnacht zu einem romantischen Idyll. Warum sollte man diese Hütten in der stillen Zeit, fernab der Familie, mit Freund*innen nicht nutzen? Eine Flucht vor den Konventionen im Tal. Ungezwungenheit in der Abgeschiedenheit der Bergwelt. Der Begriff der „Schutzhütte“ erhält so eine völlig neue Bedeutung. Wir kennen den Beziehungsstatus der abgebildeten Personen leider nicht. Feierten sie im nächsten Jahr noch zusammen? Eines wissen wir aber sicher: Die Hüttenweihnacht von 1926 blieb unvergessen. In der Weihnachtszeit ist das Foto von der Baumoos-Alm unser Dauerbrenner im Archiv. Man kann dem Bild nicht entfliehen. Unser Last Christmas.

Stefan Ritter, Archiv des DAV